Christiane Hartleitner, Fotos: Erich Weiß
Aus der Not eine Tugend zu machen: Dies dürfte so manchen Maler auf die Idee gebracht haben, im (immer zu kleinen) Atelier die Gemälde Rahmen an Rahmen zu hängen, um möglichst viele seiner Werke zeigen zu können. Der königliche Hofmaler Velazquez lässt uns in seinem berühmten Werk „Las Meninas“ ein Blick in sein Atelier mit den reichlich behängten Wände werfen und gleichzeitig werden wir Zeuge eines spontanen Besuches Prinzessin Margaritas, die ihre Eltern, König Philipp IV. mit Gattin, im Atelier des Künstlers aufsucht – Kinder eben, die es besonders nötig haben, wenn die Eltern gerade beschäftigt sind. Doch nicht jedem Kind rennt der Hofstaat hinterher, wie 1656 der Infantin. 300 Jahre später wird dieses Gemälde im Prado Picasso nachhaltig beeindrucken, vor allem das Selbstbewusstsein des spanischen Hofmalers wird es ihm antun, wie wir auf seinem Werk „Las meninas“ von 1957 sehen können.
Vom Nebeneinander zur barocken Hängung
Regenten und Fürsten mit Kunstverständnis legten im Barock eine Sammelleidenschaft an den Tag, wie sie sich Künstler des 21. Jahrhunderts nur wünschen können. Generationen an Künstler fanden in deren Galerien als „Inspektoren“ ein Auskommen, konnten alte Meister studieren, zu deren Erhaltung beitragen, dem eigenen Talent nachgehen – und den Fürsten im Glanz des Gebildeten erstrahlen lassen. Die gesammelten Werke wurden gerne gezeigt, nun ganz dem barocken Symmetrie-Verständnis ebenfalls achsensymmetrisch gehängt. Die berühmte Galerie in Schloss Pommersfelden darf hierzu gezählt und bewundert werden.
Vergangene Woche kam der bayerische Kunstminister Dr. Heubisch (FDP) nach Bamberg in die Staatsgalerie, um sich von eben jener Idee einer barocken Hängung zu überzeugen, die von der Bayerischen Staatsgemäldesammlung und dem angeschlossenen Doerner-Institut begleitet wurde. Der Bayerische Landtag hatte für die Restaurierung der Bilder und der historischen Lüster sowie ein neues Beleuchtungskonzept auf LED-Basis im Nachtragshaushalt 2012 insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung gestellt. Auch die historischen Fenster wurden denkmalpflegerisch und energetisch überarbeitet.
Zu Beginn der Enfilade stimmen nun den Besucher zwei großformatige Werke von Johann Michael Bretschneider (1656–1727) auf jene prächtige Wirkung und den repräsentativen Charakter einer barocken Hängung ein. Achsensymmetrie und bedeutungsvolle Steigerung von unten nach oben beachtend, gehen Heiligenbilder, Landschaftsveduten und Stillleben ein Nebeneinander ein, das die Kunstbeflissenheit des Eigentümers unterstreichen sollte.
In Saal II legte schließlich Minister Heubisch unter fachlicher Anleitung und mit restauratorischem Handwerkszeug ausgestattet selbst Hand an …
… um eben jener barocken Hängung in der Neuen Residenz zu ihrer Vollendung zu verhelfen. Hierbei fanden insgesamt 40 Bilder ihren Weg nach Bamberg, manche aus Depots, andere stammten aus Bamberg und waren vor 200 Jahren nach der Säkularisation eine Reise nach München angetreten, wieder andere waren nur für kurze Zeit in München und kehren nun wieder zurück.
Eingeübte Sehgewohnheiten werden einer Herausforderung ausgesetzt, das fein austarierte Nebeneinander – fachmännisch vom Doerner-Institut begleitet – unterschiedlicher Genres öffnet den Blick auf das Gegenüber, die notwendige Resonanz des anderen. Saal II dürfte tatsächlich ein Publikumsmagnet werden, in jedem Fall eine Bereicherung der Staatsgalerie.
Künstler-Kabinette mit feinen Gemälden zur niederländischen Stillleben- und Landschaftsmalerei schließen sich an: ein sechsteiliger Bilderzyklus des Rubens-Lehrers Otto van Veen (1556 bis 1629) sowie Gemälde des Rembrandt-Zeitgenossen Jan Lievens (1607 bis 1674) werden den Museen auf dem Domberg mit der überarbeiteten Präsentation tatsächlich neue Glanzlichter hinzufügen.
Minister Heubisch stattete nicht nur der barocken Hängung und einem seiner Lieblingsbilder einen Besuch ab, sondern nahm in der Staatsbibliothek das Arzneibuch aus Lorsch aus der Zeit um 795 in Augenschein, das jüngst von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt wurde: Lorscher Arzneibuch aus der Staatsbibliothek Bamberg gehört nun zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.
Die Bamberger Onlinezeitung kann sich glücklich schätzen, mit Christiane Hartleitner eine Journalistin zu haben, die zusammen mit Erich Weiß nicht nur in den tagespolitischen Themen eine unabhängige und fundierte Meinung hat, sondern auch – denn das ist ihr eigentliches Fachgebiet als Kunsthistorikerin – dem Laien bei unseren Bamberger Kunstschätzen einen neuen Blickwinkel aufzeigt. Wie wäre es einmal mit einer professionellen Führung von ihr für die täglich mehr werdenden Leser dieser Zeitung?
endlich mal ein Artikel zu dem Thema, der ohne den ganzen „Beutekunst“-Quatsch auskommt.
Die vornehmste Aufgabe einer Regierung ist die gleiche Beachtung, aller historischen Kulturgüter und Entwicklung in allen Landesteilen. Bayern ist ein Land der kulturellen Zentren die durch ihre Regionen getragen werden. Die Zentrale München ist für uns Franken kein Ersatz.
Der Landtag und die Wittelsbacherkulturstiftung sollten ihre politischen Aufgaben in unserer Zeit gerecht werden. Die Marke Weltkulturerbe sollte auch in Bamberg ihre bayrische, königliche und geschichtliche Erbe voran tragen und somit einigend sein .