Redaktion
„Du bist vielleicht ’ne Marke“ – so die Überschrift des Berliner Tagespiegel, der über die Verleihung des Kulturmarkenaward als Medienpartner berichtet (hier). Ob die Berliner damit den Bamberger Chef des Stadtmarketings meinten, der die Auszeichnung „Kulturmanager 2012“ erhielt? Zuzutrauen wäre es ihnen ja, ist doch die Berliner Schnauze auch ’ne Marke. Die Hymnen auf seine Person sind bisweilen dergestalt, als könne er selbst Hinterdupfingen zum Leben erwecken, jedem verschlafenen Kaff den wa(h)ren Odem einhauchen, jedes Dornröschen wachküssen.
Was bislang weder dem Bamberger Reiter im Weltkulturerbe noch den Symphonikern noch den Basketballern gelungen ist, soll ihm gelungen sein – Bamberg „weit über die regionalen Grenzen hinaus als Kulturstadt bekannt“ zu machen?
So zumindest die Begründung der Jury (hier: Pressemappe). Außerdem sei es sein „großes Verdienst, Kulturveranstaltungen wie „Bamberg zaubert“ für mehr als eine Viertel Millionen Menschen zu organisieren ohne dabei den kommunalen Haushalt zu belasten.“ Unsere Informationen sind andere, hat er doch als Stadtrat und Mitglied des Kultursenats eine Förderung über 7.000 € beantragt und bekam diese bewilligt (siehe hierzu). Muss er nun den Award wieder zurückgeben? Ist das unerlaubtes Doping? Naja, im Radsport hat es auch viele Jahre gedauert …
Von Parteifreunden vorgeschlagen
Ausgerechnet in diesem Jahr ließ es sich der Stadtrat nicht nehmen, den städtischen Zuschuss zum Stadtmarketingverein besonders zu diskutieren. Das ist weniger dem Stadtmarketing als eher seiner Person zuzuschreiben, denn – er polarisiert. Er macht Politik. Er ist bestens vernetzt mit der Wirtschaft (was er als Citymanager auch sollte) und mit dem kleinen Regierungspartner FDP. Diese Partei hat ihm zu diesem Titel enorm geholfen. Sie hat ihn sowohl für den Bayerischen Stadtmarketingpreis (Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel, FDP) als auch für den nun verliehenen Preis (Bundestagsabgeordneten Sebastian Körber, FDP) ins Rennen geschickt. Es war absehbar, dass diese Interessenskollision mit Hilfe von Steuergeldsubvenbtionen im Graubereich des Lobbyisten nicht lange gut gehen würde. Dass dies in Bamberg einigen Stadtratskollegen missfällt, ist verständlich. Dass über ZIELE eines Stadtmarketings, das öffentliche Gelder als jährliche Zuschüsse erhält, diskutiert werden soll, ist notwendig.
Stadtmarketing erfährt reichlich Förderung durch öffentliche Gelder
Viele Vereine erhalten einen städtischen Zuschuss: Sportvereine, Kulturvereine. Der Verein Stadtmarketing erfährt reichlich Förderung. Seit Jahren über 61.000 €. Dieser Betrag stand nun im Finanzsenat zur Diskussion (FT). Wieder einmal. Andere Vereine müssen ihr Programm für die Haushaltsplanung auch darlegen, wenn sie Geld von der Stadt beantragen und so ihre Förderwürdigkeit erklären. Das ist richtig und wichtig, schließlich wird die Anzahl der Nachfragen höher und die Zusammensetzung ändert sich ständig. Das bringt das Leben mit sich, die Wandlung und die Weiterentwicklung bleibt so beständig und lebendig.
Während die GAL vor Jahren eine Einschränkung der Förderung anregte, u.a. weil deren Vorstellung der Tätigkeit von Stadtmarketing eine andere ist (Studie zeigt: City wird durch Einkaufsangebot attraktiv, nicht durch massenhaft Parkplätze / Parkplatzkrieg in Bamberg?), hat die Online Zeitung nach der Motivation der Entscheider, sprich die Mitglieder des Finanzsenats, gefragt. Der Senat setzt sich zusammen aus: Oberbürgermeister Starke (SPD), der auch der Vorsitzende ist, Bürgermeister Hipelius (CSU), Dr. Lange (CSU), Dr. Müller (CSU), Röckelein (CSU), Andres (SPD), Kuntke (SPD), Metzner (SPD), Gack (GAL), Laaser (GAL), Keidel (FB), Weinsheimer (FW), Seidl (FDP). Die vier Mitglieder der CSU und die beide der GAL stimmten gegen eine dreijährige Verlängerung, die anderen sieben dafür.
