zu Aufgaben, Bedeutung und anstehender Neuwahl des Bamberger Migranten- u. Integrationsbeirats MIB
Wolfgang Neustadt
Wer hat unseren Aufmacher verstanden? („alle zusammen für Bamberg“) Zumindest unsere türkischen Mitbürger werden damit (hoffentlich) kein Problem haben. Sie stellen die mit Abstand größte ausländische Volksgruppe in Bamberg. Zur Zeit leben hier insgesamt 13.800 Bürger aus 114 Ländern mit Migrations“hintergrund“, insgesamt also ca 20% der Bamberger Gesamtbevölkerung! Davon 5.600 Einwohner ohne deutschen Pass.
Bamberg leistet sich schon seit beinahe 20 Jahren eine kommunalpolitische Vertretung seiner Zuwanderer. 1992 hieß sie noch „Ausländer“beirat“. Ein Gremium, das im Vergleich zu Erlangen und Nürnberg spät, d.h. erst 1994 nach Forderungen eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses auf Stadtratsbeschluss gegründet wurde. Seit 2006 öffnete sich der Beirat auch für Eingebürgerte und wurde zu „Migranten- und Integrationsbeirat“ umbenannt.
In den letzten Jahren sind es durchschnittlich ca. 30.000 €, die die Stadt Bamberg für ehrenamtliche Geschäftsführung, Sachleistungen (Miete, Ausstattung etc), Aufwandsentschädigungen und Öffentlichkeitsarbeit in den Haushalt einstellt (2012 aufgrund der jetzt anstehenden MIB-Wahl ca. 40.000 €). Diese Basisausstattung kann der MIB aufgrund erfreulich konstanter Spenden und Zuwendungen Dritter stets aufbessern, womit sich aber trotzdem lange noch nicht alle Wünsche erfüllen lassen.
Die Gelder sind gut angelegt. Geht es doch grundsätzlich um die Verbesserung der Situation der Migranten mit dem alle angehenden höheren Ziel eines gleichberechtigten und friedlichen Zusammenlebens aller Bamberger Bürger unter aktiver Beteiligung der MigrantInnen selbst, die hier ihre Erfahrungen und ihr spezifisches Wissen, aber auch viel Zeit und Energie einbringen. Im Besonderen geht es um Bildungsförderung, bessere sprachliche und kulturelle Integration, berufliche Eingliederung sowie um die interkulturelle Öffnung der Bamberger Stadtverwaltung.
Aber auch um die Förderung von Begegnungern und den Abbau gegenseitiger Vorurteile zwischen den Bambergern mit und ohne Migrationshintergrund.
Die Kärrnerarbeit leisten entsprechende fünf MIB-Arbeitsausschüsse für Soziales, Öffentlichkeitsarbeit, Frauen, interkulturelle Erziehung und Bildung sowie Sport-Kultur- Religion.
Bürgermeisterliches Herzanliegen ist der Runde Tisch FLIP („Flächenübergreifendes Integrationskonzept“), der eigentliche kommunalpolitisch integrative Motor. Damit lassen sich über den Stadtrat und die verschiedenen Ausschüsse u.a. MIB-Initiativen bis zur übergreifenden Bürgerbeteiligung anstoßen und umsetzen. Ein in der Tat äußerst wichtiger Hebel. Wie zum Beispiel die jeweils längerfristig angelegten Projekte „Lesefreund“, ganz aktuell „Immigration und Wohnen“.
Die Arbeit des MIB muss als ein kommunalpolitisch offener Prozeß verstanden werden. Es geht um Bündelung von Kompetenzen, Zieldefinitionen und Strategien im gesamten kommunalpolitischen Umfeld. Auch wenn sich das MIB-Organigramm wie auch die verschachtelten Vernetzungen incl. FLIP als ein keineswegs unmittelbar zugängliches bürokratisches Konstrukt darstellen (lassen?). Eher schon als Produkte feinsinniger Verwaltungsraffinesse. Frei nach Max Frisch (und Andreas Starke): „die Würde des Menschen besteht in der Wahl“, von feinst gesponnener Bürokratie war dort freilich nicht die Rede.
Der Migranten- und Integrationsbeirat besteht zur Zeit aus 17 Mitgliedern (von maximal 21 möglichen, 2012 werden es aus wahltechnischen Gründen voraussichtlich 20). Seit langem bewährter 1. Vorsitzender ist der Tunesier Mohamed Hédi Addala, Stellverteterin ist die rührige Mitra Sharifi Neystanak (ursprünglich Iran), die gleichzeitig der Landesvertretung aller bayerischen Ausländer-/ Integrationsbeiräte (AGABY) vorsteht.
Und aufgmerkt, Frau Minister Schröder: der Beirat braucht eine Männerquote: 14 Frauen sagen, wo‘s im MIB lang geht!
Laut Addala schauen aktuell besonders die „großen Brüder“ München, Erlangen und Nürnberg gespannt auf Bamberg. Wie wir. Eben seit 1994 bittet nämlich der MIB alle sechs Jahre seine ausländischen wie eingebürgerten Mitbürger, die sich ins Wählerverzeichnis aufnehmen lassen, an die Wahlurne. Diesmal am 15.7.2012 in der Graf-Stauffenberg-Schule. Wahlberechtigt sind ca. 4.000 Bürger.
Die Wahlbeteiligung an den Beiratswahlen ist bundesweit eher niedrig. Die Bamberger jedoch hoffen auf eine gute Beteiligung.
