5. Teil
Die Dinge entwickelten sich weit einfacher, als ich es zunächst erwartet hatte.
Bertram zog wie selbstverständlich in das Kinderzimmer, das nie eines gewesen war. Erwin „fand“ ich in der Tonne, ertrunken und gab die mäßig trauernde doch sorgenvolle Witwe. Mäßig trauernd, jeder wusste was so ein Hofinger soff! Ja soff! Denn von trinken konnte da nicht mehr die Rede sein. Dass Erwin dann ausfallend, brutal wurde, wussten eh alle. Und, dass mein Schwager ausgerechnet jetzt in Asien auf Brautschau ging, da war das Dorf sich einig, sah ihm ähnlich. Nachdem also die Feuerwehr Erwin aus der Tonne gehievt, Dr. Zahleis Tot durch Herzinfarkt attestiert – Dr. Zahleis war mir stets sehr zugetan gewesen – und der Bestatter Erwin aufgebahrt hatte, trugen wir ihn zu Grabe. An meiner Seite Bertram. Vor uns der Sarg, darin Erwin. Davon hatte ich mich extra noch einmal überzeugt. Die Sargträger flankierten rechts und links den Toten und hinter uns lief das ganze Dorf. Man wollte selbst sehen, „dass das Schwein unter der Erde ist“, hörte ich irgendjemanden in der Menge raunen. Nun, ich war die letzte, die diese Ansicht verübelt hätte. Und bei dem Stichwort „Schwein“ kam mir ein weiterer erlösender Gedanke. Bereits am nächsten Tag, belebte ich unseren stillgelegten Bauernhof neu. Schaffte ein paar Schweine an, zur Freude Bertrams und um Ewald endgültig loszuwerden. Ja, zwei der Schweine, waren mir „Möchtegern-Bäuerin“, erzählten man später im Dorf, ins Haus gefolgt und ich wäre in den alten Keller geflüchtet, die Schweine hinterdrein. Zwei Tage wären die armen Viecher da nicht heraus gekommen, wussten meine Nachbarn. Stimmt, ich war mir nicht sicher wie das viele Rohypnol in Ewalds Leiche auf die Tiere wirken würde. Nach den zwei Tagen Quarantäne erlaubte ich Bertram seine Schützlinge wieder aus dem Keller zu lassen. Soweit die Fakten. Nachdem der Felsenkeller Ewald-frei war gab es ein neues Thema im Dorf. „Die Elsa macht jetzt auf Ferien auf dem Bauernhof!“, erzählte man. Stimmt. Ich schaffte Hühner und einen Hahn an, ein Schaf und eine Ziege, Tauben und einen wirklich hässlichen, zotteligen, schlammfarbenen, riesigen Hund vom Tierheim. Den hatte Bertram ausgesucht. Die Katzen waren aus einem Wurf in der Nachbarschaft. „Die muss ich sonst ersäufen!“, hatte die Schmiedlers Gunda erklärt und dann begann ich wirklich Zimmer mit Badbenutzung an Feriengäste und Handwerker zu vermieten. Von Ewald hörte man nichts mehr. Wie auch? Bertram behauptete zwar steif und fest, Ewald hätte ihn angerufen, ein paar Tage nach Erwins Beerdigung. Er, Bertram hätte ihn aber kaum verstanden. „Ich glaube, der Ewald kommt nicht wieder.“, sagte mein Neffe und schwankte einen Moment zwischen Trauer und Freude. Entschied sich für die Freude und ging zu seinen Schweinen, um ihnen zu erzählen, dass das größte Hofinger Schwein nicht mehr kommt.
So, und jetzt gönne ich mir einen starken schwarzen Tee mit viel Zucker und ein wenig Sahne. Und dann? Dann muss ich mich um den Gänsebraten kümmern, ist ja schließlich Weihnachten.
© Cornelia Stößel 2020
Ich wünsche allen meinen Lesern frohe Weihnachtstage
Es gibt bei manchen also doch noch ein gutes Deutsch wie in diesen Teil, Tee mit viel Zucker. Auf die kommenden Srachausraster stelle ich mich schon mal für das Jahr 2021 ein. In der heutigen SZ gab es schon mal einen Vorgeschmack, wie….satisfaktionsfähig!!! Da waren mal wieder „Inluencer“ am Werk.
Allen ein Gutes Neues Jahr
Ausgezeichnetes!! Deutsch auch zum Jahresbeginn im heutigen „DER SPIEGEL“, wobei noch anzumerken wäre, dass das einstmals beste Blatt sehr tief gefallen ist.
„Gadgets für Kaffeegourmets“ !!! Da muss ich mir doch mal den neudeutschen Sprachführer bestellen.
Werde von nun schwarzen Tee mit Sahne zum Nachdenken nutzen;-) tolle Runde Geschichte mit (Schwarztee-)Humor.