Die Kochschule für Besseresser
Monika Schau
Wenn man einen so schönen Herbst hatte, mag man gar nicht an kalte neblige Tage denken. Aber da bin ich mir sicher: die werden kommen. Man muss das positiv sehen. Jede Jahreszeit hat etwas Schönes und: Sachen, die man nicht ändern kann – und da zählt das Wetter dazu – darüber braucht man sich nicht aufzuregen.
Was gibt es dann Schöneres als Freunde zu einem Fest einzuladen?
Der Oktober und November hat so schöne Früchte, die man hierfür verwenden kann. Denken wir nur an Quitten, Maronen, Schwarzwurzeln, Kürbis, reifen Feigen und und und.
Hier ist unser Menü gegen den Nebelblues und denken wir dabei an den goldenen Oktober den wir hatten
- Wintersalat mit Bleich- und Knollensellerie, Granatapfelkernen, rotbackigen Birnen und karamellisierten Walnüssen
- Weißbrotscheiben mit Lardo
- Graupenrisotto mit Radicchio und Taleggio
- Wildschweinkeule
- Schwarzwurzelgemüse
- Quittensüppchen mit Birnensahne
Wintersalat mit Bleich- und Knollensellerie, Granatapfelnkernen, rotbackigen Birnen und karamellisierten Walnüssen
Wohlgemerkt, wir sprechen von Bleichsellerie. Das ist also nicht das dunkelgrüne Zeug, was aus der Pfalz kommt und selbst unsere Kaninchen ungern fressen, sondern von dem, der so lange im Dunklen lagert, bis er hellgrün bis hellgelb ist.
Vom Bleichsellerie die äußeren Stangen abnehmen und das obere Drittel abschneiden, bis die bleichen gelbgrünen Blätter erscheinen, die werden aufgehoben (sind noch gut für eine Minestrone, im Sugo oder für einen Fond). Die untere Seite so abschneiden, dass der helle Strunk erscheint und diesen an den Kanten abschneiden. Den Sellerie rundherum mit dem Sparschäler schälen, damit die Fäden an den Stengeln verschwinden.
Weil wir ja nicht nur den Geschmack wollen, sondern auch ein ansprechendes Gericht auf dem Teller, üben wir uns nun etwas in Schneidtechniken:
Die Stange selbst wird längs in dünne Streifen geschnitten, die Stengel, an denen die Blätter dran sind, in dünne Scheiben. Die hellen Blätter selbst werden ganz gelassen. Das passt dann optisch zu unserem Knollensellerie. Der wird rundherum geschält und dann mit dem Sparschäler in dünnste Scheiben geschnitten, die kurz in eine heiße Gemüsebrühe gegeben und nach ca. 2 Min. wieder im kalten Wasser blanchiert werden. Zu dem Bleichsellerie in die Schüssel gegeben. Dazu kommt noch grob geschnittene, glatte Petersilie. Mit dem Saft einer Zitrone, Olivenöl, Salz und Pfeffer würzen, durchmischen und auf eine Platte geben. Darüber Granatapfelkerne streuen und grob geschnittene Walnusskerne, die wie folgt karamellisiert wurden: Pfanne auf der Platte heiß machen, dann von der Kochstelle nehmen und die Platte ausschalten. Puderzucker in die Pfanne einstreuen und die Walnüsse dazugeben. Die heiße Pfanne sollte reichen, den Zucker zu schmelzen und die Walnüsse mit dem Karamell zu ummanteln. Sollte noch nicht alles karamellisiert sein, nochmals auf die Platte stellen. Die Resthitze sollte reichen. Aber Vorsicht! Man sollte immer dabei bleiben, denn wenn das Karamell zu dunkel wird, schmeckt es bitter. Also probieren Sie es, das Ergebnis ist sensationell.
Kurz vor dem Servieren Birnen (schöne, rotbackige Birnen, die keine harte Schale haben) vierteln, das Kerngehäuse entfernen und dann noch mal achteln und kurz vor dem Servieren mit dem Dressing anmachen.
Dressingvarianten:
Dressing aus Walnussöl (1 Teil) und Aceto balsamico (1 Teil) und Gemüsebrühe (3 Teile) in einem verschließbaren Glas mit wenig Puderzucker, Salz und Pfeffer aus der Mühle ein Dressing aufschütteln. (Sollte etwas übrig sein, hält das sich in diesem Glas gut zwei Wochen im Kühlschrank)
Oder Senfdressing
Für das Senfdressing schütteln wir Dijonsenf und wenig Zucker, Salz und Pfeffer in einem Glasgefäss mit etwas Gemüsebrühe auf. Abschmecken. Fertig.
Weißbrotscheiben mit fettem Speck von glücklichen Schweinen
Eigentlich heißt der fette Speck Lardo und ist vornehmlich von der Schweinerasse cinta senese. Er wird vom schieren Fett von Schweinen gemacht, die draußen in der Macchia rumwühlen und sich in Schlammlöchern suhlen können. Also von glücklichen Schweinen. Cinta senese ist die bekannteste Gruppe dieses Sattelschweines, das schon im Palazzo publicco in Siena (am Campo) als riesiges Fresco von Simone Martini im 14. Jahrhundert geschaffen wurde und als Anschauung für eine gute Regierung durch die Landschaft getrieben wurde.
