Kreativzentrum für Jugendkultur in der Wolfsschlucht?

Redaktion
Schall. Foto: Erich Weiß

Schall – Graffiti in der Luitpoldstraße. Foto: Erich Weiß

Der „Runde Tisch – Jugendkultur“, der nach Protesten von Bamberger Jugendlichen 2013 (Demonstration: Bier bis vier oder Kultur braucht Zeit?) von der Stadt eingerichtet wurde, stellte vor allem eine prekäre Raumsituation fest. Nun kam die Mehrheit der Teilnehmer des Runden Tischs auf die Idee, prüfen zu lassen, ob die mittlerweile leer stehende ehemalige Jugendherberge Wolfsschlucht als Kreativzentrum für junge Menschen geeignet sei. Deshalb hatte man ja auch schon ein Architekturbüro zu umfangreichen Planungen beauftragt, die ca. 450.000 € verschlungen haben.

Wolfsschlucht für sozio-kulturelles Kreativzentrum nicht geeignet

Doch die Wolfsschlucht ist offenbar für eine so genannte große Lösung, d.h. öffentliche Veranstaltungen mit Lesungen, Theater, Workshops, musikalische Veranstaltungen etc., nicht geeignet, sondern nur für eine kleine Lösung, die lediglich die Bereitstellung von Probe- und Übungsräumen beinhaltet. Eine Ortsbegehung von Kulturreferat und Immobilienmanagement mit fachlicher Beratung der Herren Volker Wrede (Live Club) und Günther Oppel (Morph Club) kam zu dem Ergebnis, dass Publikumsverkehr vor allen Dingen aus Sicherheitsgründen und Vorschriften zum Brandschutz oder nötige Fluchtwege nicht möglich ist. Für die Bereitstellung von 15–20 Probe- und Übungsräume brauche man – nach Darstellung des Sitzungsvortrags im Kultursenat – ein Betriebs- und Belegungskonzept. Dieses soll insbesondere den personellen und sachlichen Aufwand für den laufenden Betrieb feststellen sowie eine realistische Kostenschätzung. Die „Fachleute aus dem Veranstaltungsgeschäft“, Wrede und Oppel, haben nun angeboten, solch ein Betriebs- und Belegungskonzept – für ein Honorar von 7000 bis 10.000 € – zu entwickeln.

Die Diskussion im Stadtrat begann hinsichtlich der finanziellen Zusage für den anwesenden Günther Oppel recht hoffnungsvoll, denn Dr. Lange von der CSU mochte diesem Vorschlag zustimmen. Herr Metzner von der SPD schloss sich Dr. Lange an, möchte aber die Innovative Sozialarbeit (ISO) einbinden und bittet die Honorarforderung zu erläutern.

Morph-Club Betreiber Günther Oppel sichert zu, ISO und Universität, mit denen es schon Gespräche gab, in sein zu erstellendes Konzept einzubinden und begründet die hohen Kosten vor allen Dingen durch den Zeitaufwand und die nötige „schallakustische und -technische Ausmessung“, außerdem müsse noch ein Belegungsplan erstellt werden, unter der Berücksichtigung des Ruhebedürfnisses des dann in der Wolfsschlucht lebenden Hausmeisters.

Können mehrere Räume gleichzeitig mit Bands besetzt werden?

Ursula Sowa von der GAL „habe so etwas noch nicht erlebt, ohne Stundenschätzung und Konzept eine derartige Honorarforderung zu stellen“. Einfacher und vor allen Dingen kostenlos wäre etwa ein Aufruf im Rathaus Journal mit der Frage, wer Räume und wozu benötige. Aufgrund der Rückmeldungen wäre es doch ganz einfach, einen Belegungsplan aufzustellen. Sie fordert eine 2. Lesung, bei der man eine Aufschlüsselung der hohen Kosten erwarte.

Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern sieht in der geplanten freihändigen Vergabe von 10.000 € ein Fass ohne Boden. Außerdem weist er auf die Erfahrungen vor 30 oder 40 Jahren mit dem Jugendzentrum und sieht ein Scheitern einer Selbstorganisation voraus. Aus diesem Grunde möge die Verwaltung ein Konzept erstellen.

Ursula Sowa gab noch zu bedenken, dass ohne Aufsichtspersonal das Gebäude wohl in kurzer Zeit große Schäden erhalten würde. Sabine Sauer bescheinigte solch einer Vorgehensweise ebenfalls eine Abfuhr, dann folge nach 3–4 Jahren der Abriss des Hauses.

Hippelius: „Für 3–4 Jahre a weng was machen“

Daniela Reinfelder geht grundsätzlich ans Thema und stellt fest, dass eine Konzepterstellung Teil einer Baumaßnahme ist und im Kultursenat gar nichts verloren habe. Man habe doch erst kürzlich für viel Geld Planungen erstellt, hat man da kein Betriebskonzept erstellt? Herr Wonka vom Immobilienmanagement bekräftigte, dass sein Amt sich dies nicht zutraue und die Fragen beantwortet haben wolle: Wer passt auf? Wer kommt rein? Wer geht raus? Frau Reinfelder stellt weiterhin fest, dass eine Nachfrage im Jugendzentrum zu dem Ergebnis kam, dass die dortigen Probenräume für Bands lediglich zu 20 % ausgelastet sind.

Der Belegungsplan für die Räume im Jugendzentrum ist ein öffentlich einsehbarer Terminkalender, in dem vermerkt ist, wann die Räume von wem benutzt werden und wann die Räume frei sind – so einfach ist das!

Oppel: „Meine Gedanken will ich bezahlt haben, Wrede auch. Wir haben auch schon eine Idee, wer als Hausmeister da wohnen soll“

Nun spricht sich auch Dr. Lange von der CSU für eine 2. Lesung aus. Günter Oppel, im Wahlkampf als Stadtratskandidat der SPD als „Der Kulturschaffende“ bezeichnet, will auch bei der 2. Lesung kein Konzept dabei haben, denn wenn er auflisten müsste, wieviele Stunden und welche Tätigkeiten er ausführen will, benötige er Zeit – und dafür müsste er Geld verlangen. Die Abstimmung die Angelegenheit in die 2. Lesung zu verweisen wurde mit 2 Gegenstimmen mehrheitlich angenommen.

Insgesamt schien dieser Tagesordnungspunkt denkbar schlecht vorbereitet, nicht nur die dilettantische Herangehensweise des „Kulturschaffenden“. In der Wolfsschlucht besitzt die Stadt Bamberg ein Haus, will ihm eine Nutzung abringen, versenkt eine Summe im mittleren sechs-stelligen Bereich, wirft noch mehr hinterher und kann es doch schlecht mit Leben füllen. Am selben Nachmittag wurde die Thematik zum Kesselhaus diskutiert. Hierbei gibt es mehrere engagierte Vereine mit einem tragenden Konzept, jahrelang bewährt und einer generationenübergreifenden Attraktivität. Mit einem kleinen Budget wird dort Kunst und Kultur praktiziert, doch die städtischen Behörden tun sich schwer, den Engagierten das Haus zur Verfügung zu stellen.

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Demonstration: Bier bis vier oder Kultur braucht Zeit? / „Meine Nächte gehören mir“ – Studenten gründen Initiative gegen die Sperrstunde Es bedarf schon einer gewissen Dreistigkeit, wenn eine Gruppe behauptet: „Die Nacht gehört UNS!“ / Bekommt nun auch Bamberg seinen Hörl? – In Zeiten knapper Etats für Kunst und Kultur nehmen die Verteilungskämpfe zu. / Laut Bertram Felix ist Bauunterhalt eine freiwillige Leistung: Das Gezerre ums Kesselhaus geht in die nächste Runde – “Kulturbürgermeister” Hipelius hat diesen Namen nicht verdient