Greenpeace Bamberg
Flächen- und Kosteneffizienz im Verkehr
Wohin, wenn alles zu(geparkt) ist?
Der Alltagsstress macht sie bei Menschen in der Stadt als Orte der Naherholung beliebt: Parkflächen (i. S. v. Grünflächen). Der aktuelle Mangel an Gelegenheiten zum Verweilen in und vor Gastronomien sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen dürfte die Beliebtheit von Grünflächen weiter fördern. Erst recht in der warmen Jahreshälfte. Selbstverständlich brauchen all jene Anlagen auch Platz – und der ist vor allem in einer Stadt begrenzt und in Bamberg wohl besonders. Weniger selbstverständlich ist daher, dass ein großer Teil des städtischen und eigentlich der Allgemeinheit zustehenden Raums durch Privatfahrzeuge belegt wird – nämlich auf: „Parkflächen“ (i. S. v. Parkplätzen).
Vor etwa einem Jahr (Januar 2020) waren über 32.600 private Autos (Personenkraftwagen/Pkw) in Bamberg zugelassen.1 Der Stellflächenbedarf für diese Autos beläuft sich damit bei einer eher konservativen Annahme von 12,5 m² je Stellplatz (inkl. Puffer und Rangierabständen, auch zu anderen Verkehrsmitteln) auf rund 408.000 m². Das entspricht fast der gesamten Fläche (91%) des größten und allseits beliebten Stadtparks, dem Hain (Luisen- und Theresienhain zusammen: 450.000 m²).2 Steven Skott vom Bamberger Greenpeace-Team fasst zusammen: „Bei einer objektiven Betrachtung der innerstädtischen Zustände wird immer deutlicher, dass sich motorisierter Individualverkehr dem Allgemeinwohl und einer Steigerung der kollektiven Lebensqualität in den Weg stellt.“
Anmerkungen
1) Hiervon ausgenommen sind Wohnmobile (in Bamberg 562 Fahrzeuge, vgl. Kraftfahrtbundesamt, 2020).
2) Eigene Berechnungen durch Greenpeace Deutschland und Bamberg, anhand bestehender Privat-Pkw-Zulassungen zum Stand 1. Januar 2020 (vgl. Kraftfahrtbundesamt, 2020). Parkflächenmaße beruhen auf Auskunft des Garten- und Friedhofsamts Bamberg.
Städte kranken am Auto-Kollaps
Mit einer Pkw-Dichte von insgesamt 528 Autos je 1.000 Personen „übertrifft“ Bamberg Städte wie Nürnberg, Erlangen, Fürth und München oder auch Berlin! Aber ist das ein Aushängeschild für eine Welterbestadt? Die Belastungsgrenze dürfte bald erreicht sein. Womöglich ist sie längst überschritten? Denn Pkw verursachen viel höhere Kosten (inklusive der allgemeinhin als „extern“ betrachteten Kosten für Mensch, Natur & Klima) als vom Umweltverbund aus Fuß- und Radverkehr sowie öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) ausgehen. Etwa gehen von ihm weniger Unfallrisiken, Luft- und Lärmverschmutzung sowie weniger Bedarf für kostenintensive Infrastruktur und Instandhaltung aus. Durch das höhere Aktivitätsniveau beim Fahrradfahren und Zufußgehen würden zudem die Gesundheit gefördert und weitere Kosten (für Krankheitsbehandlungen) vermieden. Welche Kosten verursacht dagegen der Pkw-Verkehr (abgesehen von direkten Kosten wie z.B. für Infrastruktur)? Jeder Kilometer, den eine Person im Auto zurücklegt, schlägt mit den durchschnittlich fast vierfachen Kosten (rund 11 Cent) wie dieselbe Distanz im Bus (oder in der Bahn – je etwa 3 Cent; Mobilitätsatlas 2019, S. 30) zu Buche. Wie auch aus der kürzlich veröffentlichten bayerischen Verkehrsunfallstatistik abermals hervorgeht, sind Unfälle einer der größten Faktoren dieser Kosten.
Und wie war das mit dem Flächenbedarf? Kurz gesagt: Autofahrenden bzw. -parkenden wird zu viel Raum zugestanden. Schließlich handelt es sich bei Autos weniger um Fahr- als vielmehr um „Stehzeuge“: Statistisch gesehen steht ein Auto 23 Stunden am Tag still (vgl. Umweltbundesamt, 2019). Dabei braucht es aber verhältnismäßig viel Platz. Unschlagbar flächeneffizient ist dagegen der ÖPNV: Selbst wenn 80 Prozent des ÖPNV-Fahrzeugs leer bleiben, fährt und steht es damit immer noch um den Faktor 5 bis 9 sparsamer als ein Pkw (wobei für diese Analyse 13,5 m² Flächenbedarf im Stand eines Pkw angenommen wurden; vgl. Randelhoff, 2014).
Greenpeace Bamberg fordert …
Der öffentliche Raum muss wieder stärker für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht und zu diesem Zweck klar und transparent nach Flächen- und Kosteneffizienz aufgeteilt werden. Franz Gerbig, Gruppenkoordinator bei Greenpeace Bamberg, äußert sich hierzu pragmatisch: „In einer Stadt mit begrenztem Platzangebot, gerade auch wie in Bamberg, müssen wir uns entscheiden, was uns lieber ist. Dieses Gut muss dann Priorität haben, der Rest hinten anstehen. Nur so können wir, unsere Kinder und auch ältere Mitmenschen sich hier wohl und zuhause fühlen!“
- Wir erwarten von der Stadt Bamberg, alle verfügbaren finanziellen Förder- und technischen Hilfsmittel in der Definition öffentlicher Flächen sowie eine gerechte Verteilung der Kosten nach dem Prinzip der Verursachenden zu nutzen. Eines dieser Werkzeuge könnte das für die „Ökonomische Bewertung kommunaler Verkehrssysteme (CostTool)“ vom Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel sein. Die Ergebnisse der Analyse von Flächennutzung und Kostendeckungsgrad sollten dann auch auf verständliche Weise für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Dann ist – gerade in Pandemiezeiten – klar, wofür die geringsten Haushaltsmittel zur Verfügung stehen (sollten).
- Es muss in Richtung einer „15-Minuten-Stadt“ für sichere und kurze Wege im Umweltverbund (neu) gedacht und (um)gestaltet werden.
- Vorfahrt für den ÖPNV! Sowohl Liniennetz als auch Taktung der Bamberger Stadtbusse müssen erweitert werden. Auch das Busangebot in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Bamberg muss unbedingt erweitert werden.
- Sharing First! Die Stadt muss außerdem mehr Stellplätze für gemeinsam genutzte Kraftfahrzeuge von CarSharing-Angeboten ermöglichen. Entsprechend sollte auch das Leihen von Lastenrädern gefördert werden.