Walter und Ida Noddack in Bamberg

Von You Xie
Tafel am Noddack-Haus. Foto: You Xie

Tafel am Noddack-Haus. Foto: You Xie

Am Markusplatz 3 (M3) liegt das Gebäude der Fakultät Humanwissenschaften, das sogenannte Marcus-Haus. 1988 konnte der umgebaute und sanierte Altbau der ehemaligen Staatlichen Frauenklinik bezogen werden. 1992 wurde der Umbau des neuen Teils abgeschlossen. In diesem Zuge wurde auch das angrenzende Waschhaus der Frauenklinik für die Didaktiken der Naturwissenschaften umgebaut und saniert.

Noddack-Haus. Foto: You Xie

Noddack-Haus. Foto: You Xie

Es wurde nach den Naturforschern Walter und Ida Noddack benannt. Gegen Kriegsende flohen die Noddacks aus dem Elsass, der wieder französisch wurde, nach Oberfranken. Hier ließen sie sich in Bamberg nieder. Walter Noddack wurde 1947 zum Professor an die Philosophisch-Theologischen Hochschule Bamberg berufen und seitdem war er als Professor an der Hochschule in Bamberg tätig, bevor er 1957 Honorarprofessor an der Universität Erlangen und Leiter des Staatlichen Forschungsinstituts für Geochemie in Bamberg wurde. Walter als Leiter, Ida als freie Mitarbeiterin.

Walter Noddack wurde am 17. August 1893 in der Spreemetropole als Sohn eines aus Ostpreußen stammenden Steinmetzmeisters geboren. Von Oktober 1912 bis August 1914 studierte er Chemie an der Berliner Bergakademie und an der Universität Berlin. Unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich als Freiwilliger zur Armee. Bis zur deutschen Niederlage im November 1918 diente er  sowohl an der Westfront als auch im Osten bei der Artillerie.

Sein Chemiestudium setzte er dann ab Januar 1919 fort, um Ende 1920 zu promovieren. Von Ostern 1921 bis August 1922 war Walter Noddack Assistent im Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Berlin bei Nobelpreisträger Walther Nernst. Dann wechselte er mit Nernst an die Physikalisch-technische Reichsanstalt (kurz PTR), die heutige PTB in Charlottenburg, deren Chef Nernst wurde. Noddack wurde Leiter des chemischen Laboratoriums der PTR und blieb hier bis 1935.

Ida Noddack (geboren als Tacke) wurde am 25. Februar 1896 in der Ortschaft Lackhausen (heute zur Stadt Wesel gehörig) geboren. Ihr Vater war Besitzer der Lackfabrik Tacke. Da Ida später in der Lackfabrik tätig werden wollte, nahm sie 1915 ein Studium der Chemie an der TH Charlottenburg als eine der ersten Chemiestudentinnen in Preußen auf. 1921 erfolgte ihre Promotion mit einer Forschungsarbeit auf dem Feld der Lackchemie. Aber Ida Tacke ging nicht zurück in die Lackfabrik ihres Vaters, sondern begann in Berlin als Chemikerin beim Elektrokonzern AEG zu arbeiten. Nach zwei Jahren gab sie die gut dotierte Tätigkeit auf, um sich zusammen mit Walter Noddack an die Auffüllung noch vorhandener Lücken im Periodensystem zu machen.

Walter Noddack gelang es, Ida Tacke von der Idee einer gemeinsamen Forschung zu begeistern. 1922 beschlossen sie, zusammen die im Periodensystem noch fehlenden Elemente 43 und 75 zu suchen. Ida Tacke arbeitete als unbezahlte Gastwissenschaftlerin an der PTR in Walter Noddacks Labor.

1926 heirateten Ida Tacke und Walter Noddack und bezogen eine gemeinsame Wohnung in Charlottenburg. Vielleicht auch weil das Paar keine Kinder bekam, arbeitete Ida weiterhin im Labor ihres Mannes meist als seine engste, allerdings in der Regel unbezahlte Mitarbeiterin. Beide verfolgten aber auch eigene Forschungsprojekte, bei denen der Partner nicht beteiligt war.

Ida und Walter Noddack sind das bekannteste Chemiker-Ehepaar in Deutschland. Gemeinsam mit Otto Berg entdeckten sie 1925 das Element Rhenium. Die gleichzeitige Entdeckung des Elements mit der Ordnungszahl 43, von ihnen „Masurium“ genannt, wurde bereits 1925 in dem Magazin Popular Science beschrieben. Die Entdeckung des Elements 43 wurde offiziell angezweifelt; dieses Element wurde erst 1937 als sicher nachgewiesen erklärt und Technetium genannt.

Sie haben zusammen zwei neue Elemente entdeckt und andere wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Chemie geleistet. Mehrfach wurden sie für den Nobelpreis vorgeschlagen, haben ihn aber nicht erhalten.

Am 7. Dezember 1960 verstarb der Professor im Alter von 67 Jahren in Bamberg und Frau Dr. Ida Noddack am 24. September 1978 in Bad Neuenahr.

Die beiden wurden in Bamberg beigesetzt.

Heute ist Ida Noddack bekannter als ihr Mann Walter. Das liegt sicher daran, dass sie eine Frau war, aber auch an zwei Forschungsbeiträgen. Von Ida Noddack, die auch als die deutsche Marie Curie bezeichnet wurde, stammt nämlich das Postulat von der Allgegenwart der chemischen Elemente, aufgestellt 1936. Damit meinte sie, dass in der Natur vorkommende Gesteine neben ihren Hauptbestandteilen nahezu alle chemischen Elemente als Verunreinigungen in größerer oder kleinerer Konzentration, und seien sie noch so gering, enthalten. Das heißt letztendlich, dass eine absolute Reinheit von Substanzen praktisch nicht existiert.

Am bekanntesten ist Ida Noddack aber heute in der Geschichte der Naturwissenschaften wegen einer Spekulation aus dem Jahr 1934: „Es wäre denkbar, dass bei der Beschießung schwerer Kerne mit Neutronen diese Kerne in mehrere größere Bruchstücke zerfallen, die zwar Isotope bekannter Elemente, aber nicht Nachbarn der bestrahlten Elemente sind.“ Damit beschrieb sie die fünf Jahre später von Otto Hahn und Fritz Strassmann entdeckte Kernspaltung des Uran.

Direkt vor der ehemaligen Landesgartenschau befindet sich die Dr.-Ida-Noddack-Straße in der Mayerschen Gärtnerei.

 

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