BUND Naturschutz
Der Einladung des BUND Naturschutz (BN) zu einer Ganztagesfahrt in den Nationalpark Hainich waren ca. 70 Interessierte aus dem ganzen Steigerwald gefolgt. Der BN lädt seit 2007 jährlich Interessierte sowie Kritiker und Unterstützer eines Nationalparks Steigerwald zu Busfahrten in andere Nationalparke ein. Im Rahmen einer Ganztagesfahrt kann sich jeder vor Ort ein Bild machen, welche Akzeptanz ein Nationalpark hat und wie er sich auf die Region auswirkt. „Wir freuen uns über das zunehmende Interesse in der Steigerwaldregion an der Frage, wie sich ein Nationalpark auf Mensch und Natur auswirkt“, so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. Schwerpunkte dieser Fahrt waren eine mehrstündige, von Nationalparkleiter Manfred Großmann geführte Wanderung durch das größte nutzungsfreie Laubwaldgebiet Deutschlands und der Besuch des Baumkronenpfades. In der abschließenden Diskussionsrunde lobte Bürgermeister Bernhard Bischof, Vorsitzender der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Hainich-Werratal das gute Miteinander von Nationalpark, Naturpark und Kommunen: „Wir arbeiten sehr gut mit dem Nationalpark zusammen, der hier bei uns eine sehr hohe Akzeptanz besitzt“. „Etliche Gastronomiebetriebe profitieren vom Nationalpark und haben die Zahl der Arbeitsplätze und Betten aufgestockt“, zieht auch Anne-Katrin Dille, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes der Welterberegion Wartburg Hainich, eine positive Bilanz.
Weltnaturerbe Nationalpark Hainich als Vorbild für den Steigerwald
Der Nationalpark Hainich wurde Ende 1997 ausgewiesen und 2011 mit dem Weltnaturerbeprädikat ausgezeichnet. Die Gemeinden im Umland des Nationalparks Hainich stehen hinter ihrem Nationalpark. „Eine Umfrage ergab, dass über 90 % der Bevölkerung den Nationalpark positiv sieht“, so Bürgermeister Bischof. „Als Welterberegion sind wir jetzt einzigartig“. „Wir arbeiten intensiv daran die Hainichregion bekannter zu machen“, so Dille. „Dafür erhalten wir auch erhebliche staatliche Zuschüsse.“ Hubert Weiger zieht einen Vergleich zum Steigerwald: „Der Steigerwald ist als Tourismusregion in Bayern heute noch weitgehend unbekannt, so wie es der Hainich in Thüringen vor der Nationalparkgründung war.“ Ein Nationalpark und Weltnaturerbe Steigerwald wäre in Verbindung mit den Welterbestätten Bamberger Altstadt und Würzburger Residenz für den Tourismus in Franken ein großer Gewinn. Es bestätigt sich immer wieder: ein Nationalpark ist nicht nur für die Natur ein Segen, sondern auch für die Menschen gerade in strukturschwachen Regionen.
Wanderung quer durch den Nationalpark
Im Rahmen einer mehrstündigen, von Nationalparkleiter Manfred Großmann und Förster Jens Wilhelm geführten Wanderung konnte sich die Wandergruppe aus dem Steigerwald davon überzeugen, dass das freie Betreten auf der gesamten Nationalpark- und Welterbefläche erlaubt ist. „Eine Beschränkung des Betretungsrechts gibt es hier im Nationalpark Hainich nicht“, so Großmann. „Wir haben mit unserem Vorschlag einer Nationalparkverordnung für den Steigerwald den Hainich zum Vorbild genommen“, so Hubert Weiger. Nach Vorstellungen der Naturschutzverbände soll es in einem Nationalpark Steigerwald auch keine Betretungsverbote geben. Die Befürchtungen, dass es deshalb hier zu Einschränkungen beim Betretungsrecht kommt, entbehren also jeder Grundlage. Ebenso soll nach den Vorstellungen der Naturschutzverbände im Steigerwald das Sammeln von Pilzen und Pflanzen für den Hausgebrauch weiterhin in einem Nationalpark möglich sein. „Die im Rahmen der Diskussionen um einen Nationalpark Steigerwald geäußerten Befürchtungen treffen für uns im Hainich nicht zu“, so Nationalparkleiter Großmann. „So gibt es in den Laubwäldern des Hainich keine flächigen Zusammenbrüche durch Borkenkäfer oder andere Insekten, wie es in Fichtenwäldern zuweilen beobachtet werden kann.“
Baumkronenpfad und Infrastruktureinrichtung
Die Besucher aus dem Steigerwald machten sich auch ein Bild von den Infrastruktureinrichtungen im Nationalpark Hainich und besuchten den Baumkronenpfad und das Nationalparkzentrum Thiemsburg. „Die Besucherzahlen des Baumkronenpfades im Nationalpark Hainich haben die Erwartungen weit übertroffen“, so Nationalparkförster Wilhelm. Auch im Steigerwald wird nun nach langem Ringen bei Ebrach ein Baumkronenpfad gebaut. Der Projektplaner und Investor hatte lange mit der Zustimmung gezögert, weil er Zweifel wegen der zu erwartenden geringen Besucherzahlen hatte. Es kam dazu der klare Hinweis vom Investor, dass im Steigerwald trotz der Naturausstattung eine Marke wie ein Nationalpark fehlt, damit auch genügend naturinteressierte Besucher den Weg in den Steigerwald finden. Im Nationalpark Hainich ist diese Sorge unbekannt: Alt-Ministerpräsident Bernhard Vogel schrieb 2010 in das Wipfelbuch des Baumkronenpfades: „Das Wagnis hat sich gelohnt! Ein Hoch auf den Hainich und auf den Nationalpark.“