„Wir brauchen ein dynamisches Verkehrskonzept“

 Redaktion

Riss in der Fassade der Villa Wassermann. Foto: Erich Weiß

Am Montag gelang dem Bundestagsabgeordneten Sebastian Körber (FDP) das, was sich Bewohner verkehrsgeschädigter Häuser, v.a. die der südlichen Promenade und der Nonnenbrücke, von der Stadt Bamberg schon lange wünschten: ein Gespräch mit den Betroffenen und eine Besichtigung der Bauschäden. Zwar hat sich v.a. Frau Hochmut als Besitzerin der Villa Wassermann, das Einzeldenkmal mit jüdischer Geschichte am Zwickel zwischen Promenade und Willy-Lessing-Straße, um Gespräche innerhalb der Stadtverwaltung immer wieder bemüht und diese auch führen können, aber doch nie in der notwendigen übergreifenden Ämterverknüpfung und -kompetenz. In der Tat betrifft die Situation an der südlichen Promenade nicht nur verkehrsrelevante Aspekte, es geht um mehr: um die Erhaltung und Integrität eines bedeutenden Denkmals jüdischer Geschichte in der Vorkriegszeit als Bankhaus, während der Arisierung, aber auch im Umgang in der Nachkriegszeit bis heute; um die Bauschäden an historischen, stadtbildprägenden aber auch modernen Gebäuden durch den zunehmenden Verkehr, v.a. durch den Schwerlastverkehr und Busse, die an verschiedenen Stellen innerhalb des Welterbes eklatant zu Tage treten; um den Umgang mit dem Massentourismus, in diesem Fall mit dem durch die Flussschiffe; um einen ökonomischen und ökologischen öffentlichen Nahverkehr.

An der Nonnenbrücke sind es vor allem LKWs und Busse, die zwar jüngst ein Schild zum Halten vor der Ampel bekommen hätten, die aber nun ein dreifaches Beben im Haus auslösen (hier).

In der Villa Wassermann Ursula Medenwald vom Hotel Messerschmitt, MdB Sebastian Körber (FDP), Andrea Hochmuth (Villa Wassermann), Werner Schauer (Promenade 1a). Foto: Erich Weiß

Zum einen kommen auf die Stadtwerke durch den Beitritt zum VGN weitere Anforderungen zu, die Kapazität des ZOB ist an seine Grenzen gestoßen und der Ausbau des ROB für den regionalen Omnibusverkehr am Bahnhof ist wegen fehlender freier Grundstücke nichts mehr als Zukunftsmusik – außer man reißt das fast leerstehende Atrium ab (Der Regionale Omnibusbahnhof (ROB)). Derzeit ist ein immens steigender Busverkehr an der Promenade zu beobachten, obgleich von städtischer Seite dies mehrfach abgewiegelt wurde.

Riss über dem Eingang von Hörgeräte Seifert. Foto: Erich Weiß

Bürgermeister Hipelius (CSU) „Das ist so und das bleibt so“

Zum anderen sind die Bauschäden und Rissbildungen seit 2010 bei den anliegenden Gebäuden in Richtung Promenade – und nur nach dort und nicht an anderen Seiten der Häuser – eklatant und kein singuläres Problem. Bei der Stadt wisse man um die Schäden, doch tue nichts. Ein geländeübergreifendes – und dringend notwendiges – Gutachten der öffentlichen Straße Promenade und der anliegenden Gebäude werde aus finanziellen Gründen von Seiten der Stadt nicht weiter verfolgt. Stattdessen bewerte man die Testphasen mit den zusätzlichen Flusstouristen-Bussen als positiv. Bürgermeister Hipelius (CSU) wurde sogar mit den Worten „Das ist so und das bleibt so“ zitiert.

