Redaktion
Wie kann es sein, wenn sich alle Fraktionen laut ihren öffentlichen Äußerungen pro Kesselhaus aussprechen, dass aber wie jüngst nach einer Beratung im nichtöffentlichen Gremium Ältestenrat laut Pressemitteilung der Stadt vom 20. Januar keine Entscheidung für einen Weiterbetrieb der Kunstausstellungen gefällt wird? Für die engagierten Vereine ist das eine Zumutung. Mit dem Weiterschieben in andere Gremien, wie Kultur- und Finanzsenat in dann neuer Besetzung, haben die ehrenamtliche Vereine, wie Kunstverein, Förderverein Kunstraum Jetzt! und der Architekturtreff Bamberg, keine Planungssicherheit für ihre Ausstellungen. Eine Sanierung wird nochmals Zeit in Anspruch nehmen, auch wenn die Maßnahmen am Kesselhaus selbst eher gering sein dürften, da die Liebhaber Moderner Kunst die dringend notwendigen Sicherungen bereits selbst erledigt haben.
Mitteilung der Stadt bedarf einer Korrektur
Die Meldung der Stadt, „»Kesselhaus« kostet 155.000 Euro für bauliche Maßnahmen“ bedarf zudem einer Korrektur: Mit etwa 30.000 Euro ist der Aufwand für das Kesselhaus selbst zu beziffern, ein Großteil der Summe wird in die Sanierung der Shed-Dach-Halle nebenan fließen. Dieser Anbau wird derzeit als Lager der Stadt Bamberg genutzt, wobei angemerkt werden soll, dass Ausräumen und Anmietung neuer Lagerräumlichkeiten teurer als die Ertüchtigung der Shed-Dach-Halle kommen dürfte. Hier scheint sich zu rächen, dass die Stadt in den vergangenen Jahren vornehmlich in prestigeträchtige Neubauten investiert hat, statt soliden Bauunterhalt für den Bestand zu leisten und so das städtische Eigentum zu sichern. Der Gesamtkomplex befindet sich im Eigentum der Sozialstiftung. Mit der nun anstehenden Investition hätte die Stadt lediglich die Verkehrssicherheit eines in ihrem Besitz befindlichen Hauses gewährleistet – mit Unterstützung von Kultur hat dies nur indirekt zu tun.
Ist auf Politik Verlass? Bei manchen ja, bei manchen nein – Zuverlässiges Engagement für Kultur sieht anders aus
Die großen Fraktionen CSU und SPD haben auch im Ältestenrat das Sagen. Was wird hinter verschlossenen Türen besprochen, was keiner hören soll und sagen will? Unsere Informationen: Noch im Dezember forderte die CSU öffentlich, dass eine Entscheidung zur Nutzung des Kesselhauses jetzt fallen müsse. Dr. Müller (CSU) wollte die im Ältestenrat verkündeten Neuigkeiten erst noch mit seiner Fraktion besprechen. Das scheint zu dauern … Eigentlich hätte er nur die CSU-Wahlschrift Bambergplan auf Seite 20 zitieren müssen: „Nach einer Ertüchtigung – vor allem im Bereich des Brandschutzes – sollen diese (gemeint sind die Räume des Kesselhauses, Anm. d. Red.) möglichst schnell wieder für Kunst und Kultur zur Verfügung stehen.“ Die SPD wagt öffentlich in ihrem Newsletter vom 1. Oktober 2013 das Bekenntnis, „dass die Stadt eine Kunsthalle für moderne Kunst braucht.“ Doch zur Investitionszustimmung ins Kesselhaus war deren Fraktionsvorsitzender Wolfgang Metzner im Ältestenrat nicht bereit. Der neuerliche Antrag von 11. Februar von Monika Bieber und Dr. Detlev Hohmuth möchte – erst in der Vollsitzung des neu gewählten Stadtrats – „einen Zeitplan zur Umsetzung der im Gutachten geforderten Maßnahmen zur Sicherung des Brandschutzes“ vorgelegt bekommen. In der Groko mahlen die Mühlen langsam. Doch nicht bei den kleinen Fraktionen, denn Dieter Weinsheimer (Freie Wähler) und Ursula Sowa (GAL) wollten zügiger Entscheidung treffen. Oberbürgermeister Starke selbst sieht „die Politik“ in der Verantwortung, er persönlich hält sich bedeckt. Die Freien Wähler berichten darüber hinaus, dass der Oberbürgermeister mitgeteilt habe, dass das erstellte Gutachten „urheberrechtlich“ geschützt sei – und deshalb nicht aus der Hand gegeben werden dürfe. Was sich im Nachgang nicht bestätigte.
