von kopf bis fuß

Monika Schau

Vorwort

Wirsching. Foto: Monika Schau

Wirsching. Foto: Monika Schau

Zwei Artikel im Fränkischen Tag haben mich in der letzten Zeit beschäftigt. Der eine war der über die Essensausgabe in Schulküchen. Eingeführt, weil die Kinder zum einen lange in der Schule Unterricht haben und vielleicht auch weil sie zuhause offensichtlich nichts Ordentliches mehr zu essen bekommen. Der Wochenspeiseplan war sichtlich wohl durchdacht und auch Gemüse und Obst waren im Angebot. Den Betreibern solcher Massenabfütterung gilt meine Bewunderung, denn täglich eine solche Menge Essen anzubieten ist Vollstress.

Vor fast zehn Jahren hat sich Jamie Oliver in England um die Verbesserung der Qualität in Schulküchen verdient gemacht. Jetzt, wo wir mit unseren langen Unterrichtszeiten genau dort sind, wo die Engländer schon vor Jahren waren, ist nicht nur wichtig, die Kinder zu versorgen. Der nächste Schritt ist noch wichtiger: ohne Zusatzstoffe zu kochen. Mängelerscheinungen bei englischen und auch bei unseren Schulkindern wie Aggressionen, Asthma, Müdigkeit und schlechte Laune durch all die Lebensmittelzusatzstoffe dürfen gar nicht erst auftauchen. Hoffentlich denkt man in diesem Sinne bei uns weiter. Übrigens hat man dann damals nach einigen Jahren in England festgestellt, dass all diese Auffälligkeiten der Kinder langsam verschwanden, wenn sie durchgehend in der Schule aßen.

Aber das ist auch schon wieder der Knackpunkt. Kinder wollen gar nicht mehr ‚gesund‘ essen. Sie sind von Haus aus schon so versaut mit den ganzen Fertiggerichten, die die Mütter einkaufen. Dafür gab es neulich einmal Grund zur Freude. Ich habe doch tatsächlich eine Frau gesehen, die ein ganzes frisches Hähnchen aufs Band legte. Also, damit wir uns richtig verstehen: ein Huhn, wie es das früher gab. Mit Brust, Schenkeln und Flügeln, roh und noch nicht mariniert mit irgendeiner Pampe, die man doch schnell selbst machen könnte. Ohne Zusatzstoffe und mit Gewürzen, die man mag, mit etwas Öl angerührt, mit dem Huhn in eine Plastiktüte stecken und schütteln. Perfekt.

Und jetzt komme ich zum zweiten Artikel. Regional kochen („Bamberg kocht Slow eröffnet“). Langsam wachen sie auf, die Bamberger. Wir haben hier so schönes Gemüse und auch Obst, da müsste doch etwas zu machen sein. Regional bedeutet ja auch, dass die Lebensmittel nicht durch ganz Deutschland und noch von weiter her gekarrt werden. Regional bedeutet aber vor allem, die Sachen dann zu essen, wenn sie reif sind. Also keinen Spargel aus Griechenland, wenn man noch so viel Lust dazu hat und vor allem keine Erdbeeren zu Weihnachten!

Leider hat man sich mit dem Beginn der propagierten ‚Regionalen Küche‘ keine gute Jahreszeit ausgesucht, denn nun wird die Vielfalt doch schon sehr übersichtlich. Aber ordentliche Kartoffeln, Spitzwirsing, Weiß-, Rot- und Sauerkraut, Rosenkohl und Blumenkohl, Karotten, Sellerie, Lauch, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Schwarzwurzeln und dann Salat, solange es ihn noch gibt, und vor allem der gute Feldsalat – daraus sollte man doch täglich mit den Grundnahrungsmitteln wie Reis, Graupen, Linsen und Bohnenkernen etwas zaubern können.

