Stadtratswahlen: Zukünftig dürfte es mehr um Inhalte gehen

Redaktion
You Xie (CSU). Foto: Erich Weiß

You Xie (CSU). Foto: Erich Weiß

CSU: Ente gut! – alles gut?

Die Klettertour von Platz 29 an die erste Stelle nahm You Xie im Flug. Von Stimmbezirk zu Stimmbezirk stieg die Summe seiner Fans. Im Laufschritt marschierte er gewohnt gut gelaunt an Bürgermeisterkandidat Prof. Seitz vorbei, ließ den Fraktionsvorsitzenden Dr. Müller hinter sich, winkte den hoffnungsvollen Markus Huml noch mal zu und klopfte gutgelaunt Dr. Lange auf die Schulter. Und nun? Alles gut? Die CSU möchte als stärkste Fraktion den Bürgermeister stellen.

Bewerberliste CSUKeine große Überraschung, aber ein Trend setzt sich fort

Lange Zeit herrschte nach dem Krieg die CSU im Bamberger Stadtrat und erreichte zum Beispiel 1946 65,94 % der Stimmen und damit 28 Sitze im Stadtrat. Und noch 2002 erhielt sie 40,89 % der Stimmen und somit 19 Sitze. Mittlerweile ist sie auf 27,51 % abgerutscht und mit 12 Sitzen nur noch eine von 3 Parteien in einem Mittelfeld ohne Spitze.

Der absolute Sieger innerhalb der CSU ist nun ein politischer Neuling, der erst 2010 eingebürgerte Chinese You Xie. Natürlich ist You Xie ein bekannter Bürger Bambergs, besitzt einen beliebten chinesischen Imbiss am Kranen, hat jedoch wenig lokalpolitische Erfahrung und doch ist es ihm gelungen, die Bewerberliste durchzumischen und altgediente Schlachtrösser auf hintere Plätze zu verweisen.

Überhaupt ist zu beobachten, dass der Wähler gezielt wählt. Kandidaten von unattraktiven, weil hinteren Plätzen wurden nach vorne gehoben, wie Anne Rudel von 27 auf 6 sowie Michael Kalb vom aussichtslosen Platz 22 auf 7. Elfriede Eichfelder schaffte es immerhin von 19 auf 11 und Franz-Wilhelm Heller, der 2009 aus Protest die Fraktion verließ, von 23 auf 12 (hier).

Insgesamt hat sich der Einsatz an Material nicht gelohnt – eine Erfahrung die für die CSU nicht neu ist.

Dr. Seitz (CSU). Foto: Erich Weiß

Dr. Seitz (CSU). Foto: Erich Weiß

SPD: Wird es so bleiben?

Hinsichtlich der Mannschaftsstärke bleibt alles beim Alten. Deren Zusammenstellung jedoch hat sich ja bekanntermaßen bereits vor der Wahl geändert (Stadtrat: Das Karussell dreht sich weiter). Ein beachtliches Ergebnis fährt der langjährige Stadtrat Heinz Kuntke ein und zieht so manchen mit. Den Fraktionsvorsitz hat er schon länger an den von der GAL eingewanderten Wolfgang Metzner abgegeben. Dieser konnte seinen gesetzten 5. Platz nicht halten, rutschte auf 8 ab. Dafür schob sich Klaus Stieringer von 7 auf 3 vor. Einen guten Lauf hatte der Junggärtner Sebastian Niedermaier von Platz 9 an letzterem noch vorbei auf Platz 2. Noch mehr Plätze, von 15 auf 7, machte Peter Süß gut und zog ebenfalls am Fraktionsvorsitzenden vorbei. Die Besetzung des zukünftigen Fraktionsvorsitzes dürfte interessant werden. Die angestrebte genderfreundliche Listenaufstellung hat der SPD-Wähler ansatzweise goutiert: 3 weibliche Bewerber konnten sich neben 7 männlichen durchsetzen.

