Es geht auch anders …

Verein für Jugendhilfe e.V. / Wolfgang Maier

Der Verein für Jugendhilfe e.V. Bamberg arbeitet seit 1985 mit straffällig gewordenen jungen Menschen. Wesentliches Ziel seiner Arbeit ist die Verhinderung weiterer Straftaten. Der Verein bietet ein Lernfeld, in dem die jungen Menschen

  • sich mit ihrer Straftat und deren Folgen auseinandersetzen und Strategien zur Vermeidung weiterer Straftaten entwickeln können
  • ihre soziale Kompetenzen entwickeln und erweitern
  • lernen, ihren Alltag zu bewältigen
  • in die Lage versetzt werden, die eigene Zukunft zu planen und zu gestalten.

Darüber hinaus bieten die Mitarbeiter des Vereins seit 2009 drei begleitete Wohnplätze für junge Obdachlose ohne Arbeit an. Weitere Informationen und Kontakt unter: www.jugendhilfe-bamberg.de. Folgende Fallbeispiele stellen das Betätigungsfeld dar:

Mit seinen 16 Jahren ist Luan (Name geändert) ein „alter Bekannter“ der Polizei. Er hat schon viele Straftaten begangen, angefangen bei „Kleinigkeiten“ wie Diebstahl, Unterschlagung oder Erpressung bis hin zu gefährlicher Körperverletzung. Luan hat bereits mehrere Wochen Jugendarrest verbüßt. Als Konsequenz aus seinen letzten Delikten wurde er vom Jugendrichter u.a. zu einem Anti-Gewalt-Training (AGT) für jugendliche Straftäter verurteilt. Diese Maßnahme umfasst – neben diversen Einzelgesprächen – insgesamt 20 wöchentlich stattfindende Gruppenabende und zwei Wochenenden, an denen die Teilnehmer angehalten werden, sich mit ihrer Person, ihren Taten und deren Folgen auseinander zu setzen. Teil dieser Maßnahme sind auch zwei von einer Psychologin durchgeführte Interviews, jeweils eines vor Beginn und eines nach Beendigung des Trainings, die in erster Linie der Erfolgsmessung dienen. Im ersten Gespräch sitzt Luan der Interviewerin gegenüber, ohne Blickkontakt aufzunehmen. Seine Mimik ist während der ganzen Unterredung unbewegt. Er zeigt deutlich, dass er das Gespräch für unsinnig hält, wirkt demonstrativ gleichgültig, fummelt an seinem Lederarmband herum, spricht mit genervtem Tonfall. „Der zukünftige Profi-Kriminelle“, geht es einem durch den Kopf, wenn man ihn so erlebt. Er hält die Tat, wegen der er an dem AGT teilnehmen muss (er hat einem Bekannten aufgelauert, ihn zusammengeschlagen, so dass dieser schwere Verletzungen davontrug), für gerechtfertigt, weil das Opfer „nur dadurch lernt, kapiert, dass er keine Hektik machen soll. Manchmal muss es sein, dass man Gewalt einsetzt.“ Beim zweiten Interview, ein halbes Jahr später, scheint er ein anderer Mensch zu sein: Luan nimmt Blickkontakt auf, ist höflich, denkt über die Fragen nach, distanziert sich deutlich von seiner Tat. Er hat eine andere Einstellung zu Gewalt entwickelt, die sich auch auf sein Verhalten auswirkt: So hat er den Kontakt zum alten Freundeskreis abgebrochen und ist deshalb auch merklich stolz auf sich. Als ihm am Ende der positive Eindruck mitgeteilt wird, strahlt er und sagt, dass er das jetzt schön häufiger gehört habe.

Das Ende des Trainings liegt mittlerweile mehr als ein Jahr zurück. Luan hat eine Lehrstelle gefunden, mit der er zufrieden ist. Bisweilen kommt er im Verein für Jugendhilfe vorbei, um ein wenig zu reden. Von kriminellem Verhalten distanziert er sich nach wie vor sehr deutlich. Er ist seitdem strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten.

Um ehrlich zu sein, so augenfällig, wie in diesem Fall sind unsere Erfolge nicht immer. Aber über die Jahre haben wir doch eine Erfolgsquote von annähernd 50%, und das ist sehr viel angesichts der meist langen kriminellen Vorgeschichte der jungen Leute. Wir messen unseren Erfolg auch daran, dass viele der jungen Leute später, manchmal noch Jahre später, den Kontakt zu uns suchen. Von Misserfolgen erfahren wir in der Regel auch: durch das Gericht, Bewährungshelfer oder andere  Institutionen, mit denen wir eng zusammenarbeiten.

Das zweite Beispiel stammt aus einem anderen unserer Arbeitsbereiche. Seit 2009 bietet der Verein für Jugendhilfe jeweils für neun Monate Wohnung und pädagogische Betreuung für drei junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, die keine Wohnung und keine Arbeit haben. In dieser Zeit wird versucht, sie zu befähigen, ihre finanziellen Verhältnisse zu ordnen, einen eigenen Haushalt zu führen und eine Arbeit zu finden und zu behalten. Die verantwortliche Pädagogin schließt mit ihnen Verträge ab, deren Erfüllung genau überwacht und deren Nichterfüllung sanktioniert wird. Hier hatten wir (neben einem Misserfolg) im vergangenen Jahr erfreuliche Erfolge zu verzeichnen.

Die erstaunlichste Entwicklung zeigte die 21-jährige Katrin (Name geändert). Sie kam zum Verein für Jugendhilfe als „hoffnungsloser“ Fall. Alle Erziehungsbemühungen von Jugendamt und stationären Jugendhilfeeinrichtungen waren bis dahin gescheitert. Sie hatte ein Kind zur Welt gebracht, das ihr wegen ihrer Unzuverlässigkeit in eine Pflegefamilie gegeben wurde. Bei uns aufgenommen, zeigte sie sich gutwillig, aber labil. Nach geduldigster Kleinarbeit mit der Pädagogin in allen Lebensbereichen erwachten gewisse hauswirtschaftliche Fähigkeiten und der Wille, sich um den Erhalt der Lehrstelle, die ihr im Einzelhandel vermittelt worden war, wirklich zu bemühen. Sie bestand die Probezeit und ihr Arbeitgeber ist mit ihrer Arbeit zufrieden. Daraufhin machte sich die begleitende Pädagogin mit ihr zusammen auf die Wohnungssuche, was zur Zeit ein fast aussichtsloses Vorhaben ist. Dabei trat der unerwartete Glücksfall ein, dass die Brose Baskets, die sich vielseitig sozial engagieren, Katrin zu einer bezahlbaren kleinen Wohnung verhelfen konnten. Auf dieser Basis wurde Katrin nun Anfang Januar in die Selbstständigkeit entlassen. Der Fortgang wird sich sicher nicht problemlos gestalten. Aber unsere Pädagogin bleibt in einem engen Kontakt mit Katrin, so dass ihre Entwicklung hoffentlich auch weiter gut verlaufen wird.

Falls Sie jetzt neugierig geworden sind und mehr wissen wollen, können Sie die Homepage des Vereins für Jugendhilfe (www.jugendhilfe-bamberg.de) besuchen oder sich telefonisch an unsere Mitarbeiter wenden (Tel. 0951/27984).