Anna Mohr / Jérôme Grad
Über viele Jahrzehnte hinweg dümpelten die Gärtner im Bewusstsein der Bamberger mehr oder weniger nur dahin. Der gemeine Bamberger Bürger kümmerte sich wenig um diese so besondere Berufsgruppe und deren Belange, die nach den Quellen seit dem 14. Jahrhundert schriftlich in der Domstadt nachweisbar ist. Dabei trug dieser einzigartige Teil der Stadtkultur wesentlich zur Verleihung des Weltkulturerbestatus bei, stellt er doch eine der drei Stadtgebiete – neben der Bergstadt und der bürgerlichen Innenstadt – des UNESCO Welterbes dar. Gemeint ist die Gärtnerstadt. In den letzten Jahrzehnten ging der Erwerbsgartenbau stark zurück und folglich verlor diese Kultur immer mehr an Bedeutung.
Das 2009 initiierte Projekt „Urbaner Garten“ im Rahmen des Investitionsprogramms Nationale UNESCO Welterbestätte sollte dem entgegen wirken und strebte die Erhaltung und Stärkung der Gärtnerstadt mit den Betrieben und Flächen im Welterbe Bamberg an. Pünktlich zur Landesgartenschau 2012 besannen sich viele Bamberger Bürger auf ihr Vermächtnis. Die Belange der Gärtner sollten wieder mehr in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt werden und so auch ihre Bedürfnisse (“Die Folgen der guten Regierung auf das städtische Leben” / Urbaner Gartenbau / Ein Glück, dass es die Gärtner und Häcker gibt / „Das Antlitz der Bamberger Gärtner und Häcker“).
In diesem Sinne ist eine Nachhaltigkeit der Landesgartenschau nicht abzusprechen, wie auch Wolfgang Metzner (SPD) in der öffentlichen Stadtratssitzung vergangenen Mittwoch zufrieden zur Kenntnis nahm. Insgesamt herrschte Einigkeit ob des Themas im Zusammenhang mit der Landesgartenschau.
Einigkeit im Stadtrat ob des nachhaltigen Erfolgs des „urbanen Gartenbaus“
Neben der aktuellen Sachlage im Hinblick auf Baumaßnahmen wurde ein Blick in die Zukunft des Projekts „Urbaner Gartenbau“ geworfen. So soll vor allem die Flächensuche weitergeführt und der Zugang zum Bamberger Sortengarten geregelt werden (Zentrum Welterbe will alte Gärten wiederbeleben oder neu anlegen).
Des Weiteren erfreut sich die Klosteranlage am Michaelsberg, hier vor allem der 0,85 ha große Weinberg, positiver Resonanz durch die Bevölkerung. Die zweite Tranche der Sanierung der Orangerie endet im Jahre 2014 und Stadtrat Pankraz Deuber (CSU), selbst Gärtner, wünscht sich eine Inbetriebnahme dieses Areals nach Ende der Sanierungsarbeiten. Bertram Felix, Finanzreferent der Stadt, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zwar nicht alle Maßnahmen verwirklicht wurden, die im INUW-Paket (Investitionsprogramm Nationale UNESCO Welterbestätten) vorgesehen waren, eine Nutzung für Veranstaltungen in der Zukunft jedoch angestrebt ist.
Die Fraktion der Grünen sah die Aktionen am Michaelsberg zwar eher als einen „Arbeitsanfang und kein -ende“, war jedoch, wie alle Fraktionen, erfreut über die „wahnsinnig guten Fortschritte“. Allerdings merkte Andreas Reuss (GAL) an, dass das wertvolle Engagement diesbezüglich von Seiten des Vereins Bewahrt die Bergstadt ob der Missachtung von deren Belangen von Seiten der Stadt hinsichtlich der Verkehrssituation merklich nachgelassen habe und deren Verärgerung Spuren hinterlassen werde. Die Stadt kann und darf sich nicht auf deren Unterstützung verlassen, missachtet sie auf einem wesentlichen Feld grundsätzliche Bedürfnisse (Verkehr macht Denkmäler kaputt, Teil IV: Bewahrt die Bergstadt! / Auch der Verkehrsclub Deutschland lehnt die Parkierungsanlage am Michelsberg ab / Appell der Bürger: Bewahrt die Bergstadt! / Parken und Verkehr im Berggebiet / Protestaufruf: Wir werden überfahren / Parken am Berg: “Konzept” undurchsichtig, Anzahl der Parkplätze widersprüchlich).
