Es ist ein Satz – es ist der Satz, den engagierte Bürger aus anderen Stadtteilen Bambergs ebenfalls unterzeichnen können: „Seit Jahrzehnten ringe man um eine Lösung, habe Gutachten über Gutachten in Auftrag gegeben, aber jedes Konzept zu einer möglichen Verkehrsberuhigung wurde letztlich vom Stadtrat verworfen.“ Der Satz vom Verein Bewahrt die Bergstadt bringt zum einen auf den Punkt, wie heikel das Thema „Verkehr“ ist, aber auch wie achtlos Entscheidungsträger mit Ergebnissen umgehen, die nach einem von Experten begleiteten Verfahren getroffen wurden. Ist es die Ignoranz der Macht, die die Mehrheit der Stadträte – in Bamberg sind dies vorwiegend die CSU-Mitglieder – achtlos die dort getroffenen Ergebnisse übergehen. Die beiden Mediationsverfahren wurden beide Male – zwar nicht immer kommentarlos und ohne Bedauern – auf die Seite geschoben, siehe auch Aufwertung der Langen Straße von CSU-Mehrheit zu Fall gebracht.
Es ist ein Satz, der wie ein Bumerang auf die Entscheidungsträger zurückfliegen dürfte. Denn die Sensibilität für den Erhalt von Denkmäler ist hoch in einer Weltkulturerbestadt. Und die leiden enorm unter dem Verkehr. Ebenso wie die Menschen.
Auch außerhalb Bambergs wird dieses Thema diskutiert, berichtet die Süddeutsche Zeitung bereits unter dem Titel: Sorge um die Denkmalhauptstadt – Weltkulturerbe Bamberg in Gefahr. Wachen die Bamberger Entscheidungsträger auf, wenn sie von außen heftigst gerüttelt werden? Der Titel „Weltkulturerbe“ ist nicht nur ein Vermarktungsanreiz für die Touristenbranche, sondern Verpflichtung, alles, tatsächlich alles mögliche zum Schutz zu tun.
Vorstand des Vereins „Bewahrt die Bergstadt e.V.“
Der Vorstand des Vereins „Bewahrt die Bergstadt e.V.“ traf sich am 30. Juli zu einer Sitzung, um die jüngsten Entwicklungen im Berggebiet zu diskutieren. Dabei waren alle Beteiligten einhellig der Meinung, dass es für das Ziel eines sinnvollen Umgangs mit diesem empfindlichen Stadtteil bisher immer nur Rückschritte gegeben habe. Zwar sei allen Mitgliedern des Stadtrats bewusst, dass die Verkehrsprobleme im Berggebiet dringend einer Verbesserung bedürften. Seit Jahrzehnten ringe man um eine Lösung, habe Gutachten über Gutachten in Auftrag gegeben, aber jedes Konzept zu einer möglichen Verkehrsberuhigung wurde letztlich vom Stadtrat verworfen. Zuletzt führte man mit großem Aufwand 2009/2010 das Mediationsverfahren „Mobilität im Bergebiet – Lösung der Verkehrsprobleme“ durch, an dem fast 40 Bürger und Interessenvertreter in enger Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Fachleuten intensiv diskutierten und eine ganze Reihe von Lösungsvorschlägen einbrachten.
Die Grundlage aller Diskussionen war die Erkenntnis, dass das Berggebiet durch zahlreiche Institutionen (Schulen, Kindergärten, Kinderhorte, Internate, Altersheime, die Nervenklinik St. Getreu, das Erzbischöfliche Ordinariat mit zahlreichen Dienststellen usw.) derart belastet ist, dass eine weitere Verdichtung durch zusätzliche Einrichtungen nicht mehr hingenommen werden kann. Darüber hinaus waren sich alle Teilnehmer einig, dass es zwingend nötig sei, geeignete Maßnahmen zu einer sinnvollen Regulierung und Beruhigung der Verkehrssituation durchzuführen.