Hintergründe für die Motivation zum Abstimmungsverhalten der Senatsmitglieder:
Laaser und Gack von der GAL wollten wissen, inwieweit die Aktivitäten wirklich zu einer Stärkung von Einzelhandel und Gastronomie sowie Hotels in der Innenstadt beiträgt. Eine grundsätzliche Frage. Deren Ansicht nach enthielten weder der Sitzungsvortrag noch der Beitrag von Stieringer, der als Chef des Stadtmarketings den Bericht verfasste, aktuelle Perspektiven bzw. gingen diese auf die Frage ein, welche Form von Stadt- und Verkehrsentwicklung für eine nachhaltige und dauerhafte Belebung der nicht einmal toten Innenstadt nötig sei. Finanziell ging es der GAL um ein – wie auch immer geartetes – Runterfahren des freiwilligen Zuschusses, wie bei anderen Vereinen auch.
Die Vertreter der CSU-Stadtratsfraktion haben in der Sitzung des Finanzsenats einstimmig dafür plädiert, dass zunächst klare Ziele für die künftige Arbeit des Stadtmarketingvereins formuliert werden, bevor langfristig städtische Haushaltsmittel gebunden werden. Sie plädierte dafür, den städtischen Zuschuss in Höhe von rund 61.000,- € zunächst weiter für ein Jahr zu gewähren, um Zeit zu gewinnen, einen gemeinsamen Abstimmungsprozess zwischen Stadtrat und Stadtmarketingverein zu organisieren.
Desweiteren kritisierte sie die politische Betätigung des Geschäftsführers des Stadtmarketingvereins und forderte den Vertreter des Vorstands des Stadtmarketingvereins, Pius Schiele, in der Sitzung dazu auf, dass der Vorstand des Vereins zeitnah eine Debatte darüber führen möge, ob er nach außen hin weiter überparteilich und unabhängig auftreten kann, wenn sich der Geschäftsführer – wie in den letzten beiden OB-Wahlkämpfen – einseitig politisch positioniert.
Die persönliche Haltung von Dieter Weinsheimer (FW) zu den Aktivitäten des Stadtmarketing ist durchaus differenziert: Zunächst erkenne ich an, dass das Team um Klaus Stieringer im Sinne der bestehenden Zielvereinbarungen „Vitalität und wirtschaftlicher Erfolg der Innenstadt sicher zu stellen“ gut gearbeitet hat. Ich halte allerdings eine Neubestimmung der Ziele für notwendig, um insbesondere die Großevents im Innenstadtbereich auf den Prüfstand zu stellen. Ein Weinfest auf dem Maxplatz oder ein Jazzfestival in der Fußgängerzone müssen nicht sein. Ich persönlich halte auch Halloween-Klamauk oder den Auftritt von Weihnachtsclowns in Bamberg für nicht angemessen. Unsere Stadt muss ihre Kultur und Traditionen mehr pflegen. Es muss/darf nicht alles gemacht werden, nur weil es Profit verspricht. Ich setze auf die vereinbarte Gesprächs-runde.
Für die SPD-Stadtratsfraktion hat der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Metzner dargelegt, warum sie der finanziellen Unterstützung für mindestens drei Jahre aus vielerlei Gründen zugestimmt haben. Zunächst würden unter der Organisation des Vereins jährlich „hochwertige Kulturveranstaltungen“, wie beispielsweise „Bamberg zaubert“ oder das „Tucher Blues- und Jazzfestival“, durchgeführt. Diese Veranstaltungen würden von allen Schichten der Gesellschaft besucht und finden auch außerhalb der Stadtgrenzen viele Freunde. Besonders bemerkenswert sei, dass diese Kulturangebote für alle Besucher kostenlos sind, so dass auch sozial Schwache mit geringem Einkommen ohne Probleme am kulturellen Leben teilnehmen können. Nicht nur deswegen sei Klaus Stieringer, der Geschäftsführer des Vereins, in der letzten Woche in Berlin als „Kulturmanager des Jahres 2012“ in der Bundesrepublik ausgezeichnet worden, wozu man ihm recht herzlich beglückwünsche. