Christiane Hartleitner
Der Landesdenkmalrat hat sich bereits mehrfach mit den Neuplanungen in der Bamberger Innenstadt beschäftigt, in 2004 bereits einen Beschluss zur damals noch so genannten „Citypassage“ gefasst. Die derzeitigen Planungen des aktuellen Investors Multi Development lassen ahnen, dass erneut vergleichbare Bedenken geäußert werden müssen, da die Herangehensweise ähnlich absurd erscheint: ein geschichtsträchtiges Quartier wird einem Planungsziel untergeordnet und nicht ein erforschter Bestand ist Ausgangspunkt für eine adäquate Nutzungsüberlegung. Hier nun der
Beschluss des Landesdenkmalrats vom 11.10.2004:
Der Landesdenkmalrat hat sich bereits wiederholt mit dem Projekt einer Einkaufspassage zwischen der Langen Straße und der Promenade in Bamberg („Citypassage“) beschäftigt. Trotz verschiedener Änderungen an den Plänen, die in den vergangenen Jahren vorge-nommen wurden, wurden die grundsätzlichen Probleme aus Sicht des Landesdenkmalrats nicht ausgeräumt:
1. Die Überbauung von zehn ehemaligen Grundstücken durch ein Bauwerk; damit die Überformung der kleinteiligen Altstadtstrukturen.
2. Die Nichtberücksichtigung der Stadtmauern des 13. und 15. Jahrhunderts als Strukturelement.
3. Der Abbruch der in die Denkmalliste eingetragenen Einzeldenkmäler im Areal.
4. Die problematische Behandlung der Reste des spätmittelalterlichen Judenhofes.
Der Landesdenkmalrat bezieht sich auf seine früheren Äußerungen, auf die Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege, der Monitoringgruppe von ICOMOS und des Stadt-planungsbeirats, die alle die Planung eines alternativen Projektes vorschlagen. Angesichts der Bedeutung des Vorhabens für das Weltkulturerbe Bamberg und der Gesamt-planungszeit bittet der Landesdenkmalrat dringend, von einer abschließenden Beschlussfassung zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen.
Zahlreiche engagierte Bamberger Bürger und Denkmalpfleger sind in Sorge um den derzeitigen Umgang der historischen Relikte der Weltkulturerbestadt Bamberg. So hat der Bürgerverein Bamberg Mitte vergangenen Herbst ein Sonderheft zum Thema herausgegeben, in dem Beteiligte und Engagierte gleichermaßen zu Wort kamen und aus unterschiedlichen Sichtweisen das Projekt unter die Lupe nahmen.
„Es ist keine Schande, eine falsche Entscheidung zu revidieren.“
Auch in der aktuellen Inselrundschau beschäftigt der Bürgerverein sich hiermit, u. a. stammt obiges Zitat aus einem Offenen Brief an den Stadtrat. Demnach habe der Bedarf an Ladenflächen in der Innenstadt seinen Zenit überschritten und jener an Wohnraum noch lange nicht erreicht. Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg kommt ebenso zu Wort wie der Verein Stadtmarketing. Die einen fordern, dass das Stadtplanungsamt die Planungshoheit endlich wieder übernehmen möge, die anderen befürchten, dass die üblicherweise in MD-Einkaufspassagen vertretenen Geschäfte den bestehenden Einzelhandel nicht ergänzen, sondern mit diesem konkurrieren und somit die Kaufkraft nur verlagern und nicht erhöhen würden.
Der Landesdenkmalrat wird erneut auf die Belange der Denkmalpflege achten
Der Landesdenkmalrat war in der Vergangenheit ein einflussreiches Gremium, das sich für den Erhalt des kulturellen Erbes eingesetzt hat. Er wird dies sicher zukünftig auch tun. Die nachfolgenden Generationen werden es ihm danken, ebenso wie die engagierten Bürger. Der Landesdenkmalrat hat die Aufgabe, die Bayerische Staatsregierung zu beraten und in wichtigen Fragen der Denkmalpflege mitzuwirken. Er kann von der Bayerischen Staats-regierung um Stellungnahme zu bestimmten Fragen gebeten werden oder aus eigener Initiative Ratschläge zu allen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmal-pflege erteilen. In seiner Sitzung am 22.6.2012 hat er sich erneut mit dem Thema befasst, eine vertiefte Beratung wird er im Herbst 2012 vornehmen. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, wo der Rat eingebunden ist, teilte mit, dass dieser nach erfolgter vertiefter Beratung durch den Landesdenkmalrat berichten wird.
Mitglieder
Im Landesdenkmalrat sind neben den Vertretern der politischen Parteien die Repräsentanten der Interessengruppen, die unmittelbar mit Denkmalschutz und Denkmalpflege befasst sind, vertreten – etwa die Kommunen, Kirchen, privaten Denkmaleigentümer, Architekten, die Akademie der Schönen Künste, des Landesvereins für Heimatpflege sowie Sachverständige aus dem Bereich der Kunstgeschichte und der Vor- und Frühgeschichte. Er ist damit zugleich ein demokratisches Forum des Ideenaustausches, der Meinungsfilterung und des Interessenausgleichs.
Zum Nachlesen in der Bamberger Onlinezeitung:
Im April hat der Landesdenkmalrat sich mit der geplanten Photovoltaikanlage am Theresianum beschäftigt (wir auch, nachdem wir das Thema im Februar detailliert vorgestellt haben).
Das Quartier an der Stadtmauer begleitet von Beginn an: Wir haben den Entwurf betrachtet, die Protokollnotiz erwähnt, einen Blick in die Zukunft des Quartiers gewagt und die grundsätzliche Frage nach der (Un)möglichkeit eines Kultraums in einem Shoppingcenter gestellt und hierbei Erfurt als Vorbild herausgeschält. Im Mai hat sich die UNESCO ebenfalls mit dem Quartier befasst (wir berichteten).
Bitte an dem Thema dranbleiben! Es besteht die Gefahr, dass versucht wird, im Windschatten der Diskussion um die andere städtbauliche Ungeheuerlichkeit – die Bamberger Mauer der Bahn – still und heimlich Fakten (in Form eines Flächennutzungs- und Bebauungsplanes) zu schaffen.
Einspruchsfristen für die Bürger dürfen auf keinen Fall unbemerkt verstreichen!