All das ist aber noch nicht die volle regionale Küche. Da gehört natürlich auch noch Fisch oder Fleisch und nicht zu vergessen – auch die Wurst dazu. Ein Amerikaner sagte mir einmal: You can eat everything of a pig except the Oink. Und damit hat er Recht. Also dann:

Von Kopf bis Fuß

Den Kopf hätten wir schon einmal, denn die beste Sülze besteht auch zum Teil aus Kopffleisch. Fuß ist allgegenwärtig in der fränkischen Küche mit unserem Knöchla, das aus den Speisekarten einer ordentlichen Wirtschaft oder Metzgerei nicht wegzudenken ist.

Aber wie steht es mit Innereien? Man kann doch nicht jeden Tag Schäuferla, Schweinsbraten oder Schnitzel vom Schwein oder Chickenwings mit Pommes essen. Ob wohl, unsere Kinder – siehe oben …

GraupenRisotto mit Kalbsleber und Zwiebelkompott

Früher gab’s Leber vom Schwein oder auch vom Rind. Das verwendet man heute noch, aber eher für Leberknödel. Ich kann nicht verstehen, dass man in jeder Gaststätte Leberknödelsuppe bekommt, aber dass die Gäste von der guten Kalbsleber nichts wissen wollen. Also hier mein zweiter Versuch:

Die Zwiebeln dauern am längsten. Ich nehme rote Zwiebeln und viertel sie in der Länge. Die werden leicht in Öl angebraten und dann gießen wir einen Sherry auf und lassen alles langsam angehen. Wenn sie leicht bissfest sind, geben wir noch – wer will – etwas schwarzen Johannisbeersaft dazu. Das hat eine etwas süßliche Komponente, die gut zur Leber passt. Fertig.

Für das Risotto dünsten wir klein geschnittenes Wurzelgemüse wie Petersilienwurzel, Sellerieknolle, Karotten und Zwiebel an, dass es noch hell ist, aber schon Aromastoffe frei gibt. Dann kommen die Graupen dazu, die – wenn sie fertig sind – leicht cremig werden. Das kommt von der Stärke. Dann gießt man mit Gemüsebrühe auf und lässt sie leicht köcheln, bis sie noch etwas Biss haben (keine Angst, sie garen im Topf noch nach). Sollten Sie sie nicht so cremig wollen, kochen Sie sie doch in Brühe vor, spülen Sie sie in einem Sieb mit heißem Wasser ab und verfahren dann so, wie oben beschrieben.

Die Kalbsleberscheiben werden mit doppelgriffigen Mehl leicht (!) bestäubt und kommen in eine heiße Pfanne in wenig Öl. Dann die Temperatur zurückdrehen und die Scheiben leicht braten, wenden und warm halten. Die Leber sollte innen noch rosa sein. So schmeckt sie am besten. Also, geringe Hitze und erst nachher salzen und pfeffern. So vermeiden Sie essen zu müssen, was den schlechten Ruf der Leber (Leder) immer noch ausmacht. Wie viel haben uns doch unsere Vorfahren schlecht überliefert. Daher rührt auch die Abneigung bei den Graupen, die früher ganz groß waren, Pferdezähnen nicht unähnlich, einfach mit Wasser gekocht wurden und der Pampf war fertig. Das war wirklich nicht essbar. Damen, die ungern ihr Alter preisgeben, verraten sich dadurch, wenn man sie fragt, ob sie Graupen mögen, dass sie sagen: Niemals, die musste ich schon immer im Krieg essen …

GraupenRisotto mit Kalbsleber und Zwiebelkompott. Foto: Monika Schau

GraupenRisotto mit Kalbsleber und Zwiebelkompott. Foto: Monika Schau

Gemüse mit oder ohne Schweinefilet und Risottoreis im Wok

Hier haben wir noch so ein Ratz-Fatz Gericht. Wir braten dünne Scheiben Schweinefilet im Wok an und stellen es warm. Dann geben wir Pastinaken, von mir aus auch Karotten und Lauch klein geschnitten dazu. Darauf geben wir eine Tasse Risottoreis. Das kochen wir mit Brühe auf und wenn der Reis noch körnig ist, geben wir alles zu, was wir noch als Restchen im Gemüsefach haben. Das kann jetzt ein halber Fenchel sein, eine Paprika, ein Stück von unserem wunderbaren Spitzkraut, was denn immer da ist und weg muss. Alles kommt jetzt zum Schluss in den Wok und wird mit reichlich Petersilie serviert. Man könnte das allerdings etwas chinesisch anhauchen, indem man noch mit einer guten hellen Squidsauce würzt.

