Bayerisches Fernsehen: Programminformation
BR 3, Montag, 28.4.2014, 20.15 Uhr
Schreiner-Azubis, die den Dreisatz nicht beherrschen. Bäckerlehrlinge, die Brezen backen, aber Mehlmengen nicht berechnen können. Studenten, die nicht wissen, was eine Quelle oder Fußnote ist: Handwerksbetriebe und Hochschulen beklagen gleichermaßen ein sinkendes Bildungsniveau der Schulabgänger. Dazu zeichnen sozialökonomische Studien ein düsteres Zukunftsbild: je schlechter die Schulbildung, desto höher die Kosten für Förderprogramme, desto steigender die Kriminalitätsrate, desto geringer die Wirtschaftskraft unseres Landes. Ein Mangel an Bildung kommt uns irgendwann alle teuer zu stehen.
Grund genug für Rainer Maria Jilg, sich zu fragen: wie soll diese Generation je ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden können – wenn kein Lehrherr und keine Universität sie haben will? Er will herausfinden, warum es um die Bildung dieser jungen Erwachsenen so schlecht bestellt ist und was sich dringend ändern muss.
Rainer Maria Jilg besucht Ausbildungsbetriebe, die verzweifelt nach Azubis suchen, aber lieber gar keine Lehrlinge einstellen als untaugliche. Manche Unternehmen beschäftigen inzwischen sogar ehrenamtliche Handwerker in Rente, die den Azubis Nachhilfe erteilen und Defizite ausgleichen sollen.
Er sieht sich an Bayerns Hochschulen um und fragt sich: können diese Studenten überhaupt noch forschen und Wissenschaft betreiben, angesichts verschulter Universitätsstrukturen? Und hätten sie überhaupt die nötigen Bildungsgrundlagen dafür? Schließlich klagen Professoren inzwischen, dass kaum noch ein Erstsemester dem „Verstehenden Lesen“ gewachsen ist. Rainer Maria Jilg trifft auf hoch motivierte junge Gymnasiallehrer mit hervorragendem Abschluss, die fachfremd an Förderschulen eingesetzt werden und ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Er geht auch direkt an die Quelle: dorthin, wo Bildungspolitik gemacht wird – ins Kultusministerium.
Unter anderen kommen 12 Abiturienten aus Bamberg zu Wort – sie haben sich einem Allgemeintest gestellt und berichten von ihrem Schulalltag.
Solange Selektion und Leistungsdruck (man denke nur an die Vielzahl vorgeschriebener Probearbeiten im vierten Schuljahr) gewünscht sind, solange das zu bewältigende Pensum allenfalls mittels Bulimie-Lernens geschafft werden kann, wird sich nichts Entscheidendes ändern.
Ich kann mich schon lange des Eindrucks nicht erwehren, dieser Druck soll davon abhalten, sich politisch-gesellschaftlich mit fundierten eigenen Ansichten – sie zu entwickeln, benötigt Zeit, auch zum Denken – zu engagieren. Anpassung und Mitläufertum scheinen die gewollten Ideale zu sein.
Daß fehlende Bildung aber auch die Einsicht in die Notwendigkeit, Wissen zu erlernen, erschwert, kommt den Verantwortlichen nicht in den Sinn.
Leider hat die Misere längst entscheidende Stellen erreicht. Liest man sich so manche Antwort aus Politik oder Behörde auf schriftliche Eingaben durch, stellt man schnell fest: Außer dem Herunterbeten von Parteiphrasen bzw. Paragraphen findet sich wenig – und in vielen Fällen wird auf die konkreten Anliegen nicht einmal eingegangen. Die Frage, ob überhaupt verstanden wurde, ob der/die Angeschriebene überhaupt verstehen wollte, was Bürger oder Bürgerin eigentlich beabsichtigte, stellt sich immer wieder.