Hinhalte-Taktik ist eine Zumutung
Das Prozedere ist eine Zumutung. Nicht nur für die engagierten Vereine, sondern auch für die weiter zunehmende Zahl an moderner Kunst Interessierter und Schaffender. Das Kesselhaus konnte sich seit nunmehr drei Jahren zu einem Magnet moderner Kunst in Bamberg etablieren. Dank profunder Kenntnis und stets neugieriger Blicke in die mannigfaltige Szene moderner Kunstströmungen deutschlandweit sowie einem bestehenden Netzwerk an Schaffenden, Unterstützenden und Aufgeschlossenen durften sich viele Tausende Bamberger moderner Kunst hinwenden. Nicht nur inspirierten Werken, gleich ob der Malerei, Installationen klanglicher oder visueller Art angehörend, durften diese sich jenen hingeben, die gut besuchten Ausstellungen sind Zeugnis hiervon.
Kultur ist mittlerweile ein „harter“ Standortfaktor
Doch das Kesselhaus und seine Ausstellungen waren mehr: Sie nahmen einen Raum in Besitz, der eigentlich nicht hierfür geschaffen war. Einen Raum, den die Stadt selbst vernachlässigte und nicht instand hielt. Mit Eigenmittel wurde entrümpelt und Schutt entsorgt, Eigenmittel über 25.000 € investierte man in Elektrik, Notausgangstür und Geländer. Bewusst ließ man dem Kesselhaus den Charme des Industriellen, fern jeglicher Absicht, ihn aufzuhüschen oder general zu sanieren. Nach wie vor strahlt er den Hauch des industriell Abgewrackten aus und füllte ihn zeitgenössisch neu mit Leben – in vorbildlicher denkmalpflegerischer Grundhaltung. Der Ort ist nur ein Sprung über die Lebensader von der Konzerthalle entfernt, nicht weiter vom Herzen des Welterbes. Prädestiniert, den Brückenschlag von mittelalterlichen Höhepunkten baulicherseits mit Aspekten des 21. Jahrhunderts neu in den Blick zu nehmen. Er ist wie geschaffen, um dem Erbe ein Vis-à-vis zu verleihen. Die Ehrenamtlichen schufen einen Platz für außerörtliche Präsenz und für das Schaffen Bamberger, auch Schülergruppen konnten hier ausstellen. Drei Jahre lang zeigte man, was man konnte.
Städtische Behörden sollen Infrastruktur zur Verfügung stellen, finanzielle Unterstützung leisten und Teilhabe ermöglichen. Mehr nicht.
Und solch ein Engagement will eine Weltkulturerbestadt am langen Arm verhungern lassen? Es wird gepokert, taktiert und hingehalten. In Wahlkampfzeiten wird gerne mit Anträgen die Öffentlichkeit geblendet, was allerdings sehr schlecht kommt und ein gerüttelt Maß an Glaubwürdigkeit verspielt. Städtische Ämter müssen lediglich die Infrastruktur zur Verfügung stellen, die die Bürger benötigen. Sie sollten Teilhabe an Kultur und Kunst ermöglichen. Mehr nicht. Die Stadt selbst muss keine Kultur „machen“, wie sie das mit Circles angeboten und medial unterstützt hat.
Sobald städtische Behörden eigene „Kunstveranstaltungen“ planen und organisieren, sind Kunstvereine missliebige Konkurrenten. Dieser Entwicklung darf man nicht unwidersprochen zusehen.
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