Vortragsreihe „Bamberg: Militär und Stadt“ hat begonnen

Redaktion
Die Referentin Dr. Gabriele Wiesemann. Foto: A. Schmidtpeter

Die Referentin Dr. Gabriele Wiesemann. Foto: A. Schmidtpeter/Togomedia

Vor vollem Haus startete die fünfteilige Vortragsreihe „Bamberg: Militär und Stadt“. Der große Hörsaal 00.25 der Universität war bis auf den letzten Platz besetzt, als Dr. Gabriele Wiesemann über die Baugeschichte der Bamberger Kasernen referierte.

„Das Militär war immer Teil des Bamberger Alltags,“ beschrieb Wiesemann die Situation im 19. und 20. Jahrhundert. Die Soldaten seien oft auf der Straße zu sehen gewesen, zum Beispiel auf dem Weg von der Kaserne zum Exerzierplatz. Den Militärkapellen konnte man auch in den Biergärten lauschen und die Pferde der Ulanen lieferten mit ihrem Mist den Dünger für die Bamberger Gemüsefelder. Welche große Bedeutung das Militär in Bamberg hatte, ließe sich aus den großen Flächen ableiten, die jetzt zur Konversion stehen. Die U.S. Army ziehe sich von 450 ha Fläche zurück, das sind 8 % der gesamten Stadtfläche.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts lagen verschiedene Regimenter in Bamberg in Garnison. „Die Einheiten von Kavallerie und Infanterie wurden zunächst in die alten Klöster verlegt, die als Kaserne weitergenutzt wurden“ so Wiesemann. Für das könglich bayerische 5. Infanterie-Regiment wurde 1890 bis 1893 eine neue Kaserne an der Pödeldorfer Straße errichtet. Zum Bauprogramm gehörten eine Offizierspeiseanstalt, mehrere Mannschaftsgebäude, eine Exerzierhalle, eine Küche und ein Arrestgebäude. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Kaserne erweitert.

Im Jahr 1917 kam an der Geisfelder Straße eine Munitionsanlage (Muna) hinzu. Bis zum Kriegsende wurde dort Munition produziert und mit der Eisenbahn an die Front transportiert. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages hätte die Muna eigentlich abgerissen werden müssen, doch sie blieb fast vollständig erhalten, berichtete Wiesemann aus ihren Archiv-Forschungen.

Zum Beginn des Dritten Reiches wurde die Infanterie-Kaserne erweitert. Weil die 17er Reiter vollständig nach Bamberg kommen sollten, wurden bis an die Zollnerstraße viele Ställe und Reithallen gebaut. Wann die Kaserne als Lagarde-Kaserne benannt wurde, sei nicht bekannt. Wiesemann hat in den Archivquellen keinen Beleg für eine offizielle Umbenennung gefunden. Die Kaserne sei amtlich stets als Infanterie- oder später als Kavalleriekaserne geführt worden.

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden noch in Rekord-Bauzeit die Panzer- und die Artilleriekaserne am Rand des Hauptsmoorwaldes.

Wiesemann betonte, dass man an der Baugeschichte der Bamberger Kasernen die großen Linien der Militärgeschichte im Deutschen Reich ablesen könne. „Beispiele dafür sind die neugebauten Mannschaftsgebäude in der europäischen Aufrüstungszeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, die verdeckte Bewahrung militärischer Infrastruktur über die Weimarer Republik hinweg (Muna) oder auch der zügige Bau neuer Heereskasernen nach 1934.“

Die Referentin Dr. Gabriele Wiesemann

Dr. Gabriele Wiesemann hat Kunstgeschichte und Europäische Ethnologie an den Universitäten Würzburg und Bonn studiert. Promoviert wurde sie mit einer Studie über den Architekten Hanns Hopp (1890–1971), einen der hervorragenden modernen Architekten der 1920er Jahre und später der wichtigste Architekt der frühen DDR.

Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Architektur- und Stadtplanungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Außerdem befasst sie sich mit der kulturgeschichtlichen Erforschung der Gegenwart sowie mit der zeitgenössischen bildenden Kunst.

Zu ihren beruflichen Stationen gehörte ein Bonner Stadtplanungsbüro, in dem sie die Themen Baugeschichte und Denkmalpflege vertrat. Sie erstellte denkmalpflegerische Gutachten u.a. für die Städte Bonn, Dresden und Luckau. Im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main war sie beteiligt an einer Ausstellung zum Lebenswerk des Architekten Gottfried Böhm.

Seit mehreren Jahren arbeitet Wiesemann für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am Bamberg-Inventar. Im 2012 erschienenen Band „Stadtdenkmal und Denkmallandschaft“ ist sie mit zwei Artikeln vertreten: über die Entwicklung Bambergs im 20. Jahrhundert und über die öffentlichen Gebäude. Für die aktuell in Vorbereitung befindlichen Inventar-Bände über das Gebiet rechts der Regnitz erforscht sie die großen Militäranlagen östlich des Kanals.

Außerdem erstellt sie mit dem Fotografen Gerhard Schlötzer ein großes Porträt der Stadt Bamberg, in dem bau- und kulturgeschichtliche Ansätze verknüpft werden.

Die Vortragsreihe „Bamberg: Militär und Stadt“

Prof. Sabine Freitag und Dr. Gabriele Wiesemann. Foto: A. Schmidtpeter

Prof. Sabine Freitag und Dr. Gabriele Wiesemann. Foto: A. Schmidtpeter/Togomedia

Die Vortragsreihe „Bamberg: Militär und Stadt“ findet anlässlich der bevorstehenden Konversion statt. Im September 2014 zieht die U.S. Army aus Bamberg ab. Mehrere Kasernen und die Muna werden überplant. Die Vortragsreihe widmet sich der Geschichte der Kasernen und des Bamberger Militärs.

Die Vortragsreihe wird organisiert von Dr. Gabriele Wiesemann, Kunsthistorikerin in Bamberg, und Prof. Dr. Sabine Freitag, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bamberg. Sie wird veranstaltet mit freundlicher Unterstützung der Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg e.V, dem Bürgerverein Bamberg-Mitte e.V., dem Historischen Verein Bamberg e.V. sowie der Universität Bamberg.

Den nächsten Vortrag hält am 22. Mai 2014 die Münchener Historikerin Dr. Ingrid Mayershofer. Sie spricht über : „Die Bamberger „Fünfer“: Das Regiment und seine Beziehung zur Stadt im Kaiserreich“.

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Vortragsreihe „Bamberg: Militär und Stadt“ – Viele Bamberger Familien haben persönliche Erinnerungen an die Garnison ihrer Stadt. Vielleicht war der Großvater noch bei den „Fünfern“ in der Infanteriekaserne an der Pödeldorfer Straße? Oder der Onkel bei den 17er Reitern?