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter der Institution auch im caritativen Bereich tätig, man nannte die Sammelaktionen am „Fünferless-Steg“, deren Einnahmen monatlich einer anderen Bamberger sozialen oder sportlichen Organisation zu Gute kommen. Darüber hinaus stehe Weihnachten vor der Tür. Nikolaus, das Bamberger Christkind, die Weihnachtsbeleuchtung – alles Aktionen, die vom Stadtmarketingverein organisiert, finanziert und durchgeführt würden. Bedenkt man, dass alleine die Weihnachtsbeleuchtung noch vor wenigen Jahren einen Betrag von über 30.000 € im Stadthaushalt ausmachte, so schrumpfe der ohnehin im bundesweiten Vergleich relativ niedrige Zuschuss für das Stadtmarketing auf gerade mal 31.000 €. Dieser Betrag werde direkt und indirekt auch wieder für den Stadthaushalt aquriert, wenn man bedenke, dass alljährlich die so genannten „City-Schex“ mit einem Gesamtbetrag von über einer Million € verkauft würden, die dann wiederum für den Bamberger Handel, für die Bamberger Innenstadt ausgegeben werden. Unterstützung für Handel und Gewerbe bietet der Verein in manngifaltiger Hinsicht, sei es mit Beratungsgesprächen oder mit der Herstellung von Kontakten, die in einer immer mannigfaltigeren Wirtschaftswelt sehr wichtig seien. Metzner merkte an, das sich das Team des Stadtmarketing weit über das normale Maß hinaus für die Stadt Bamberg engagiere. So sei es im Juli 2012 auch mit dem Bayerischen Stadtmarketingpreis (1. Platz) ausgezeichnet worden (‚Stadtmarketing 2.0 – Die Kommunikationsrevolution’ Der Preis und seine Hintergründe). Dies sei auch ein Beweis dafür, dass die Arbeit des Geschäftsführers sowie seiner Mitarbeiter überregional Anerkennung fände. Dieses Team benötige Planungssicherheit, damit es weiterhin mit seinen Veranstaltungen und Aktivitäten dazu beitragen könne, die Identität Bambergs als lebendige Welterbestadt zu stärken, die Außenwahrnehmung Bambergs nachhaltig zu festigen und die Kaufkraft vor Ort zu halten.
Auch die SPD sieht die Lärmbelastung der Innenstadt als Problem
Natürlich sei es auch dringend geboten, die Sorgen und Nöte der Menschen zu berücksichtigen, die beispielsweise durch Großveranstaltungen in der Innenstadt an wenigen Tagen im Jahr durch Lärm gestört werden. So begrüße es die SPD-Stadtratsfraktion, dass Herr Stieringer angeregt hat, Veranstaltungen wie das so genannte Public Viewing bei Fußballgroßereignissen aus der Innenstadt an den Stadtrand, beispielsweise ins Volksparkstadion, zu verlagern. Zusätzlich ist es unbedingt wichtig, dass die Vertreter der Fraktionen gemeinsam mit dem Stadtmarketingverein Zielvorstellungen für die kommenden Jahre diskutieren, um gemeinsam einen Weg zu finden, der Negativerscheinungen verhindert und das Positve in den Fordergrund zu stellen. Auch dies wurde in der betreffenden Sitzung des Finanzsenats beschlossen.
Frau Keidel (FB) und Frau Seidl (FDP) haben auf die Anfrage der Bamberger Onlinezeitung hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens für oder gegen den Zuschuss für das Stadtmarketing nicht geantwortet. Beide stimmten dafür.
In der SZ, der Zeitung die für Bamberg von überregionaler Bedeutung ist, hat in einem Kommentar heute in der Printausgabe unter dem Titel „Kultur ist kompliziert“ die Bamberger Festivitäten und die Auszeichnung erwähnt. Die Kommentatorin bezeichnete es als „echt kompliziert, das mit dem Stadtmarketing„, v.a. weil ortsfremde Großbrauereien das Event „Jazz- und Bluesfestival“ bewerben und bestücken. Man darf gespannt über die weitere Diskussion und das Ergebnis der Zielvorstellungen des Stadtmarketings sein.
An der besagten Sitzung habe nicht ich, sondern Klaus Stieringer als meine Vertretung der BR-FDP-Fraktion teilgenommen. Deshalb stimmt die oben getroffene Aussage einfach nicht!!!
Sehr geehrte Frau Seidl,
vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir hatten Sie vor Veröffentlichung des Artikels schriftlich angefragt, wie Sie im Finanzsenat Ende Oktober 2012 abgestimmt haben und wie die Position der FDP in der Frage der Förderung des Stadtmarketingvereins sei.
Leider erhielten wir damals keine Antwort auf unsere Frage, gerne würde uns aber auch heute noch Ihre damalige/heutige Position interessieren.
Vielen Dank für Ihr Interesse
Für die Redaktion
Erich Weiß
Das Stadtmarketing ist wichtig für eine Stadt und braucht Unterstützung. Das noch einiges verbesserungswürdig ist, dürfte jedem klar sein.
Gute Ansätze gibt es beim Bundesverband Stadtmarketing, die beispielsweise eine lesenwerte Arbeitshilfe zum Thema „Nachhaltige Events“ verfasst haben.
https://www.bcsd.de/19-0-Arbeitshilfen.html
Eventuell löst sich das Problem Stieringer von selbst, indem er von anderen Kommunen abgeworben wird.
Hoffentlich!