Waldnaturschutzgebiet um Ebrach: Par Ordre du Fiffi

Andreas Loesche (Die Grünen)

Wer lenkt neuerdings eigentlich die Geschicke des Landkreises Bamberg?

Buchenwald bei Ebrach. Foto: Erich Weiß

Buchenwald bei Ebrach. Foto: Erich Weiß

Der neue Bamberger Landrat hätte gleich zu Beginn seiner Amtszeit Zeichen setzen können, er hätte Rückgrat beweisen können und müssen. Es gab die große Chance zu zeigen, dass er sich für das Wohl seines Landkreises und seiner Bevölkerung einsetzen werde. Er hat diese Chance kläglich vergeben.

 

Was war geschehen? Im Dezember 2010 (für Insider: Es war die Kreistagssitzung, während der CSU-MdB Silberhorn ein flammendes Plädoyer für die Kernenergie hielt) hatte der Kreistag zu Bamberg mit überwältigender Mehrheit von 44:3 Stimmen dem damaligen Landrat Dr. Denzler aufgetragen, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich der Landkreis Bamberg mit einem Waldschutzgebiet im Steigerwald um eine Aufnahme in das UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwälder bewerben könne. Denzler hat diese Vorgabe vorbildlich umgesetzt.

So eine Umsetzung kostet aber Zeit. Das ist auch richtig so. Und so dauert es dreieinhalb Jahre, bis alle Hürden gemeistert, Zustimmung vom Bezirk und dessen Naturschutzbeirat eingeholt und die Einwendungsfristen abgelaufen waren. Weder die Staatsforsten noch die Staatsregierung hatten irgendwelche Einwendungen, auch aus den zuständigen Ministerien und vom Ministerpräsident selbst kam keinerlei Einspruch. Die Sache war in trockenen Tüchern und die Verordnung zu 775 ha Waldnaturschutzgebiet namens „Der Hohe Buchene Wald“ konnte in Kraft treten.

Kaum war die Verordnung in Kraft, hob – wie wir das ja schon seit vielen Jahren kennen – von jenseits der Bezirksgrenze aus dem Unterfränkischen das übliche Geplärr und Gemecker an. Und wie gewohnt, versuchten die Herren Oberheimatschützer um den Donnersdorfer Innenstaatssekretär Eck und den Rauhenebracher Ex-Bürgermeister Ebert ihre Gefolgschaft einmal mehr mit dreister Volksverblödung auf die Barrikaden zu bringen. Ebert behauptete im Bayerischen Rundfunk doch tatsächlich, die fraglichen 775 ha würden dem Staatsforstbetrieb Ebrach einen jährlichen Verlust von 400.000,– Euro bescheren. Wie er auf diese Summe kommt, bleibt sein Geheimnis, erzielt der Forstbetrieb Ebrach doch per annum auf 16.500 ha knapp 800.000,– Euro. Wie da etwa 4,5% der Fläche die Hälfte des Gewinns beisteuern können, ist dann eben doch wieder die Arithmetik der Stammtischhoheit.

Bis hierhin lief also alles in den gewohnten Schemata, doch die Kommunalwahlen im März hatten ein fatales Ergebnis: Seit dem 1. Mai hat der Landkreis Bamberg einen neuen Landrat und dem wiederum scheinen die Anliegen des eigenen Landkreises nicht das primäre Ziel seines Handelns zu sein. Der mangelnden Standfestigkeit des Neuen offensichtlich gewahr zitierten ihn die CSU-Granden (vermutlich auf Betreiben des Innenstaatssekretärs, Familienbeschäftigungsfreundes und Vorsitzenden des Anti-Steigerwald-Vereins Eck) nach München. Seehofer, Landwirtschaftsminister Brunner und ein Umweltminister Huber, dem das Anforderungsprofil seiner Arbeitsstelle offenbar wenig bekannt scheint, wiesen den neuen Bamberger Landrat an, das Waldschutzgebiet wieder zu kassieren. Ordre du Mufti an Fiffi und Fiffi gehorcht. Da fragt man sich dann schon, wer hier die Geschicke des Bamberger Landkreises lenkt, Mufti oder Fiffi?

Und dass der Neue im Amte gehorchen und somit auch das Erbe seines Vorgängers beschädigen würde, wurde ziemlich schnell klar: In einem Radiointerview mit Bayern 2 vom 14. Mai 2014 kündigt er an, diese Verordnung juristisch prüfen und gegebenenfalls rückgängig machen zu wollen. In der Main Post vom 21. Mai 2014 fordert Seehofer, dass der neue Bamberger Landrat besagte Verordnung wieder aufheben solle. Die BR-Frankenschau vom 22. Mai 2014 zitiert den Landrat dahingehend, dies tatsächlich auch tun zu wollen. Im Fränkischen Tag vom 23. Mai 2014 hingegen wünscht er sich eine „einvernehmliche Lösung im Interesse aller Betroffenen“. Diese Lösung aber gibt es ja bereits und sie heißt Waldschutzgebiet „Der Hohe Buchene Wald“. Siehe oben: Es gab keinerlei Einwendungen von Seiten der Staatsforsten oder der Staatsregierung, die 775 ha wurden auf Beschluss des Kreistages und damit im Namen der Bamberger Landkreisbevölkerung unter Schutz gestellt.

