Auf der Suche nach anderen Paradiesen

Musikdramaturg Jón Philipp von Linden aus Chemnitz führt am 24. März beim Richard-Wagner-Verband in die Eötvös-Oper „Paradise Reloaded (Lilith)“ ein. 

Redaktion

Wagner, immer nur Wagner? Nein, der Richard-Wagner-Verband Bamberg (RWV) beschäftigt sich nicht nur mit seinem Namensgeber. Am 24. März um 19.30 Uhr gibt Jón Philipp von Linden, Musikdramaturg am Theater Chemnitz, im Hotel Bamberger Hof in Wort, Ton und mit Szenenfotos eine Einführung in die Oper „Paradise Reloaded (Lilith)“ des 71-jährigen ungarischen Komponisten Peter Eötvös – ein Werk, das demnächst in Chemnitz seine deutsche Erstaufführung feiert und das auch bei der Musik- und Kunstfahrt des RWV und des Kunstvereins Bamberg am 18. und 19. April auf dem Programm steht. Die Neuheit wird inszeniert von Helen Malkowsky, die weibliche Titelrolle singt Frances Pappas, beides Künstlerinnen, an deren Wirken in Nürnberg sich Opernfreunde aus der Region gerne erinnern.

Eötvös-Opern stellen, so der jüngst verstorbene FAZ-Kritiker Gerhard Rohde, unablässig existentielle Fragen, für die der Komponist musikalisch eindringliche, oft überwältigende, auch bedrängende Antworten erfindet. „Paradise Reloaded“ nach einem Text von Albert Ostermeier hat den Charakter eines „Welttheaters“ und wirft die Frage auf, ob wir wirklich nur von der biblischen Urmutter Eva und nicht vielleicht auch von Adams erster Frau Lilith abstammen. In Eva und Lilith stehen sich zwei weibliche Prinzipien diametral gegenüber: Während Eva die dem Mann untergeordnete, liebende und fürsorgende Frau symbolisiert, vereinigt Lilith Unabhängigkeit, erotische Ausstrahlung durch Selbstbestimmung und zugleich etwas Dämonisches in sich.

Die Oper in zwölf Bildern beginnt mit einer faustischen Anordnung: Lucifer wettet mit Gott, dass er Adam davon abhalten kann, mit Eva das Menschengeschlecht zu gründen. Auf der Suche nach anderen Paradiesen führt der Ex-Engel die ersten Menschen durch die Kriegsschauplätze der Jahrhunderte bis in eine Zeit, die auch für uns in der Zukunft liegt. Mit Lilith bekommt Adam unerwartete Unterstützung: Als seine erste Frau wurde sie zwar frühzeitig aus dem Paradies geworfen, weil sie empfindliche Forderungen nach Gleichberechtigung stellte. Doch nun erkennt sie die Gefahr für die Menschheit und setzt alles daran, ihren Mann zurückzugewinnen.

Peter Eötvös zählt zu den wichtigsten Opernkomponisten der Gegenwart. 1944 in Székelyudvarhely (Transsilvanien) geboren, studierte er bei Zoltán Kodály, reiste 1966 in die Bundesrepublik aus und arbeitete beim Elektronischen Studio des WDR in Köln sowie beim renommierten IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique) in Paris. Er lehrte Komposition an den Musikhochschulen in Köln und Karlsruhe und ist auch als Dirigent weltweit eine gefragte Persönlichkeit. Bereits 2009 gewann das Opernhaus Chemnitz regional wie überregional große Aufmerksamkeit mit der Deutschen Erstaufführung der Eötvös-Oper „Love And Other Demons“.

Jón Philipp von Linden ist 1968 in München geboren, studierte Musikwissenschaft, Literaturwissenschaft und Geschichte in Hamburg und Wien und arbeitete zunächst als Regieassistent in Bremen. 1999 wechselte er als Dramaturg für Musiktheater, Ballett und Konzert ans Mainfranken-Theater Würzburg, 2001 als Konzert- und Musikdramaturg ans Staatstheater Mainz. Ab 2006 am Theater Bielefeld arbeitete er 2011 erstmals mit Helen Malkowsky zusammen. Seit der Spielzeit 2013/14 ist Jón Philipp von Linden als Leitender Musikdramaturg bei den Theatern Chemnitz engagiert und war bisher an sechs Neuproduktionen beteiligt, darunter drei Regiearbeiten von Malkowsky.

Der Eintritt zur Einführungsveranstaltung ist frei, Nicht-Mitglieder sind willkommen. Die  Seminarräume im 1. Stock des Hotels Bamberger Hof sind ab 19 Uhr geöffnet, der Vortrag beginnt um 19.30 Uhr.