Zwei Jahre später – resümierte der zweite Vorsitzende Prof. Dr. Achim Hubel – haben sich die Verhältnisse in katastrophaler Weise verschlechtert. Trotz aller Beteuerungen, das Berggebiet in Zukunft zu verschonen, hat der Stadtrat die Einrichtung weiterer Institutionen genehmigt. So wurde die Caritas-Altenpflegeschule vom Haingebiet in das Haus St. Elisabeth verlegt. Man versprach vorher zwar, die Schülerinnen und Schüler durch günstige Angebote auf den ÖPNV zu verweisen – aber dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Gegenwärtig wird das Propsteigebäude von St. Getreu zur städtischen Musikschule umgebaut, ohne dass vorher überzeugend geklärt wurde, wie die 1200 Schülerinnen und Schüler transportiert werden sollen – da wird der Verkehr in beängs-tigendem Ausmaß noch einmal zunehmen. Und neuerdings wird der Südflügel des Abtei-gebäudes von St. Michael saniert, um einige städtische Dienstellen aufzunehmen – auch hier ohne Klärung der Verkehrsproblematik. Zusätzlich entstehen seit Jahren ständig neue private Wohnhäuser und Wohnanlagen im Berggebiet, so dass die Verkehrsdichte ununterbrochen steigt.
Während aber auf der einen Seite der Stadtrat ständig neue Verdichtungen im Berggebiet genehmigt, werden vom gleichen Stadtrat systematisch alle Maßnahmen abgelehnt, die auf eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse abzielen. Nachdem der Stadtrat bereits 2012 einen Vorschlag aus dem Mediationsverfahren zur Verkehrsberuhigung im Berggebiet rundweg abgelehnt hatte, beschloss der Umweltsenat endlich am 16. November 2011, durch die Stadtverwaltung einen einjährigen Verkehrsversuch zu einer möglichen Diagonalsperre am Torschuster vorzubereiten. Nachdem alles vorbereitet war, lehnte der gleiche Umweltsenat in seiner Sitzung am 10. Juli 2012 diese von ihm selbst beschlossene Maßnahme wieder ab! Seit 30 Jahren wurden immer wieder Schritte eingeleitet, Gutachten in Auftrag gegeben, Bürgerbeteiligungen durchgeführt und Maßnahmen vorgeschlagen – aber bisher wurde nichts, aber auch gar nichts davon im Berggebiet umgesetzt, ja nicht einmal probehalber versucht!
Merken die beteiligten Stadtväter denn nicht, dass sie sich mit ihrer Unfähigkeit, irgendetwas konstruktiv zu entscheiden, allmählich lächerlich machen?
Als einziger Gewinn von erheblicher Bedeutung aus dem Mediationsverfahren kann die Forderung nach der Einführung einer kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung bezeichnet werden, für die eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer gestimmt hatte. Zuletzt hatte eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie ergeben, dass sich die Autofahrer an die vorgegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen in Bamberg kaum halten, manche sogar komplett ignorieren – ein verheerendes Zeugnis für die Missachtung eindeutiger Verkehrsvorschriften durch die Autofahrer. Der Stadtrat sollte darüber in seiner Sitzung am 26. Juli 2012 entscheiden. OB Starke setzte den Tagesordnungspunkt jedoch kurzfristig wieder ab, weil die Stadträte der CSU vor einer „Abzocke von Autofahrern“ warnten und es sich abzeichnete, dass sie mit ihrer Mehrheit den Antrag ablehnen würden.
Damit drohe die Gefahr, dass sich die Stadt weiterhin als zahnloser Tiger darstelle und die Lebensqualität der Anwohner, das Sicherheitsempfinden der schwächeren Verkehrs-teilnehmer und die Bausubstanz der historischen Gebäude dem Wunsch der „freien“ Bürger nach freier Fahrt opfere, fasste der erste Vorsitzende Michael Rieger zusammen. Viele Autofahrer verlören am Steuer leider häufig jeden Respekt gegenüber dem Wert des Weltkulturerbes und der Würde der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer. Die mittlerweile zur Gewohnheit gewordene, rücksichtslose Missachtung der Verkehrsregeln zu Lasten der Anwohner und die Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer seien keine Kavaliers-delikte, sondern gesetzeswidrige Straftaten, die geahndet werden müssten. Es sei zu hoffen, dass auch die Stadträte der CSU endlich zur Besinnung kämen und dem oft grob fahrlässigen, manchmal geradezu lebensgefährlichen Verhalten der Autofahrer endlich einen Riegel vorschöben.