Stadtraum in Bamberg: Ecke Promenade / Franz-Ludwig-Straße

Christiane Hartleitner

„Provokant und anregend: Eine Nürnberger Ausstellung vergleicht deutsche Stadtplätze einst und jetzt. Schuld an den zutagetretenden architektonischen Grausamkeiten waren dabei gewiss nicht nur die Weltkriegsbomben.“ So beginnt Gerhard Matzig seine Besprechung der Ausstellung im Nürnberger Stadtplanungsamt „Plätze in Deutschland 1950 und heute“ in der SZ unter dem Titel „Plätze in Deutschland und heute in der Vorhölle der Erbärmlichkeit“. Anregung, um gegenwärtige stadtplanerische Nichtplanungen an stadtbildprägenden Orten und Plätzen in Bamberg aufzugreifen. Und ein Vorher-Nachher-Nebeneinander zu probieren. Zum Beispiel an der Promenade in Richtung Franz-Ludwig-Straße. Inmitten des Welterbes und als Teil des Quartiers an der Stadtmauer heftig diskutiert.

Franz-Ludwig-Straße. Foto: Christiane Hartleitner

Franz-Ludwig-Straße. Foto: Christiane Hartleitner, 2014

Die Franz-Ludwig-Straße wurde in ihrer gesamten Länge bis fast zum Wilhelmsplatz erst 1865 angelegt, ihr Teilbereich zum Grünen Markt lag noch innerhalb der Stadtmauer und hieß „Garküchstraße“, ein Hinweis auf die Garküche, die zwischen Grüner Markt 24 und 26 lag und 1866 abgebrochen wurde. Sie war Sackgasse und endete in Richtung heutiger Promenade mit einer platzartigen Erweiterung, an der auch das ehemalige Malefizhaus, auch „Drudenhaus“ genannt, lag – ein Ort, wo das Leiden und Sterben der unter der Hexenverfolgung geplagten Menschen keinerlei Erinnerung aufzeigt und doch nicht vergessen ist.

Nach dem Bahnhofsbau 1844 und seiner Anbindung an die Inselstadt durch die Sophienbrücke 1865 und die Sophienstraße (heute Willy-Lessing-Straße) begann die östliche Erweiterung der Inneren Inselstadt. Die Garküchstraße wurde als neue Franz-Ludwig-Straße rechtwinklig auf die Sophienstraße geführt. Damit wurde die Promenade zum Bauplatz einer ganzen Reihe nachklassizistischer Bauten. Franz-Ludwig-Straße 12 gehört mit seiner Erbauungszeit 1867 zu den ersten Häusern dieser Straße und des neuen Platzes. Mit seiner flachen Dachprofilierung charakterisiert es diese Ecksituation und wirkte mäßigend auf die übrige Platzbebauung.

Franz-Ludwig-Straße. Foto: Christiane Hartleitner

Franz-Ludwig-Straße 12 (rechts). Foto: Christiane Hartleitner, 2014

Stadtmauerreste Franz Ludwig Straße

Stadtmauerreste Franz Ludwig Straße 12       Foto: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken Stadt Bamberg Stadtdenkmal und Denkmallandschaft, 1. Stadtentwicklungsgeschichte