Fatal ist aber nicht nur die Tatsache, dass der Landrat an Kreistag und Bevölkerung vorbei der Weisung aus München folgt, seinem Landkreis aktiv schadet und beim leisesten Windhauch einknickt (der Fall ist bislang einmalig in Bayern / Süddeutsche Zeitung vom 28. Mai 2014), erschreckend ist vor allem die Begründung des neuen Landkreisoberhauptes: Irgendeine Seite hätte ja sowieso geklagt (Nürnberger Nachrichten vom 28. Mai 2014), also sei es doch gleichsam egal, was er mache.

Wenn das die neue Maxime politischen Handelns im Landkreis Bamberg ist, dann gute Nacht!

Hier geht’s zur Online-Petition: Bayerischer Ministerpräsident Horst Seehofer: Fortbestand des Schutzgebietes „Der Hohe Buchene Wald“ im Ebracher Forst

____________________

„Der neue Landrat beschädigt das Erbe seines Vorgängers“ / CHANCE AUF WELTNATURERBE STEIGERWALD / Lesetipp SZ: Waldnaturschutzgebiet in Franken – Ex-Landrat trickst Staatsregierung aus

4 Gedanken zu „Waldnaturschutzgebiet um Ebrach: Par Ordre du Fiffi

  1. Es traurig und zu befürchten, dass der neue Landrat noch mehr zeigt:
    So setzt er sich nicht für den Klimaschutz ein!
    Weder er noch Herr Starke zeigen noch haben sie Format und ein Profil, dass sie die Größe haben, ihre ausgesprochenen Ziele zu verfolgen:
    CO2-Einsparen.
    Wie sie das tun wollen, wissen sie selber nicht.
    Sie hoffen beide immer noch darauf, dass sie eines Morgens aufwachen, und sie ihre Klimabilanz erfüllt haben.
    Herr Kalb:
    Der aufmerksame Leser hat es schon gemerkt: Sind Sie eine Marionette ihrer Partei geworden.
    Welches Konzept zur Erreichung der Klimaschutzziele haben Sie?
    Noch vor wenigen Jahren wollten Sie gerne Windräder für Buttenheim, wurden jedoch von den eigenen Leuten ausgebremst. – Eine Fläche in Buttenheim gibt es schon…..
    … ist es wie beim verarmten Landadel:
    Erst mit Windparks liebäugeln, wenn dann zuwenig rausspringt, dann wird man zum Gegener. Futterneid aus der tiefsten Schublade!

    Herr Starke:
    Wo ist denn die Klimabilanz der Stadt?
    Und welches Konzept haben Sie um ihr Ziel zu erreichen?
    Nächstes Jahr (!) ist 2015 – da wollten Sie die Windkraft von 3,5 % auf 10 % erhöhen.
    Wie machen Sie das? Stellen Sie sich hin und sprechen mt den Menschen im Landkreis? Oder holen Sie neue Stromtrassen her um mit vermeindlichen Offshorestrom ihr Ziel zu erkären? Ja, glauben Sie noch, dass durch die Trassen ausschließlich WIndstrom fließt?

    Meine Herren, es heißt, dass Menschen Rückrat haben, manche haben – so scheint es – nur Knetgummi im Rücken.

  2. Eine sehr treffende Zusammenfassung, Herr Lösche!
    Eigentlich kann sich der Kreisrat ja gleich bei der nächsten Sitzung auflösen, denn seine Beschlüsse können vom Landrat einfach ignoriert werden. Ein trauriges Demokratieverständnis hat der neue Landrat und seine „Parteifreunde“.
    Es ist schlimm, dass man sich im Steigerwald kaum seine eigene Meinung zu sagen traut. Es kam bereits vor, dass Naturschutzfreunden die Reifen zerstochen wurden. Auch ein trauriges Demokratieverständnis. Macht Herr Kalb mit denen nun gemeinsame Sache?

  3. Super, Herr Lösche!
    Besser kann man diesen Akt politischer Willkür und Schwäche nicht kommentieren. Herr Kalb lässt sich von Herrn Eck ohne ein rationales Argument vorführen, und der Landkreis Bamberg verliert. Das letzte Wort ist aber sicher noch nicht gesprochen…

  4. Vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel.
    Der neue Landrat Kalb ist sichtlich überfordert. Die CSU ignoriert die klare Position der Bürgerinnen und Bürger in der Region Bamberg.

Kommentare sind geschlossen.