Auch die SPD erlebte schon mal bessere Zeiten, 1972 erreichte sie als ihr bestes Ergebnis 39,96 % der Stimmen und 18 Sitze, mit ihren jetzigen 21,50 % zieht sie keinen Nutzen aus der Schwäche der CSU und bleibt bei ihrer gewohnten Stärke. Auch hier ist es ein Neuling, Sebastian Niedermaier, Ökogärtner in der Mittelstraße, dem die Partei dieses Ergebnis wesentlich zu verdanken hat.

You Xie (CSU) und Sebastian Niedermaier (SPD). Foto: Erich Weiß

Prof. Seitz, You Xie (beide CSU) und in der Bildmitte Sebastian Niedermaier (SPD). Foto: Erich Weiß

 GAL: forsch gewählte Doppelspitze

Stetig im Aufwind ist die GAL, die nun über 8 Sitze im Stadtrat verfügt und mit ihren 18,59 % in das Parteienmittelfeld aufgeschlossen hat. Hier haben sich an der Spitze die bewährten Namen festgesetzt, nämlich Ursula Sowa und Peter Gack. Zwei ehemalige Stadträtinnen, Petra Friedrich und Gertrud Leumer, und zwei neue junge Gesichter ergänzen das Team. GAL-Wähler haben Frauen bevorzugt, von den 8 Sitzen sind 5 von weiblichen Bewerberinnen besetzt. Darüber hinaus gibt es in Bamberg mittlerweile Stimmbezirke, in denen die GAL über 30 % einfährt, ein Ergebnis, das sich vor 2 Dekaden noch keiner hätte vorstellen können.

Freie Wähler

Auch die Freien Wähler stocken ihre Mannschaft auf, sie sind nun mit 4 Sitzen vertreten. Nicht zuletzt durch die Beliebtheit von Alt-Oberbürgermeister Herbert Lauer und die stetige Aufklärungen durch Dieter Weinsheimer in der WeBZet.

Bamberger Bürger Block

Absoluter Stimmenkönig war, ist und bleibt Norbert Tscherner, der insgesamt 19.411 Stimmen auf sich vereinigen konnte. Fast doppelt so viel wie der Durchläufer der CSU, You Xie und der Bestplazierte der SPD, Heinz Kuntke. Dafür zieht die Liste Bamberger Bürgerblock auch mit 4 Sitzen in den Stadtrat ein, außer Tscherner Neulinge.

Bambergs unabhängige Bürger

Die BuB tritt als neue Fraktion mit drei Sitzen an und dürfte diese vor allem der CSU entrissen haben. Sie besteht aus den bekannten Stadträten Daniela Reinfelder und Pankraz Deuber sowie dem Neuling Hans-Jürgen Eichfelder.

BaLi

Neu im Bamberger Stadtrat ist die Bamberger Linke mit immerhin 3,46 % und einem Sitz für Heinrich Schwimmbeck, dem ursprünglich zweitplatzierten.

FDP

Außerdem hat die FDP nun wieder einen Sitz im Bamberger Rat, sie erreichte 3,04 %. Besetzt wird er mit Martin Pöhner, der derzeit im Kultusministerium in München tätig ist.

Bamberger Realisten

Michael Bosch bleibt für die Bamberger Realisten im Stadtrat, die BR erreichten 3 % der Stimmen.

Interessant dürfte das zukünftige Verhalten der drei kleinen Gruppierungen werden. Suchen sie eventuell einen Zusammenschluss oder Anschluss an die nächstgrößere Fraktion. Insgesamt ist der Bamberger Stadtrat bunter, nahezu ein Drittel von Frauen besetzt, die Diskussionen dürften vielfältiger werden. Ein Durchregieren für Oberbürgermeister Andreas Starke wird in jedem Fall trotz der knappen Mehrheit dank der eigenen Stimme nicht ohne weiteres fortzuführen sein. Für die CSU war die Durchwinke-Politik der letzten Jahre jedenfalls schädlich.

Sitzverteilung

Wahlergebnis

Stadträte

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Stadtrat: Das Karussell dreht sich weiter