Das Eckhaus Franz-Ludwig-Straße 12 entstand 1867, an der südlichen Parzellengrenze sind laut Bauforschung noch Teile des Stadtmauerzugs erhalten. Seine Errichtung an prominenter Stelle sollte maßgeblich für die Bebauung der Franz-Ludwig-Straße mit den Traufhöhen werden. Das Gutachten zu dieser prägenden Eckbebauung wurde unter dem vorausschauenden Amt des Hauptkonservators Dr. Peter Pause beauftragt und bereits 1995 von Dr. Rembrand Fiedler und Elisabeth Heil erstellt. Dort heißt es u.a.: „Das prägende Gebäude im Ensemble … ist ein dreigeschossiges historistisches Wohnhaus mit Laden in abgeknicktem Grundriß, der einerseits an der Ostflanke des ehem. Gartens, andererseits an der neuen Baulinie der Franz-Ludwig-Straße und mit seiner südlichen Begrenzung am alten Wegesystem des Gartens orientiert ist. Rückgebäude an der Stadtmauer, die noch 8–9 Fuß hoch steht und 3 Fuß stark ist. auf dem Gelände des ehemaligen Stadtgartens, auf dem Eckgrundstück der neuen Franz-Ludwig-Straße / Promenade … 1904 (Metzner) Fassadenänderung am Eingang zur Franz-Ludwig-Straße … 1930 Fassadenänderung an der Promenadenstraße: 2 Fenster zu Schaufenstern … 1958 Zwischenbereich zw. Haupt- und Rückgebäude (Treppe der 50er Jahre) … 1968 Verkaufshalle im Eingangsbereich und Ladenumbau (EG-Entkernung). Würdigung: Hauptgebäude: Bis auf das EG weitgehend erhaltenes Gebäude der ersten Bebauung der 1865 angelegten Franz-Ludwig-Straße. In seiner relativ bescheidenen spätklassizistisch-historisierenden Gliederung repräsentiert es die angehende „Gründerzeit“ in Bamberg. Städtebaulich wichtiges historisches Eckhaus an entscheidender Stelle. Es ist nicht nur der Eckbau an der Einmündung von Franz-Ludwig-Straße und Promenade, an dem sich die Baulinie der Franz-Ludwig-Straße und des ehem. Stadtgartens artikuliert. Sondern es hat auch wegen der Einziehung der schmaleren südlichen Promenade (wg. ehem. Stadt-Garten) für den breiteren nördlichen Teil der Promenade die Wirkung einer historischen Platzwand und Raumgrenze. Es ist damit unverzichtbarer Ensemblebestandteil für den Bereich Promenade/Franz-Ludwig-Straße. Die Nebenanlagen, in ihren einzelnen Bestandteilen von unterschiedlichster Qualität verunklären durch ihre Vielzahl und Überlagerung die ehem. Parzellengrenzen. Einige von ihnen markieren noch die beiden ehem. Stadtmauerverläufe (Reste der Stadtmauern möglicherweise erhalten) sowie die Grundstücksgrenze zur Promenade hin.“

Die bauforscherische Untersuchung von Kohnert/Büro für Bauforschung im Auftrag des Projektanten – die bislang in diversen, aber entscheidenden Schubladen offenbar Staub ansetzt – bestätigte diese Erkenntnisse und erweitert den Blick auch auf das Dach mit der sogenannten Drempel-Konstruktion, um den Dachraum optimal zu nutzen, die Trauflinie zu erhöhen und damit das Dach optisch flach zu halten, was dem klassizistischen Ideal entsprach. Die Bauweise wird als solide und die Konstruktion als musterhaft bezeichnet, wie sie später in den Lehrbüchern auftaucht.

Das Haus ist Eigentum der Sparkasse Bamberg

Das Haus ist Eigentum der Sparkasse Bamberg, die großzügigen Wohnungen in den Obergeschossen in gutem Zustand stehen seit ca. 2004 leer. Das stadtbildprägende Eckhaus steht zur Disposition, das heißt, es ist zum Abriss freigegeben, für eine Neubebauung für das „Quartier an der Stadtmauer“.

Franz-Ludwig-Straße, Ansicht Plan Laren Development

Franz-Ludwig-Straße, Ansicht Plan Laren Development

Der Investor Laren Development hat gemeinsam mit dem Architekturbüro Dounges und Fischer aus Regensburg einen ersten Planungsentwurf vorgelegt (siehe Bericht Quartier an der Stadtmauer: hohe Erwartungen) und für den zu errichtenden Neubau die Traufhöhe der Nachbarhäuser 3/5/7 übernommen. In seiner Masse droht er die Eckbebauung zu sprengen und wurde daher vom Stadtrat in seiner Sitzung vom Januar 2014 zur Überarbeitung zurückgewiesen. Eine Gelegenheit für das Bamberger Bauamt und die Denkmalämter, nochmals grundsätzlich über Verträglichkeit im Welterbe nachzudenken und dem Haus eine Chance zum Erhalt einzuräumen. Ein Erhalt auch der großzügigen, geschwungenen Freitreppe aus den 50er Jahren, die hinter hölzernen Bauzäunen hinter „Da am Eck da“ ein elendes, nichtsdestrotrotz bis heute repräsentatives Dasein führt.

