Zum Gedenken an den 20. Juli 1944

Willy-Aron-Gesellschaft Bamberg e.V.
Mahnmal für Widerstand und Zivilcourage im Harmoniegarten in Bamberg, Stele mit Portrait von Claus von Stauffenberg. Foto: Erich Weiß

Am 20. Juli vor 77 Jahren wollten Mutige aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen Deutschland von Adolf Hitler befreien, das NS-Regime stürzen, die verbrecherische NS-Politik und Rassenideologie sowie den aus ihrer Sicht ebenso unverantwortlichen wie verbrecherischen Krieg beenden und einen Rechtsstaat aufbauen.

Von den vielen Mitwirkenden und Beteiligten ist vor allem Oberst i.G. Claus von Stauffenberg mit der Erinnerung an den 20. Juli 1944 verbunden.

Claus von Stauffenberg war der Vision eines starken, selbstbestimmten Deutschland zugeneigt. Von daher fand er anfangs trotz der bestehenden Verachtung für den Nationalsozialismus einzelne Berührungspunkte. Doch die verbrecherische Entwicklung der NS-Politik und der aus militärischer Sicht unverantwortliche Kriegsbeginn führten zur Erkenntnis, dass die Ideen der NS-Machthaber nichts mit seiner eigenen Vision eines wiedererstarkenden Deutschland zu tun hatten. Hinzu kam das Wissen um den Unrechtscharakter der Kriegsführung und des Krieges selbst. Seit dem Angriff auf die Sowjetunion war offenkundig, dass der Krieg auch bei bester militärischer Führung nicht mehr gewonnen werden konnte. Die Fortführung des Krieges aber bedeutete weiterhin für Hunderttausende deutscher Soldaten den Tod.

Lehnte Stauffenberg 1939 noch einen Umsturz ab, weil er nach den Blitzsiegen der Wehrmacht keine Chance sah, beim deutsche Volk dafür Akzeptanz zu finden, änderte sich die Situation mit dem Überfall auf die Sowjetunion. Ab dem Frühjahr 1942 drängte Stauffenberg auf einen Umsturz und wurde trotz seiner schweren Verwundung ab Herbst 1943 innerhalb des Oberkommandos des Heeres die zentrale Figur bei dessen Vorbereitung. Rund 200 Militärs und Zivilisten arbeiteten über lange Zeit länderübergreifend unter den Bedingungen der NS-Diktatur und des Krieges an der generalstabsmäßigen Vorbereitung des Tyrannenmordes und des Umsturzes. Diese breite Zusammenarbeit z.B. mit Generaloberst Ludwig Beck, Carl Friedrich Goerdeler, dem zivilen Widerstand um Julius Leber und Wilhelm Leuschner sowie dem Kreisauer Kreis war nötig, um in der deutschen Gesellschaft eine möglichst große Akzeptanz für die Tötung Adolf Hitlers und den geplanten Regierungswechsels zu erreichen.

Die Durchführung musste dreimal verschoben werden. Am 20. Juli 1944 gab es eine neue Gelegenheit mit Aussicht auf Erfolg. Doch konnte Oberst i.G. von Stauffenberg wegen der überraschenden Vorverlegung des Besprechungstermins im Führerhauptquartier nur eine der beiden Bomben zünden. Hitler überlebte. Die Operation „Walküre“ scheiterte.

Ohne Gerichtsverfahren wurden Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Werner von Haften, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Friedrich Olbricht auf Befehl von Generaloberst Fromm kurz nach Mitternacht im Hof des Bendlerblocks in Berlin erschossen.

Wir erinnern alljährlich an diese Ereignisse, an diesen großen Widerstand und gedenken der rund 200 mutigen Beteiligten und Mitwirkenden des 20. Juli 1944, von denen die meisten der Rache des NS- Regimes zum Opfer fielen. Aber ist dieses Erinnern genug? Am Mahnmal für Widerstand und Zivilcourage im Harmoniegarten in Bamberg ragt neben der Stele, die an Claus von Stauffenberg erinnert, eine braune Steinplatte in den sich anschließenden Gehweg. Diese braune Steinplatte verbindet den damaligen großen Widerstand gegen Hitler und den Nationalsozialismus mit der Gegenwart. Sie fordert uns auf, heute, wo es den großen Widerstand nicht mehr braucht, weil wir in einer Demokratie leben, den kleinen Widerstand aufzubringen, der für den Erhalt von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit notwendig ist und notwendig bleibt.

Notwendig ist dieser kleine Widerstand als Einspruch, Übernahme von Verantwortung und Zivilcourage überall dort, wo die demokratische Ordnung ignoriert, missachtet, gefährdet oder gar bedroht wird. Sei es durch Menschenverachtung, gruppenbezogenen Menschenhass, Fehlverhalten wie Respektlosigkeit, Gier, Hass, falsche Rücksicht oder Rücksichtslosigkeit, fehlende Zivilität, Missachtung des Rechts, Unrecht, Gewalt oder Ungerechtigkeiten.

Der 20. Juli 1944 und die daran beteiligten Mutigen haben gezeigt, dass es selbst in einer schier ausweglosen Situation möglich war, persönlich Verantwortung zu übernehmen. Dazu war großer Mut, großer Widerstand und hohe Opferbereitschaft notwendig. Ihr Widerstand war mit der Idee von Grund- und Menschenrechten, von Rechtsstaatlichkeit und Zivilität verbunden. Daher können sie uns auch heute noch etwas sagen. Sie können uns mahnen, lehren und ermutigen zum kleinen Widerstand.