Die Bausünden der Sparkasse

Und wenn schon das öffentliche Vorbild so miserabel ist …

Die Bausünden der Sparkasse

Der Bamberger Stadtrat muss sich in seiner nächsten Vollsitzung Ende Mai mit den Bausünden der Sparkasse beschäftigen. Es geht um den Schönleinsplatz. Der Unmut gegenüber den baulichen Expansionsbestrebungen des Bamberger Finanzinstituts ist so groß, dass sich mindestens 14 Stadträte gegen den im Bausenat verabschiedeten Beschluss vom 19. April stemmten. Eigentlich schien nach einer heftigen Diskussion alles im grünen Bereich für das Bauamt, das die Entwürfe verteidigte, denn die CSU und SPD Mehrheit hat die neuerlichen Ausbaupläne abgenickt. Doch nun zurück auf Los. Ein Chance, den vernachlässigten Schönleinsplatz in sein ursprüngliches Licht zu rücken?

Und wenn schon das öffentliche Vorbild so miserabel ist…

Bereits 1975 hat sich der engagierte Journalist Dieter Wieland mit den Bausünden der Sparkasse beschäftigt, zwar nicht mit denen der Bamberger, aber mit den Bausünden der Institution, die in der Wirtschaftswunderzeit ganze Dörfer verschandelt hat. Von ihm stammt obiges Zitat. Hier schließt sich der Kreis zu den Bamberger Bausünden des Geldinstituts, das eigentlich nicht mit überhöhten Gewinnabsichten seine Geschäfte machen soll. Wieland hat in seinem Filmbeitrag Unser Dorf soll hässlich werden von 1975 (!) auch vor den Sparkassen nicht Halt gemacht. Ab Minute 18 zeigt er Beispiele, wie die Sparkassen sich breit machen, unsensibel und protzig ganze Hauslandschaften zerstörten. Freilich tummeln sich seine Beispiele auf dem Dorf. Doch vor der Stadt hat die Sparkasse nicht Halt gemacht, auch vor Bamberg nicht.

Schützenhaus. Foto: Berta Rupp

Bekanntlich war der Schönleinsplatz ehemals einer der prächtigsten Stadtplätze Bambergs. Die Ambitionen der Väter der Stadterweiterung waren enorm. Als man sich um 1865 entschloss, Bamberg gen Osten zu erweitern, das zugeschüttete Schwarze Wasser vor den Toren der Stadt zu nutzen, sollte die Baukultur einen wichtigen Beitrag leisten. Laut Volkmar Eidloth (Bamberg.Stadt.Denkmal. Dokumentation einer Ausstellung der Schutzgemeinschaft „Alt-Bamberg“, Januar-Juli 1988. Bamberg 1990, S. 109) kam dem Schönleinsplatz aufgrund seiner Lage eine wichtige Funktion als Verteilergelenk zu. Die Platzanlage wurde mit Repräsentationsbauten großstädtischen Anspruchs ausgestattet: auf ehemaligem Kasernengelände am Altstadtrand 1894-96 der neubarocke Komplex aus Staatsbank und Hotel „Bamberger Hof“, gegenüber 1892/93 das neue Schützenhaus und 1891/92 der exponierte Kopfbau von Friedrichstraße 2.

Kundige Architekten des Klassizismus und des Historismus planten hier, gemeinsam mit profilierten Kunstgärtnern wollten sie das schöne Bamberg noch schöner machen, noch kostbarer. Gustav Haeberle war einer von ihnen. Einen repräsentativen Neubau für die Schützen sollte er entwerfen, 1892/93 stand der Prachtbau (Abb. von Berta Rupp / 1955, in: Identitätsfindung als Stadtdenkmal, in: Gunzelmann, Thomas: Stadtdenkmal und Denkmallandschaft (= KDB Oberfranken), S. 746, im Druck).

Sparkasse von 1955

Der Stadtrat stimmte mit großer Mehrheit für den Abriss

Allerdings nur bis 1955. Die Sparkasse hatte sich bereits im Haeberlehaus eingenistet und wollte dies nun loswerden. Damals schlossen sich engagierte Bürger zur „Gesellschaft zur Erhaltung des Schützenhauses“ zusammen. Das übliche Prozedere: Unterschriften sammeln, Einsprüche formulieren, Aufklärungsarbeit leisten. Doch der Stadtrat stimmte mit großer Mehrheit für den Abriss, nur vier Stadträte stemmten sich dagegen. Ohne Not ebnete man den Haeberlebau ein, denn der Prachtbau war intakt und nicht baufällig. Hinter übermäßig hohen Bauzäunen nahm man den Abriss vor, damit die Volksseele sich doch beruhigen möge. Nach mehr als zwei Generationen holt den Stadtrat in 2012 diese Entscheidung ein. Hätte er doch damals auf seine engagierten und kundigen Bürgern gehört! Die Sparkasse errichtete 1955 noch einen Neubau, bewusst in zeitgenössischen Formen (Abb. aus: Volkmar Eidloth: Bamberg.Stadt.Denkmal. Dokumentation einer Ausstellung der Schutzgemeinschaft „Alt-Bamberg“, Januar-Juli 1988. Bamberg 1990, S. 109). Man wollte einen modernistischen städtebaulichen Akzent setzen – und wachsen. Die Veränderungsbestrebungen der Sparkasse gingen weiter und immer weiter – bis heute. Gegen Ende der 1980er Jahre erfolgte erneut Vergrößerung, Anpassung an die neuen Zeiten, natürlich größer, noch massiger. Die Störung des Ensembles wurde fortgesetzt. Eine neuerliche Steigerung des Bauvolumens ist intendiert. Man beachte, dass der Photograph weit in die Grünanlage zurücktreten musste, um den neuen Bau aufnehmen zu können. Nun soll der letzte Rest der Allee zur Hainstraße hin gefällt werden. Wir berichteten.