Am 7.7. läuft als Vorprogramm: das ganztägige interkulturelle Fest auf dem Maxplatz, mit Vorstellung der Kandidaten, viel originaler Folklore und wie immer mit den renommierten Spezialitäten wie Döner und Pizza, Lahmacun, Baklava, Weizengrützesalat, Sarma und Börek, Cevapcici und Sarmale, dazu viel griechisch-italienisch-spanisch-portugiesischer Wein.
Der MIB beteiligte sich über die Jahre maßgeblich an unzähligen bürgerschaftlichen Initiativen. So am „Fest der Demokratie“ oder auch an Bambergs „Bündnis gegen Rechtsextremismus“. Er kreierte die Aktion „Radeln gegen Rassismus“, die alle zwei Jahre als Auftakt zum Interkulturellen Sommerfest mit dem Interkulturellen Fest am Maxplatz alterniert. Oder er rief zusammen mit der Stadt die Auszeichnung für Zivilcourage „Handeln statt Wegschauen!“ ins Leben. Er setzte sich ein für Initiativen, die sich vorbildlich gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Willkür oder Diskriminierung wenden.
Besonderes Anliegen ist der interreligiöse Dialog. Dank dem Engagement und der Offenheit aller in Bamberg ansässigen religiösen Gemeinden sind gemeinschaftliche Gebete, an denen Christen, Juden und Muslime zusammen teilhnehmen, bereits eine feste Tradition, um die uns manche Städte beneiden.
Wie also wärs dann zum Beispiel mit einer gemeinsamen Stellungnahme aus Bamberg zum rezenten skandalösen Kölner Beschneidungsurteil, das diese als Körperverletzung bestrafen will? Ein Urteil aus eigentlich längst vergangenen Zeiten! Nicht nur jüdische sowie islamische Glaubensangehörige laufen Sturm.
Wie steht’s aktuell und wie geht’s weiter? Laut 4. Bildungsbericht des Bundes und der Länder, der gerade veröffentlicht wurde, steigen aktuell die Bildungschancen und -Ergebnisse für Kinder und Jugendliche mit Migrations“hintergrund“, sie verbleiben jedoch auf markant niedrigem Niveau. Die Verbesserung der Bildungschancen bleibt auch für den MIB eines der obersten Ziele.
Tagespolitisch aktuelle Fragen drehen sich zum einen weiter um das große Thema Asyl. Zum Beispiel in Würzburg, wo iranische Asylsuchende spektakulär gegen die Behandlung ihrer Anträge demonstrieren. Der MIB-Beirat unterstützt die Bamberger Initiative „Freund statt fremd“, die sich mit großem Engagement für die Verbesserung der Situation der Flüchtlinge einsetzt.
Weiter dauerbrennende Frage bleibt die diskussionwürdige EU-Schengengesetzgebung, die verschiedenen EU-Eingangsstaaten gemeinschaftliche Maßstäbe auferlegt, die diese aus verschiedenen Gründen offensichtlich kaum leisten können oder wollen.
Oder auch die ganz speziell hausgemachte Bamberger Diskussion zur Unterbringung hiesiger und auswärtiger Asylbewerber, die zum problematischen Themenspektrum gehört.
Dazu hat man im MIB natürlich jeweils persönlich eigene Positionen. Institutionell tut man sich aber schwer, hierzu ein wünschenswerterweise deutlicheres Wort abzugeben. Fragen des Asyl-/Aufenthalts- und Abschieberechts, auch zu Arbeitserlaubnissen, unterliegen bekanntermaßen Landes- bzw. Bundesrecht.
Große und offenbar realisierbare MIB-Hoffnung besteht in der dringend notwendigen Stellenschaffung eines echten Geschäftsführers. Der bisherige Ausschuss ist überlastet, Vorgänge noch aus dem vorigen Jahr harren der Bewältigung. Nach salominischer Aussage von Bürgermeister Starke würde sich dies, wenn, einzig durch Haushaltsumschichtungen stemmen lassen.
Prunkstück des MIB sind im Herbst die 6 Wochen dauernden Interkulturellen Wochen. In diesem Jahr die 18. Veranstaltung, vom 29.9. bis 9.11.2012. Immer mit einem interessanten Querschnitt durch die interkulturelle Vielfalt in Bamberg: Konzerte, Ausstellungen, Filmvorführungen, Stadtrundgänge, Begegnungsveranstaltungen, Tage der Offenen Tür in den Vereinen und Bamberger Moscheen. Auch Vorträge und politische Veranstaltungen bieten reichlich Gelegenheit zu interkulturellem Dialog und Kultur.
Also, ausländische Bamberger Mitbürger, geht wählen, denn:
kim oyunu kullanırsa ve seçimlere katılırsa sadece o kişi birlikte karar verebilecek, haydi seçime… (tü) – Hа жаль, тільки хто обирає, визначає. Tак давай! (ukr) – Purtroppo solamente chi va a votare decide, forza allora! (it) – But only those who vote, actually decide, so jump to it (eng) –
leider nur wer wählen geht, bestimmt mit, auf auf!!
Wie kommt ein „integrierter“ Mensch auf die sagenhafte Idee, dass wir unser Recht einem fremden Glauben unterordnen sollen?
Gehts noch? Euere Religion ist wichtiger als unser Recht?
Wenn es Euch nicht passt, dass wir Kindesmisshandlung bestrafen, dann geht einfach wo anders hin! Euere Religion könnt ihr dann gleich mitnehmen – eine Religion, die Körperverletzung fordert ist eine erbärmliche Schande!