Gemüse mit Schweinefilet, Risottoreis im Wok. Foto: Monika Schau

Gemüse mit Schweinefilet, Risottoreis im Wok. Foto: Monika Schau

Eine Obstsorte, die auf dem ersten Blick nicht regional erscheint, aber an unserer Gartenmauer wunderbar wächst – allerdings trug die Pflanze erst im hohen Alter von 16 Jahren – ist die Kiwi. Kiwis sind eigentlich als Chinesische Stachelbeere bekannt, kamen aber Anfang 1900 nach Neuseeland und werden deswegen Kiwi genannt.

Heuer haben wir zwei große Körbe geerntet. Wenn der Winter kommt, werden sie geerntet, aber sie sind noch hart und nicht essbar. Das kann man aber mit Äpfeln und Quitten, die man dazwischen legt, forcieren.

Chinesischen Stachelbeere. Foto: Monika Schau

Chinesischen Stachelbeere. Foto: Monika Schau

Zur Chinesischen Stachelbeere noch einen Spätherbstgruß vom Ginkgobaum, der ja auch bekanntlich aus China kommt.

Ginkgobaum. Foto: Monika Schau

Ginkgobaum. Foto: Monika Schau

Ich wünsche Ihnen eine schöne, ruhige Zeit und vielleicht schaffen wir es dieses Jahr einmal, uns nicht stressen zu lassen.

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In ihrem Beitrag Von Riyadh nach Sanaa – die Weiterreise durch die Landschaften in der Wüste nahm Monika Schau ihre Leser mit auf dem Weg in den Jemen, vorbei an Wadis, und brachte diesen beeindruckende Menschen aus dem Asir-Gebirge, eine Dorfgemeinschaft nach einer wilden Übernachtung inmitten der Wüste und die Händler in Sanaa näher. In ihrem vorletzten Bericht Vulkangestein, Urgestein: Landschaften in der Wüste ging es Monika Schau nicht ums Essen: die Hitze! Die Hitze erinnerte sie allerdings an ihre Zeit in Saudi Arabien, wo sie mit Familie von 1988 bis 1993 lebte. Ihr Mann war für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) im Ministerium für Post, Telefon und Telegraf beschäftigt. Wieder Zuhause angekommen, geht’s ans Eingemachte.