Die oben besprochene Ausstellung in Nürnberg kann und muss Ansporn für ein Nach- und Umdenken sein. Nein, nicht nur die Zerstörungen durch den Weltkrieg haben unsere Städte zerstört, auch „architektonische Grausamkeiten“ prägen das Bild unserer Städte – bis heute.

___________________

Quartier an der Stadtmauer: hohe Erwartungen / Nächste Runde “Quartier an der Stadtmauer” / Quartier an der Stadtmauer: Die Bürger fordern Bewahrung der Denkmäler / Quartier an der Stadtmauer: Totgeburt oder Quadratur des Kreises? Gibt es Auswege aus dem absoluten Planungsdilemma? / Quartier an der Stadtmauer – Neue Ideen für ein altes Viertel / Masterplan Innenstadt: Bürgerbeteiligung erwünscht oder nicht? / Ein Desaster: Wenn ein Investor Geschichte erlebbar machen will / Quartier an der Stadtmauer: Landesdenkmalrat wird im Herbst erneut beraten / “Dann sollen sie halt klagen …” / Die Bausünden der Sparkasse / Podiumsdiskussion zu Neuem Bauen in alten Städten / Verraten wir unser Erbe? / Masterplan Innenstadt: Bürgerbeteiligung erwünscht oder nicht? / Verkehr macht Denkmäler kaputt – die Bahn setzt den Weltkulturerbetitel aufs Spiel – die Stadt auch / Welterbe-Zentrum unterm Dach und Shopping-Mall im Basement

2 Gedanken zu „Stadtraum in Bamberg: Ecke Promenade / Franz-Ludwig-Straße

  1. Wie leichtfertig mit historischer Bausubstanz umgegangen wird, ist immer wieder erschreckend.

    Wer meint, man könne die unauffälligeren alten Gebäude wie an der Hellerstraße oder „Da am Eck“ einfach opfern, möge sich einmal die Städte des Ruhrgebietes ansehen, dort wurde fast Alles konsequent modern gestaltet…

    Noch nicht einmal eine einfache Aufstockung wurde offenbar erwogen.
    Bamnberg ist eine der wenigen Städte, die nach dem 2. Weltkrieg ihren Glanz bewahrt haben – und dies wird Stück für Stück (Abrisse für C&A, Theatergassen, den Sparkassen-Komplex aus den 70ern, das potthässliche Atrium, Kreiswehrersatzamt,.. zerstört, nebenbei, was die Spakasse ein paar Meter weiter mal wieder hingeklotzt hat, ist auch nicht gerade architekturpreisverdächtig…).

    • werter freund koch

      wenn die spaßkasse etwas will, kann die stadt schlecht nein sagen. wo sonst sollten die nächsten kredite herkommen?

      aber mal butter bei die fische
      der glaspalast sieht nicht nur grottenscheiße aus. er ist sogar illegal und mit dubioser abstimmung beschlossen worden. mit falschen bilder wurde der eindruck erweckt, dieses monster behindert keine sicht in den hain. klar – wenn man von der falschen straßenseite fotografiert. und dann ist es illegale grenzbebauung, die aber genehmigt wurde, weil es für das gleiche haus schon eine gesetzesübertretung gab: die treppe zum schutzkeller.

      also wurde eine „straftat“ durch eine neue legalisiert? und noch ein satz zur genehmigung selbst. soweit zu lesen war, stimmten alle stadträte ab – trotz geschäftlicher verknüpfung mit dieser bank. sogar geschäftskonten und kredite haben einige laufen. somit hätten sie niemals an der abstimmung teilnehmen dürfen.
      das gilt erst recht für den Aufsichtsratsvorsitzenden der spaßkasse, dem oberbürgermeister starke.

      aber wenns um geld(verschwenden) geht, hört bei der sparkasse das hirn auf. geltungssucht regiert – wie beim bambados

Kommentare sind geschlossen.