Drei Säulen noch nicht stabil
Das Projekt „Urbaner Gartenbau“ blickt in eine Zukunft voller Herausforderungen. Einiges bleibt im Argen. Besonders bei genauerer Betrachtung der drei Säulen, auf die der „urbane Gartenbau“ fußt: Vermittlung, Vermarktung und Flächennutzung.
Gemeinsam mit der Aussichtsplattform „Gläserner Turm“ trug vor allem das Gärtner- und Häckermuseum erfolgreich zur Bewusstseinsförderung bei den Bambergern bei. Die Landesgartenschau informierte darüber hinaus – die Vermittlung der Gärtnerstadt also ein voller Erfolg.
Auch bei der Vermarktung ist seit Projekteinführung ein Teilerfolg erzielt worden. 18 Bamberger Gärtnerfamilien haben sich zur „Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner“ zusammengeschlossen (hier) und veranstalten nach dem positiven Feedback im letzten Jahr am 28. April zum zweiten Mal einen Tag der offenen Tür. Doch dies allein dürfte nicht reichen, um den Gärtnern ein Auskommen zu sichern.
Hinsichtlich der Flächennutzung wurde mit der 2010 gegründeten Süßholz-Gesellschaft ein weiterer Schritt in die richtige Richtung eingeschlagen. Nach Jahren der Kultivierung zu Schauzwecken wurde der seit dem Mittelalter in Bamberg gepflegte und in Deutschland einzigartige Süßholzanbau wiederbelebt. Da jedoch der Anbau für einzelne Gärtner ökonomisch riskant ist, greift die Stadt Bamberg, genauer das Zentrum Welterbe (ZWB), den Gärtnern unter die Arme. Durch Pachtung brachliegender Flächen können im Auftrag der Stadt Interessenten den Süßholzanbau vorantreiben. Auf dem Gelände der Landesgartenschau wurden 250 Quadratmeter Süßholzpflanzen als Schaufläche präsentiert. Diese sollen nun in die Gärtnerstadt „umgesiedelt“ werden. Aktuell befinden sich die Süßholz-Gesellschaft und das ZWB in Verhandlungen mit Eigentümern möglicher neuer Anbauflächen.
Blockrandbebauung um die städtischen Gärtnerflächen als besondere Herausforderung
Die bis heute erhaltene Blockrandbebauung in der Gärtnerstadt (siehe Bild oben) ist auch wegen der kleinflächigen Parzellierung eine besondere Herausforderung für eine intensivere Umsetzung der Flächennutzung. Diese Kleinteiligkeit ist Teil der Besonderheit. Eine Besonderheit, die weltweit zukünftig von noch größerer Bedeutung werden dürfte, denn die Zunahme von Großgrundbesitz hat erschreckende Ausmaße angenommen. Laut eines aktuellen Berichtes in der ZEIT ist die Hälfte des Agrarlandes in Europa im Besitz von drei Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe. Im Bamberger Gärtnerland wurde eine Bebauung in zweiter und dritter Reihe – wie jahrzehntelang angepeilt – seit der Unterschutzstellung verhindert. Scheinbar gibt es vermehrt Anfragen zur Nutzung der in der Vergangenheit brach gelegenen Flächen. Diese sind jedoch nur durch Hauseingänge betretbar, die sich in privater Hand befinden. Die Hausbesitzer zeigen Interesse an der Verpachtung der Gartenflächen, sind jedoch nur zögerlich bereit, möglichen Pächtern Zugang zu den Flächen durch ihre eigenen Häuser zu gewähren. Überzeugungsarbeit muss hier noch geleistet werden.