Das Quartier an der Stadtmauer sucht seinen Weg, immer noch

Redaktion

In der letzten Sitzung des Bausenats wurde den zwei verbleibenden Bietern Vorgaben gemacht, um das „Quartier an der Stadtmauer“ weiterzuentwickeln und so eine Entscheidung zeitnah fällen zu können. Beide Bieter stellten nun neue Planungen vor, die sich dem Wunsch der Stadträte annäherten, was von allen Fraktionen gewürdigt wurde: die großen Gewerbeflächen zurückgenommen, die Baukubatur insgesamt verringert und Erhalt der Denkmäler. Gänzlich neu für die Bieter sind jedoch die Forderungen nach Wohnraum. Focus Development – langjähriger Planer fürs Quartier – hat diese Neuerung nur eingeschränkt im Visier. Die Bieter wollten festgestellt wissen, dass die Verteilung bzw. die Verschiebung der Nutzung zu Wohnflächen zwangsläufig zu einem günstigeren Kaufpreis führen müsse. Die Räte nahmen es nicht so schlimm und zitierten den Sparkassenchef mit: „Das Geld kommt zuletzt“.

Fitnesscenter und Low-Budget-Hotel

Anlage2b-Fokus 11

Focus Development Ansicht Franz-Ludwig-Straße

Beim Bieter Focus Development wurde vor allem das 3-geschossige Fitnesscenter (siehe Seite 8-10 hier: Anlage 1e – Sammelmappe NGF)* an der Franz-Ludwig-Straße von allen Fraktionen kritisiert. Beim Bieter Landholding war es das Hotel an der Front zur Langen Straße. In beiden Fällen waren es wohl die abschreckenden Dimensionen. Die Fassadengestaltungen trafen zu Recht nicht das Wohlwollen der Räte. Hier die Planungen der „Höfe an der Stadtmauer“, wie es nun genannt wird, von Focus Development (hier: Anlage 1b – Fokus)* und hier die von Landholding Development (hier: Anlage 2b Fischer Landholding)*, die lediglich ihren eigenen Namen geändert haben und es beim „Quartier an der Stadtmauer“ belassen.

* (Die Links zu den einzelnen Konzepten der Bieter lassen sich hier leider nicht einbauen, sodass die Leser sich diese auf der Seite der Stadt Bamberg leider selbst suchen müssen: „www.stadt.bamberg.de“ | „Rathaus und Bürgerservice“ | „Stadtrat und Gremien“ | „Senate und Ausschüsse“ | „Bau- und Werksenat 5.11. TO“ | bei Ö4 auf die Sitzungsvorlage | und dann die entsprechenden Anlagen öffnen)

Landholding Fassade Franz-Ludwig-Straße

Landholding Fassade Franz-Ludwig-Straße

Durch alle Fraktionen war eine gewisse Genugtuung zu spüren, dass einerseits die Planungen zum Quartier sich dem kleinteiligen Bestand der jetzige Situation annähern, doch so richtig zufrieden war wohl keiner. Aus dieser Unzufriedenheit heraus war es nur logisch, dass der Baureferent nun vorschlug, die Wünsche der Stadt bzw. des Stadtrates endlich zu bündeln, „notfalls auch im stillen Kämmerchen mit den Fraktionen“ (Baureferent Beese). Einzig Stadtrat Tscherner war unzufrieden mit der sich weiter hinziehenden Diskussion und Entscheidungsfindung, er schämt sich, weil‘s nicht vorwärts geht – seit 17 Jahren Stillstand.

Einstimmig beschlossen wurde aber: „Der Bau- und Werksenat stellt fest, dass insgesamt keines der beiden Vorhaben die Anforderungen der Stadt Bamberg für diesen Standort erfüllt. Der Bau- und Werksenat beauftragt die Verwaltung unter aktiver Beteiligung der SprecherInnen im Bau- und Werksenat ein detaillierteres Anforderungsprofil auszuarbeiten und dieses im Bau- und Werksenat zur Beschlussfassung vorzulegen.“

Knackpunkt Stadtmauer

Erdgeschoß Focus Development

Erdgeschoss Focus Development

Erdgeschoss Landholding

Erdgeschoss Landholding

Während die Mikwe bei Focus development gar nicht mehr beplant wurde – der Verkauf des Hauses in der Hellerstraße soll wohl unbeplant erfolgen –, integriert Landholding sie irgendwie in einen Verkaufsraum. Die Reste der Stadtmauern aus dem 12. und 15. Jahrhundert jedoch sind mal mehr, mal weniger detailliert in den Planungen erkennbar, stehen nach wie vor irgendwie im Weg rum und werden nach wie vor undeutlich überplant. Ein erhöhtes Augenmerk wird man zukünftig auch hierhin richten müssen.