 

Sparkassenbau

Das Bamberger Stadtplanungsamt hat sich zwar zahlreicher Straßen und Plätze gewidmet, doch der Schönleinsplatz als der flächenmäßig größte ist nicht dabei. Dieses Versäumnis rächt sich nun.

Allenthalben greift die Sparkasse in das Stadtbild ein. Nur wenige Meter sind es bis zum nächsten Schauplatz: die Citypassage oder das Quartier an der Stadtmauer. Für den gegenwärtigen Bau in der Langen Straße von 1970 wurden intakte barocke Bürgerhäuser dem Erdboden gleich gemacht. Dem widmen wir uns ein anderes Mal. Für heute mag das genügen. Derzeit kann die Sparkasse ihr Gelände in der Langen Straße nicht mehr gebrauchen.  Sie möchte umziehen an den Schönleinsplatz. Das Karussell dreht sich weiter – und die Denkmäler bleiben auf der Strecke.

5 Gedanken zu „Die Bausünden der Sparkasse

  1. Meine persönliche Ansicht für Herrn Thomas Bamberg: Wenn man schon überhaupt keine Ahnung hat, dann sollte man sich etwas zurückhalten. Ich dokumentiere in jeder Stadt, durch die ich komme die von der dortigen Sparkasse initiierte „Baukunst“ und muss sagen, dass Dieter Wieland alles andere als ein Schlafsack ist. Und. Wer nicht erkennt, welchen Angriff auf die Netzhaut der Sparkassenbau in vielen Städten und Gemeinden darstellt, dem ist wohl leider nicht zu helfen. Fraglich ist auch immer, wie solche Bauanträge genehmigt werden. Das wird auch der Kritiker Thomas Bamberg wissen, wie Einflussnehmer auf Behörden wirken können. Unstrittig bestimmt, dass sich heute die Sparkasse mit einem Bau wie dem Schützenhaus mehr als schmücken würde.

  2. Welche Bausünden der Sparkasse?
    Solche wie ihr, leben im Gestern und wenn man im gestern lebt. Dann soll man bitte ins Altersheim!!
    Vorallem wenn man den Schlafsack Dieter Wieland toll findet.

    • Sehr geehrter Thomas,
      „Neues Bauen in einer alten Stadt“ ist stets aktuell, denn immer sind Neubauten erforderlich – auch HEUTE. Daher widmen wir uns diesem heiklen Thema. Eine Auseinandersetzung ist immens wichtig und ein Blick zurück in die letzten Jahrzehnte kann hierbei hilfreich sein. Das hat mit einem sturen Verhaftetsein im Gestern wenig zu tun, sondern eher mit dem Mut, den Blick ins Morgen zu wagen. Vielleicht hilft der neuere Beitrag https://www.bamberger-onlinezeitung.de/2012/05/24/schonleinsplatz-es-wird-verwaltet-statt-gestaltet/ , Ihnen zu zeigen, dass durchaus Kriterien für eine moderne Platzgestaltung möglich sind – gerade für moderne Architektur. Beschimpfungen sind bei solch einer komplexen Diskussion wenig hilfreich.

      • Sehr geehrte Damen und Herren,

        eigentlich geht es hier nicht darum. Wenn was nicht gefällt, weil der Eigentürmer dieses Gebäude
        die Sparkasse Bamberg.
        Die Sparkasse Bamberg, hat wie jeder andere Privatmensch einen Bauantrag gestellt.

        Wenn es keinerlei baurechtlichen Problem gibt. So kann die Sparkasse rein rechtlich bauen. Das selbe wie bei der Stadtmauer.
        Versuche sie in Bamberg kein Bamberg21.

        Als Privatmensch, übrigens nichts gegen beide Entwürfe. Ich finde Sie beiden gut!!

  3. Soll die Sparkasse doch den Raum nutzen den Sie für Ihr vollkommen überflüssiges, zum Scheitern verurteiltes, Quartier an der Mauer vorgesehen hat. Bei der Gelegenheit sollte man gleich – die Sparkasse hat ja Erfahrung mit dem Abreissen von Gebäuden – Ihren grauenhaften Bau abreissen und zur Wiederherstellung des Schützenhauses verdonnert werden. Aber das würde unserer Bamberger Spitzen- und Vorzeigearchitektin Fr. Sowa auch nicht gefallen.

    Wenn schon – dann den Glaskasten, daß hat wenigstens etwas Flair. Im Gegensatz zum gruseligen Rest.

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