Christiane Hartleitner
Die UNESCO versteht unter immateriellen Kulturerbe das gelebte Erbe, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Zu den Ausdrucksformen gehören Tanz, Theater, Musik und mündliche Überlieferungen sowie Bräuche, Feste und Handwerkskunst. Die UNESCO setzt sich für den Erhalt dieser Traditionen ein.
Limmersdorfer Lindenkirchweih
Am 30. November war Bewerbungsfrist für die Eintragung als Immaterielles Kulturerbe. Im Bamberger Umland hat sich die Limmersdorfer Lindenkirchweih um Aufnahme beworben, immerhin blickt sie auf eine 300 Jahre währende Tradition zurück. Jedes Jahr wird in vier Metern Höhe um die Limmersdorfer Linde getanzt (BR).
Bamberger Gärtner
In Bamberg selbst läuft die Bewerbung der „Bamberger Gärtner“, die vom Verein der Bamberger Gärtner und Häcker mit seinem Museumsleiter Dr. Hubertus Habel getragen wird. „Die ‚Bamberger Gärtnerei‘ als Sammelbegriff für die Gärtnerstadt, die Menschen, die dort leben und arbeiten, die kulturellen Traditionen der Gärtner, deren Bau- und Wohnformen, das gärtnerische Brauchtum samt seiner religiösen Dimension, Kleidung und Sprache ist bedeutend für die Stadtgeschichte und das Stadtgefüge Bambergs“, betonte die Stadtspitze (hier). „Es ist ein lebendiger und in Mitteleuropa einzigartiger Komplex kultureller Ausdrucksformen, den es für nachfolgende Generationen zu erhalten gilt.“
Sandkerwa
Darüber hinaus müht sich der Bürgerverein IV. Distrikt mit Unterstützung des Bezirksheimatpflegers Prof. Dr. Günter Dippold um die Eintragung der „Sandkerwa“ in die Liste. Die mit Feiern verbundenen Bräuche eignen sich in die Aufnahme der Liste des immateriellen Erbes, sind diese authentisch. Das über sechs Jahrzehnte von der Bürgerschaft getragene Fest „Sandkerwa“, das von ortsansässigen Vereinen, Zünften und der Kirche in seinen Grundpfeilern gestaltete Fest Bamberger Bürger ist Ausdruck eines auf breitem Fundament gegründeten Bedürfnisses authentischer Ausgestaltung von Erinnerungskultur. Das gemeinsame Beisammensein mit lebendigem Brauchtum wird getragen von engagiertem Bürgersinn. In Anlehnung an die vermutete Weihe der Kirche St. Elisabeth im Sand in Bamberg am 24. August 1354 und dem ersten archivalisch belegten Nachweis einer Kirchweih zu St. Bartholomäus (24. August) mit Fisch- und Schlachtschüsselessen, was aus den noch vorhandenen Jahresrechnungen des St. Elisabethenspitals geschlossen werden kann, findet die Sandkerwa seit ihrer Neu-Gründung 1951 um diesen Termin im August statt. Der seit 1891 für den Sand engagierte Bürgerverein IV. Distrikt als Ausrichter der Sandkerwa hat sich nachweislich und von Anfang an der Brauchtumspflege und dem lebendigen Bürgersinn verschrieben. Neben der für eine Kirchweihe üblichen Ausgestaltung mit Festgottesdienst, Umzug mit musikalischer Begleitung, festlichem Schmuck sämtlicher Häuser und Gassen im Sand und in der Fischerei, Aufstellen des Kerwa-Baums und Tanz (Hahnenschlag), geht die Sandkerwa weiter: Von herausragender Bedeutung ist nicht nur die Einbindung traditioneller, im Gebiet verorteter Berufsgruppen, deren lebendiges Brauchtum den zentralen Part des Festes ausmacht, sondern die Ausformung als Wasserfest, die von Beginn an intendiert gewesen ist. Nicht nur das Fischerstechen ist Teil des Wasserfestes, das sich mit dieser Kirchweih verknüpft, sondern auch die abendliche Illumination der Lebensader Regnitz. Die Lichterparade auf dem Fluss, das Feuerwerk und die italienische Nacht (in Anlehnung an „Klein Venedig“) mit Lichtern und geschmückten Booten sind Ausdruck der Freude über die Verbundenheit zum Wasser. Ein buntes Nebeneinander verschiedenster Schiffstypen – vom traditionellen Schelch über die venezianische Gondel bis zum modernen Hightech-Kajak – zeugen von inniger Verbundenheit zum Wasser, die in Bamberg omnipräsent ist. Nicht verwunderlich, verfügen doch die Bamberger über das einzige öffentliche historische Flussbad in Oberfranken, das Hainbad. Der Fluss ist ein zentrales Element im Stadtraum.
Neben den Fischern und Schiffern waren fast von Beginn an die Bamberger Schützen mit ihren Bräuchen Teil des Festprogramms der Sandkerwa, Die untrennbare Verknüpfung mit den örtlichen Gegebenheiten, dem Sand und der Fischerei, die Kontinuität des Brauchtums und seiner lebendigen Ausdrucksformen in Vergangenheit und der Gegenwart sowie die erfolgreichen Anstrengungen, die nachfolgenden Generationen hiermit vertraut zu machen und somit Identität stiftend zu wirken, sprechen für die Aufnahme der Sandkerwa in die Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland.
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Der Gesamtkomplex „Oberhaider Wallfahrt“ und deren Rezeption – Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO / Fernsehtipp ARD: beliebte Sandkerwa startet / Es gibt sie noch, die schönen Dinge: das Karussell am Kranen / Es gibt sie noch, die Sandkerwa-Leckereien: “Hofmann’s Popkorn”
Ist Bierbraukunst jetzt materiell oder immateriell?
Man kann Auszeichnungen durch inflationären Gebrauch auch entwerten…