Winnie Wenzel
Man traut Augen und Ohren nicht: da scheint ein amerikanischer Basketball-Legionär bei Nacht und Nebel die Koffer gepackt zu haben, weil ihm zu Hause in Amerika eine attraktive Ko-Trainer-Stelle angeboten worden war. Und dies mitten im Playoff-Halbfinale, kurz vor dem wichtigen ersten Heimspiel der Serie gegen Ulm. So wird es jedenfalls derzeit im Netz, auf der Homepage der s.Oliver Baskets und in der Würzburger Presse kommuniziert. Dieser Vorgang liest sich so schräg, dass man sich als Auswärtiger fragt, ob sich dieser Vorgang aus Sicht des ,Fahnenflüchtlings’, der offenbar keinen festen Vertrag mehr hatte, sondern nur noch per mündlicher Absprache für die Playoffs an den Verein gebunden war, nicht anders darstellt. Auf alle Fälle dürfte das Team erheblich irritiert sein. Ich bin wirklich gespannt, wie es diesen unerwarteten Abgang heute Abend gegen Ulm verkraftet.
Mich erinnert der Vorgang an alte Anekdoten über das Verhalten von amerikanischen Basketball-Legionären in grauen Vorzeiten. Natürlich sind die Fälle nicht vergleichbar – weder von der Zeit her noch vom Liga-Niveau, dennoch macht es hin und wieder Spaß, Anekdoten zu überliefern. Als ich 1970 als Jugendspieler bei einem südwestdeutschen Club zu spielen (nicht sehr hochklassig!) anfing, gab es dort keine Ausländer, obwohl man amerikanische Kasernen vor der Tür hatte. Hin und wieder wurde unter Spielern diskutiert, ob man sich nicht verstärken sollte. Aber der allmächtige Vereinsboss, zugleich Sponsor des Teams, winkte dann bloß ab: Er habe früher regelmäßig Amerikaner angeheuert, aber irgendwann sei es ihm einfach zu stressig geworden, vor wichtigen Spielen die einschlägigen Etablissements im Mannheimer Rotlichtmilieu nach unseren alliierten Hilfstruppen durchkämmen zu müssen. Wenn er und sein Suchkommando erfolgreich waren, hätten unsere Amerikaner, in welcher persönlichen Verfassung auch immer, ihre 30-50 Punkte gemacht und einen klaren Sieg eingefahren, andernfalls wäre man aber aufgeschmissen gewesen und gründlich untergegangen. Seine Nerven würden das inzwischen nicht mehr mitmachen …