Wir sprechen hier nicht von krank gezüchteten Schweinen, die im Pferch warten, bis sie zum Schlachten dran sind. Wir sprechen von Schweinen, die noch ordentlich Speck haben und keinen wabbeligen, die ein etwas dunkleres, vollmundig schmeckendes Fleisch haben – welche Koteletts! Der Speck wird mit Meersalz und verschiedenen kleingehackten frischen Gewürzen eingesalzen und ruht dann in Marmorsarkophagen ca. ein Jahr, bis er reif ist. In der Toskana ist er der Stolz eines jeden Metzgers. Bei uns wird jedes Fettteilchen weggeschnitten, in Italien ist es – von den richtigen Schweinen – eine Delikatesse.
Wir braten Weißbrotscheiben an, die einem Tag alt sind in Öl an und geben hauchdünn geschnittene Scheiben dieses köstlichen Specks darauf. Dann schnellstens zu dem Salat servieren, da die noch warmen Brotscheiben sonst den Speck schmelzen lassen.
Graupenrisotto mit Radicchio und Taleggio
Es gibt ja so viele Vorurteile über Graupen. Eine davon ist: naa – des mog ich net, des must ma doch scho im Griech essn (wohlgemerkt von Damen, die nicht um alles in der Welt und nur unter Androhung von Strafen ihr Alter preisgeben würden). Dabei haben diese Graupen nichts mehr mit diesem aufgeweichten, totgekochten breiigen Etwas zu tun, was man früher in der Kochkiste garte, es sei denn, dass man nichts dazu gelernt hat.
Also – wir braten in einem flachen Topf etwas kleingeschnittenes Suppengemüse an – hier können wir die etwas grüneren Stengel des Bleichselleries verwenden – und geben die Graupen dazu, rühen kurz um, damit alle Graupen mit Öl benetzt sind und gießen mit Gemüsebrühe auf. Nicht zu viel, dafür immer wieder zugießen, da die Graupen sehr viel Flüssigkeit aufnehmen. Langsam garen, bis sie noch bissfest sind im Kern. Dann geben wir in Streifen geschnittenen, roten Chioggia Radicchio dazu. Das ist der runde, der bei uns häufig zu sehen ist. Aber Vorsicht, er macht das Orzotto, wie das Graupenrisotto in Italien genannt wird, leicht bitter. Zum Ausgleich geben wir eine schöne Scheibe Taleggio Käse, der in Würfeln geschnitten wurde, dazu. Der verleiht den Graupen zusätzlich eine wunderbare sämige Konsistenz.
Wildschweinkeule
Früher tat man gut daran, das Wildschwein noch etwas zu beizen. Sei es in Buttermilch, sei es in Rotwein. Man wusste ja nicht, ob man nicht einen alten Eber erwischt hatte (was man durchaus am etwas gelblichen Fett erkennen könnte). Das offenbarte sich erst, wenn man das Fleisch angebraten hatte – Jäger benutzen dazu beim Aufbruch eine gute alte Wäscheklammer für die Nase.
Glauben Sie mir, den Geruch nach rauschigem Keiler, dessen Hormone die Küche olfaktorisch maltretieren, vergisst man so leicht nicht. In den südlichen Ländern, in denen die normalen Schweine nicht kastriert werden, kann man so etwas noch leicht finden. Ordentliche Wildhändler verkaufen das Eberfleisch nur noch an die Hundefutterindustrie und nicht an den Kunden, den man damit vergraulen könnte.
Wenn man nun eine Wildschweinkeule am Knochen kaufen will, tut man gut daran, eine nicht zu große Keule zu nehmen. Am besten von einem sogenannten Überläufer. Das ist ein junges Wildschwein, das dem Frischlingsstadium entwachsen ist, einen Winter gesehen hat und keine Streifen mehr hat und der wichtigste Grund: noch nicht geschlechtsreif ist.
Den Wildfond habe ich bereits in dem Artikel ‚Alles Neu macht der Mai’ im Mai 2012 (hier) beschrieben. Ob Sie jetzt Rehknochen oder Wildschweinknochen haben, egal. A guuds Sößla gibts ollamol.
Der Ofen wird auf 120°C vorgeheizt. Wenn sie die Keule mit Knochen servieren wollen, wird sie wie folgt gewürzt: Stellen Sie eine Pfanne auf die Kochstelle und rösten Wacholderbeeren, einige Nelken, etwas Sternanis, Pfeffer weiß und schwarz ohne Öl an. Dabei entfalten sich die Aromen viel besser als wenn sie einfach so verwendet werden. Dann mit den Gewürzen und Salz einreiben. Lösen Sie den Knochen aus, damit man später den Braten besser schneiden kann, würzen Sie ihn auch innen und geben ein Stück Butter da hin, wo der Knochen war. Dann wird der Braten noch mit Kochgarn fixiert und in Butterschmalz angebraten.
