Vom 10.–12. Juli 2012 war die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen wieder einmal für das ZDF aktiv geworden. Sie führte 1255 Interviews bei zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch durch. Die Befragung ist repräsentativ, der Fehlerbereich beträgt zwischen 2 und 3 Prozentpunkten.
Besonders auffällig war das große Interesse der Menschen für die Euro- und Schuldenkrise: Mit 54 Prozent der Nennungen ist es aktuell das mit weitem Abstand wichtigste politische Thema in Deutschland (Juni: 41 Prozent; Mai: 33 Prozent). Dabei spricht sich mit 61 Prozent eine deutliche Mehrheit dagegen aus, dass den Ländern unter dem Euro-Rettungsschirm mehr Zeit eingeräumt wird, um die vereinbarten Sparziele zu erreichen (dafür: 31 Prozent; weiß nicht: 8 Prozent). Dies wird in allen Parteianhänger-Gruppen mehrheitlich so gesehen, wobei die Anhänger der Piraten (74 Prozent) und die der Union (63 Prozent) am häufigsten gegen eine solche Lockerung der Vorgaben sind. Auf der gleichen Linie liegt die entschiedene Ablehnung von Eurobonds und einer gemeinsamen Haftung der europäischen Staaten für solche Schulden. Auch eine zukünftig denkbare gemeinsame Fiskalpolitik der Euro-Länder würde an der Ablehnungsfront nicht viel ändern. Nur 12 Prozent der Wähler könnten sich derzeit für Eurobonds erwärmen.
Trotz der öffentlich verlautbarten Kritik an Angela Merkel nach dem letzten Euro-Gipfel hat ihre Popularität zugenommen; 63 Prozent aller Deutschen (Mai: 60 Prozent) stimmen ihrer Euro-Politik eher zu, „eher schlecht“ finden sie nur noch 28 Prozent (Mai: 30 Prozent). Die Drohung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, dass die CSU bei weiteren finanziellen Zugeständnissen beim Euro die Bundesregierung verlassen wird, glauben ihm nur 14 Prozent und 82 Prozent nehmen die Drohung nicht ernst (weiß nicht: 4 Prozent). In der Politbarometer-Projektion hat der Vorsprung der Union vor der SPD wieder deutlich zugenommen: Bei einer aktuellen Bundestagswahl käme die CDU/CSU auf 36 Prozent (+ 2), während die SPD nur noch 30 Prozent erreichte (- 2). Die FDP würde mit 4 Prozent (- 1) an der 5%-Hürde scheitern, die Linke könnte sich auf 6 Prozent verbessern (plus 1). Die Grünen blieben unverändert bei 13 Prozent und die Piraten bei 7 Prozent. Damit hätte weiterhin weder die amtierende Regierungskoalition noch eine rot-grüne Koalition eine parlamentarische Mehrheit.
Noch nie war die Geburtenrate in der Bundesrepublik so niedrig wie zurzeit. Damit in Deutschland wieder mehr Kinder zur Welt kommen, glauben 38 Prozent, insbesondere würde ein verbessertes Ganztagsbetreuungsangebot helfen, lediglich 26 Prozent meinen, das würde nicht viel bringen. Eine Aufstockung der finanziellen Förderung für Familien halten nur 29 Prozent für sehr hilfreich, aber 37 Prozent glauben, dass das kaum etwas bewirken würde. Und selten war die Meinung der Menschen so eindeutig wie zum neuen Meldegesetz, das der Bundestag beschlossen hat: 97 Prozent sind dagegen, dass die Meldeämter ohne Zustimmung der Betroffenen Adressdaten verkaufen dürfen.
(hp)