Monika Schau schreibt jeden Monat für die Leser der Bamberger Online Zeitung. Jedes Mal ein Mix aus Orts- und/oder Volkskunde und ein Fest für die Sinne – Lebensart eben. Ende Dezember widmete sie sich den  Rauhnächten mit den vielerorts vergessenen Traditionen und den unvergessenen Gerichten. Erst im Mai stellte sie Junges Gemüse vor mit einer Grünen Frankfurter – nein! – Bamberger Sauce. Im April entführte sie uns nach Budapest und in die dortigen Markthallen, rezitierte das Revolutionsgedicht von Sandor Petőfi und reizte die Sinne nicht nur mit Mohnstrudel. Bereits im Februar wollte sie mit dem Winter ade-Menu und einem Vorwort zum Pferdefleisch ins Frühjahr starten und erzählte uns für die Nachspeise etwas über Cedri. Zuvor waren wir mit ihr in Venedigs Karneval und Leckereien. Das Jahr 2013 begann mit Gaumenschmaus und Seelenfutter – Die Küche im Wiener Kaiserreich, einem Januar-Menue aus Rinderbrühe, dem perfekten Wiener Schnitzel und Palatschinken. Das Jahr 2012 schloss mit einem typisch fränkischen Dezembermenü: A ganz a schööns Gänsla. Wobei natürlich das Gänseschlachten mit einem Schluck zur Stärkung zwischendurch zelebriert werden muss. Zuvor wurden unsere Leser schon mal vorbereitet Die Sau ist tot. Mit der Kochschule der Besseresser ist Monika Schau bekannt. Die Herbst/zeit/lose Gerichte sind ja nicht ganz so herbstzeitlos, wenn man Kürbis, Steinpilze und Spitzkraut bedenkt. Monika Schau gab bislang auch Tipps für Gerichte, bei denen es wohl nicht für Alle eine Freude ist, sie nachzukochen und vor allem zu essen. Es gibt nämlich nur wenige Kochbegeisterte, die sich an solche Gerichte überhaupt rantrauen: Das Unessbare auf den Tellern hat einen Namen: Innereien. Im vergangenen September zitierte sie Lea Linster, eine der besten Köchinnen Luxemburgs: Wenn Du das Huhn, das Du in die Röhre schiebst, nicht liebst — lässt es Dich im Stich. Im Sommer entführte sie uns in die Cuina Catálan: Unser Sommermenü: Mar y muntanya / Meer und Berge. Ihr Eingangsmenu bei der OnlineZeitung stammte ebenfalls aus der Kochschule für Besseresser: Die neue esS-KLASSE. Im Sommer empfahl sie als Sommermenue: Barbecue mit fried green tomatoes und Kritisches zum Junkfood, entführte unsere Leser in die  Kellerzeit und nach Ligurien – Das Land wo die Zitronen blühen.

Im September ging es in die Provence: Baguette, Bouillabaisse mit Rouille und danach Tarte tatin. Überall ist jetzt von Queller die Rede, im Oktober auch bei uns Gaumenkitzel. Herbstliches Seelenfutter Wissen Sie, dass Kartoffelbrei glücklich macht? Natürlich selbst gemacht und nicht aus der Packung. In “Gessn werd daham” eine Liebeserklärung an – was wohl? Das Menu zum Frühjahr In Cod We Trust(ed) bietet neben Rezepten für Fischklößchen, Kabeljau in Senfsauce sowie die Anleitung einer Court Bouillon und einer Aprikosensuppe mit Schokotörtchen wieder allerhand Wissenswertes über das Drumherum. Und natürlich geschmückt wieder mit eigenen wunderbaren Photos. Zu Beginn tangiert sie das Thema Überfischung vor Neufundland. In Normandie – das Schlaraffenland gibt sie einen Einblick in die Küche der Normandie  und ihre Bemühungen um die “Boulangerie tradition”. Außerdem erhält man endlich Antwort auf die Frage: “Warum sind Butter und Käse aus der Normandie so unglaublich lecker?”.In einem zweiten Beitrag zur Normandie / Meeresgetier – Charcuterie – Desserts widmet sich Monika Schau der Esskultur der Franzosen. Denn allein die Präsentation der Speisen zeugt von einer Hingabe der ganz besonderen Art: ein Wunder, das eigentlich hinter Saarbrücken bereits anfängt. Neulich erst entführte sie mit Le Crete Senesi – Eine Landschaft zum Seele baumeln lassen die Leser an einen ihrer Lieblingsorte: Siena und die umgebende zauberhafte Landschaft. Auch dank ihrer wunderbaren Photographien ein Genuss. Im Juni ging’d dann nochmal nach Frankreich, nach Roanne oder die Sache mit den Fröschen:  Andere Länder – andere Sitten, vor allem Esssitten. Anlässlich der Ausbildung für Französische Backkunst war Monika Schau zu einem Praktikum im oberen Loiretal, in Roanne. Dass Monika Schau weitgereist ist, ahnen unsere Leser längst. Im Juli geht’s nach Japan: Einblicke – Durchblicke – Rückblicke. Sie meint, die Kultur eines Landes erkennt man auch an den Schaufenstern seiner Geschäfte.

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