Nun wäre ein Bratthermometer von Vorteil. Wenn Sie das in die dickste Stelle des Bratens stecken, brauchen Sie nur noch zu warten, bis es ca. 85°C anzeigt. Das kann je nach Ofenqualität nach ca. 2 Stunden sein. Dann gießen wir den entstandenen Bratensaft ab, erhöhen die Temperatur noch etwa auf 145°C und bräunen damit die Keule noch etwas.
Den Bratenfond mit unserem vorgearbeiteten Fond vermischen, vielleicht noch einen guten (!) Rotwein dazu gießen (den, den man dann zum Essen trinken will und bitte keine Plörre, denn: es kann nur etwas Gutes rauskommen, wenn man etwas Gutes dazugibt). Das alles wird nun noch etwas reduziert und mit etwas Kartoffelstärke gebunden.
Schwarzwurzelgemüse
Oder Stazinäri, wie die alten Bamberger sagen. Beim Schälen ist es unerlässlich mit Gummihandschuhen arbeiten, denn nicht umsonst heißt das Gemüse Schwarzwurz. Die Schalen sind nicht nur schwarz, der klebrige Saft, der sofort oxydiert, färbt vor allem auch die Hände sofort schwarz. Die milchige Flüssigkeit, die sie absondern, macht schwarze Flecken und klebt. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen selbst zubereiteten Schwarzwurzeln und denen aus dem Glas, denn nicht ganz so weich gegartes Gemüse schmeckt einfach besser. Also selbst entscheiden, wie man es mag. Schwarzwurz ist leider ein Gemüse, das bei uns keine Beachtung mehr findet. Schade. Bei Witzigmann werden die Schwarzwurzeln mit Trüffel serviert, was aufhorchen lässt.
Man sollte Schwarzwurzeln genau so behandeln wie früher den Kloßteig: Geben Sie doch einfach etwas Kloßweiß dazu. Dann bleiben sie schön weiß. Sind alle geschält, dünsten wir sie in Gemüsebrühe nicht ganz weich, also so, dass sie noch etwas Biss haben. Sahne zugeben und mit wenig Macisblüte, Salz und Pfeffer würzen.
Quittensüppchen mit Birnensahne
Für das Süppchen müsste man erst einmal ein Quittengelee machen. Früher schnitt man die Qitten dafür in Viertel, dünstete sie, seihte sie ab und reduzierte den Saft so, dass mit Hilfe von Gelierzucker ein Quittengelee entstand. Heute hat man es einfacher: Kaufen Sie doch im Reformhaus einfach Quittensaft. Ist er Ihnen zu dünn in der Konsistenz, dicken Sie ihn mit etwas Kartoffelstärke an. Dabei muss der Saft heiß gemacht werden, denn die Stärke bindet erst bei ca. 80°C ab. Was aber nicht schlecht für die Nachspeise ist, denn lauwarm schmeckt es noch besser. Der wird in tiefe Teller gegeben.
Für die Birnensahne kochen wir aus 1/8 l Wasser, 100 g Zucker und etwas Vanillemark einen Sirup. Die Birnen schälen oder nicht, halbieren und in kleine Würfel schneiden. Im heißen Vanillesirup pochieren. Dann schnell in die Gefriertruhe. 150 g Sahne sehr steif schlagen, die Birnenwürfel darunter heben. Große Nocken abstechen und auf der Quittensuppe servieren.
Guten Appetit!
Liebe Frau Schau, wenn meine Frau folgendes liest, bekommt sie sehr wahrscheinlich Lach-, vielleicht auch Weinkrämpfe (?!), nichtsdestotrotz: selbst ich könnte mir gern vorstellen, bei soviel Liebe, Technikbeherrschung, Kultur und Wissen um eines der 2-3 schönsten Dinge der Welt (doch) noch zum Koch, mindestens zum Koch-Chemiker/-Physiker/ auch -Biologen zu mutieren. Der Anspruch ist hehr, aber es muss ja nicht gleich wieder Einstein und so … sein!
Es liest sich aber alles so, dass selbst ich nochmal drauf käme, oder? Wahrscheinlich brauchts meinerseits nur ein bißchen Mut, den richtigen, in Warenkunde kenntnisreichen, Bauern, Jäger, Metzger, und dann also los!? Oder schon wieder alles nur Ausflüchte, diese?!
In der Tat schmeckte sogar das einfache Kotelett vom einfachen Hausschwein auf dem Stiefel auch schon mal „richtig nach Schwein“, so dass man Juden und Islamgläubige durchaus gern zu verstehen geneigt war, sich vom Schwein grundsätzlich fernzuhalten, oder?
Die Weinansagen können ruhig noch deutlicher werden, danke.
Einfach herrlich, wie immer. Bitte weiter so!