Grundsätzliches: der Wandel des Handels

Noch immer verfolgt das städtische Baureferat das große Ziel, „eine Stärkung des Handels als Leitfunktion der Innenstadt eines Oberzentrums. Das Gelände ist als einzige relevante Potenzialfläche für die Schaffung großflächiger Einzelhandelsangebote in der denkmalgeschützten, kleinteilig strukturierten Innenstadt anzusehen.“ In den überarbeiteten Plänen der Investoren wurde nun vorgeführt, dass „der Handel“ sich längst hiervon verabschiedet hat: Mit der Nutzung der Großflächen als Low-Budget-Hotel bzw. als Fitness-Center zeigen die Investoren mit brutal-möglichster Härte, was sie von solchen hehren Absichten halten – NIX. Immer mehr Kaufkraft fließt ins Netz ab. Und hieran wird sich mittelfristig wenig ändern. Das trading-down, der Niedergang der Langen Straße als Handelsstraße ist ein überdeutliches Zeichen. Da helfen weder Jubelbotschaften der Bamberger Wirtschaftsförderung  (siehe Leerstand in der Innenstadt, der Bericht der Wirtschaftsförderung ist wenig dienlich) noch das Mantra „Bamberg geht es gut“.

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Quartier an der Stadtmauer: hohe Erwartungen / Nächste Runde “Quartier an der Stadtmauer” / Quartier an der Stadtmauer: Die Bürger fordern Bewahrung der Denkmäler / Quartier an der Stadtmauer: Totgeburt oder Quadratur des Kreises? Gibt es Auswege aus dem absoluten Planungsdilemma? / Quartier an der Stadtmauer – Neue Ideen für ein altes Viertel / Masterplan Innenstadt: Bürgerbeteiligung erwünscht oder nicht? / Ein Desaster: Wenn ein Investor Geschichte erlebbar machen will / Quartier an der Stadtmauer: Landesdenkmalrat wird im Herbst erneut beraten / “Dann sollen sie halt klagen …” / Die Bausünden der Sparkasse / Podiumsdiskussion zu Neuem Bauen in alten Städten / Verraten wir unser Erbe? / Masterplan Innenstadt: Bürgerbeteiligung erwünscht oder nicht? / Verkehr macht Denkmäler kaputt – die Bahn setzt den Weltkulturerbetitel aufs Spiel – die Stadt auch / Welterbe-Zentrum unterm Dach und Shopping-Mall im Basement

3 Gedanken zu „Das Quartier an der Stadtmauer sucht seinen Weg, immer noch

  1. Leider führen die Links zu den Anlagen, „Anlage 1e – Sammelmappe NGF“ und „Anlage 2b Fischer Landholding“ inzwischen ins Nirwana? – Honi soit qui mal y pense …

  2. Wohnungen sind ein gute Alternative zu weiteren Geschäften die den Investoren nur eins abwerfen sollen – Rendite. Und dem Wohnungsmarkt würde einerseits nach wie vor eine Erweiterung guttun (nur immer allein auf die Konversion warten kann es ja auch nicht sein) andererseits die Innensadt beleben und damit da nicht nur noch mehr vom Netz ohnehin bedrohte Geschäfte erzeugen, sondern auch jenen, die noch da sind, ein paar Käufer mehr bescheren.
    Was soll die Hetze? Jetzt haben wir so lange gewartet, da kommt es auch nicht mehr drauf an: lieber noch ein paar bessere Vorschläge abwarten als die vorgestellten einfach panisch zu übernehmen. Von Investoren die nach abgegraster Rendite-Wiese zum nächsten Schlachtfeld weiterziehen und uns das Gerümpel dann wieder dalassen, nachdem sie authentische Rest im Weltkulturerbe platt gemacht haben, haben wir weiß Gott schon oft genug gesehen. Und a propos letzterem: Er hat die Zeit erfunden, von Eile hat er nichts gesagt.

  3. Fassaden der Moderne oder Postmoderne, deren Gliederung notdürftig die Umgebung andeutet, so etwas verschandelt zur Genüge die Inselstadt – man denke an den C&A-Klotz, Wöhrl, ehemals Hohner, die Reihe mit der Hohner-Einfahrt gegenüber C&A.
    Noch so etwas braucht dort niemand, Bamberg ist nicht Bottrop oder Recklinghausen.
    So eine einfallslose Fassadenplanung ist nun schon der zweite Punkt, mit dem wir die Chance haben dem Dresdner Beispiel zu folgen und den Weltkulturerbetitel zu verlieren. Aber im Gegensatz zum drohenden „Klein-Berlin“ ist hier der Gegner nicht die im entfernten Berlin sitzende Bahn, sondern es sind Beauftragte unserer hiesingen Sparkasse.

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