Wie man in den Schlaf findet. Von Uschelreimen und anderen Spielereien.

Uschelreime

Huschel, Kindchen, sei so nett,
wusch ins Tuschelkuschelbett,
kannst dich unter Zuscheldecken,
duschelgruschelstruschelstrecken,
noch ein wenig buschelmuscheln
bis die Träume ruschelfluscheln.

Karlhans Frank

Von Chrysostomos

Gedichte sollen ja Spaß machen. Das ist jedenfalls eine der möglichen Motivationen, Lyrik zu lesen, durchaus auch: Lyrik zu schreiben. Das Vergnügen am Gedicht und die damit möglichen Vergnügungen sollten einem genau da vermittelt werden, wo sie einem nur allzu oft gewaltig ausgetrieben werden: die Schule ist der Ort, wo einem die Lust an Versen, an Versfüßen, an mehr oder weniger strengen Formen, an Metaphern, an Lautmalerei und an Silbenzählerei verleidet wird. Dem kann man bereits im Kinderzimmer entgegenwirken. Eltern sollten nicht nur lesen, sondern auch vorlesen. Oder – es heißt ja: homo ludens – frei spielerisch, vielleicht sogar im Dialog mit der Tochter, den Zwillingssöhnen, loslegen.

Mag sein, daß die „Uschelreime“ ihr Entstehen einer solchen frühabendlichen Spielerei und TOLLerei verdanken. Ich weiß es nicht, und Frank kann ich nicht mehr fragen, denn er ist 2007 im hessischen Gelnhaar an den Folgen eines Krebsleidens gestorben. Nach dem Studium der Ethnologie und der Kunstgeschichte war der gebürtige Düsseldorfer seit 1961 als freier Schriftsteller, Regisseur und Übersetzer tätig. Er verfasste Lyrik, Prosa, Reiseerzählungen, Hörspiele, Drehbücher („Sesamstraße“, „Die Sendung mit der Maus“), hielt zahlreiche Schullesungen, verknüpfte Jazz und Lyrik, war Mitglied des P.E.N. und engagierte sich im Bundesvorstand des Schriftstellerverbandes. Über hundert Bücher liegen von Frank vor, beispielsweise der Gedichtband Ringelstern und Morgennatz (1991), der Kasseler Kinder-Kunst-Krimi Ein Tischbein und zwei Beuys (1997) oder die Drachengeschichten (2001).

Eine Auswahl der Gedichte von Karlhans Frank, darunter die wunderbaren „Uschelreime“, ist zu finden in der von Hans-Joachim Gelberg edierten Anthologie Großer Ozean. Gedichte für alle (Weinheim: Beltz und Gelberg, 2000). Die ZEIT feierte die Sammlung als „schönstes, buntestes, besinnlichstes Buch des Jahres“. Es ist reich illustriert, Paul Maar ist darin ebenso zu finden wie Bertold Brecht und Ernst Jandl, Liebesgedichte ebenso wie Verse gegen die Umweltverschmutzung. Vor zwei Jahren legte Gelberg einen Nachfolgeband vor, Wo kommen die Worte her? Neue Gedichte für Kinder und Erwachsene. Wer dort hineinschaut, wird sein blaues Wunder erleben. Es lohnt sich ungemein.

NB: Eine Besprechung von Wo kommen die Worte her? ist hier nachzulesen.