„Man muss den Maßstab auch bei den eigenen Vorhaben anlegen!“

Körber forderte, nicht zuletzt aus seinen Erfahrungen als Mitglied des Lenkungskreises „Bahnausbau“, ein Hochmaß an Sensibilität im Umgang mit dem Welterbe. Was man von der Bahn einfordere, könne man nicht selbst vernachlässigen. „Man muss den Maßstab auch bei den eigenen Vorhaben anlegen!“ Die Stadt benötige eine Vision im Umgang mit dem geschützten Welterbe und hierfür sei ein umfassendes Verkehrskonzept unabdingbare Voraussetzung. Es dürfen keine Konzepte aus den 1970er Jahren zugrunde gelegt werden, denn hinsichtlich der Mobilität und der Verknüpfung der verschiedenen Fortbewegungsmittel habe sich enorm viel getan. Bewährt haben sich hierbei dynamische Konzepte, die bedarfsgerecht immer wieder angepasst werden können. Auch er halte eine fachmännische Begutachtung des Straßen- und Baugrunds für dringend erforderlich und werde sich hierfür einsetzen. In diesem Zusammenhang wird er sich mit dem Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Prof. Greipl, ins Benehmen setzen. Des weiteren müssen sich alle Beteiligten, die Anwohner sowie die relevanten Ämter zusammen setzen. Als Sofortmaßnahmen schlug er eine Prüfung der Linien und Strecken vor sowie den Einsatz kleinerer Busse. Auch benötigen Durchmesserlinien in der Regel 50–60 % weniger Raum. Man müsse sich auf den Bahnhof als Knotenpunkt konzentrieren, dessen Lenkungsfunktion stärken und dabei den zweiten Punkt, den ZOB, entlasten. Dies diene auch der Attraktivitätssteigerung der bislang zu wenig beachteten Linien aus dem Umland. Derzeit nutzen viele potentielle Bahnkunden aus dem Umland das Auto, weil der Zeitverlust wegen des Umwegs über den ZOB so groß ist. Als Mitglied des o.e. „Lenkungskreises Bahnausbau“ werde er diesbezüglich nach dem ursprünglich dafür vorgesehenen Grundstück fragen (ROB).

MdB Sebastian Körber im Hotel Messerschmidt. Foto: Erich Weiß

Die von Körber inspizierten Bauschäden im Anwesen des Hotels Messerschmidt sowie in der Villa Wassermann deuten zum einen auf ein Absinken von Außenwänden in Richtung der Straße Promenade und sind zum anderen Resultate der Erschütterungen.

Fazit: Engagierte Bürger werden gezwungenermaßen zu Fachleuten, müssen sich in komplexe Strukturen einarbeiten. Tun sie das, v.a. wenn es nicht um singuläre Eigeninteressen geht, sondern dem Gemeinwohl dient – und das wurde bei diesem Treffen sehr deutlich – sind sie ein Gewinn für eine Stadt. Die Erschütterungen sind überall im Welterbe spürbar, der Verkehr in nahezu jeder Straße problematisch und die historischen Besonderheiten in vielen Ecken noch unerkannt. Hierzu regte Körber einen runden Tisch aller Beteiligten an sowohl der betroffenen Hausbesitzer wegen der zunehmenden Lärm- und Abgasemmissionen und der Zunahme der Bauschäden als auch zur konsequenten Vernetzung von Stadt-, Regional-, Vertragsbusse, Bahn, Fahrrad (Fahrradparkhaus). Auch die Stadtwerke gehören hier mit an den Tisch, da deren Defizite mit einem Rückgang der Fahrgäste-Anzahl in den letzten 5 Jahren um 2,1 Millionen beträchtlich ist. Ein Umdenken und ein Umbau der Busflotte dürfte für den städtischen Haushalt von immenser Bedeutung sein.

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Der Regionale Omnibusbahnhof (ROB) / Flusstourismus: Schiffpendelverkehr vom Hafen in die Innenstadt / Mehr Weltkulturerbe durch weniger Verkehr / Alle Busse könnten von der südlichen Promenade weg / Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht! – Reaktion auf Ilk-Interview / Busse an der Promenade: Interview mit Baureferent Michael Ilk / Verkehr macht Denkmäler kaputt, Teil III / Verkehr macht Denkmäler kaputt – die Bahn setzt den Weltkulturerbetitel aufs Spiel – die Stadt auch / Mit der Langen Straße muss etwas passieren! / Die Bahn: Wie die Taliban mit dem Harvester durchs Weltkulturerbe, Sind die Bamberger Straßen der Innenstadt für Lastverkehr ausgelegt? / Verkehr macht Denkmäler kaputt / Touristenbusse versus Denkmäler jüdischer Kultur.

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