Die Notwendigkeit von Kontrolle

Nach dem jüngsten Desaster um die geplatzte Eröffnung des Flughafens Berlin Schönefeld BER begann die Suche nach dem Schuldigen, schweres Missmanagement wird beklagt. Vor allem, sei zu ergründen, inwieweit „auf bohrende Fragen des Aufsichtsrats auch in der Vergangenheit die Geschäftsführung umfassend und korrekt oder nicht umfassend und nicht korrekt informiert hat“ (welt online). Auch dem Aufsichtsrat der Bayern LB werden ähnliche Vorwürfe gemacht …

Wie notwendig eine funktionierende Kontrolle in solchen Gremien ist, ist hinlänglich bekannt, doch wie kritischen Aufsichtsräten mitunter mitgespielt wird, wenn sie die ihnen obliegende Kontrollpflicht gewissenhaft übernehmen, zeigt die Sozialstiftung Bamberg.

Pressemitteilung der GAL

Streit um Führungswechsel in der Sozialstiftung spitzt sich zu

Mit Missständen wird nicht verantwortungsvoll umgegangen

Seit der Forderung der GAL-Stadtratsfraktion, die Geschäftsführungsstelle an der Spitze der Sozialstiftung neu auszuschreiben und den Vertrag mit dem jetzigen Stelleninhaber Xaver Frauenknecht nicht zu verlängern, spitzt sich der Streit um Führungsstil und Ausrichtung des städtischen Unternehmens zu.

Wie Fraktion und Vorstand der Grün-Alternativen Liste mitteilen, sind sie nicht länger bereit, ihre Beweggründe für die Forderung nach einer Ablösung Frauenknechts der Öffentlichkeit vorzuenthalten. „Es hat sich herausgestellt, dass es trotz intensiver Bemühungen unmöglich ist, intern eine Verbesserung der Missstände zu erreichen“, resümiert Fraktionsvorsitzende Ursula Sowa. „Nachdem sich sowohl Stiftungsrat als auch OB völlig ablehnend zeigen, braucht es offenbar den öffentlichen Druck.“ Sie nimmt damit Bezug auf die Vorwürfe gegen einen im Klinikum beschäftigten Gynäkologen, dessen Gebaren „obwohl bekannt, lange geduldet wurde“, und der erst nach Schlagzeilen in der überregionalen Presse vom Dienst entbunden wurde.

Eine lange Liste von Beschwerden

Doch die GAL verzeichnet noch weit mehr Beschwerden empörter BürgerInnen und MitarbeiterInnen der Sozialstiftung, die sich Hilfe suchend auch an die GAL gewandt haben. „Diese Probleme sind keine Einzelfälle mehr, sondern belegen gravierende strukturelle Probleme.“ Sowa nennt nur einige Beispiele: Laborproben in beträchtlicher Anzahl wurden verwechselt, bei einer Patientin wurden Probleme mit der Einstichstelle einer Infusionsnadel ignoriert, was zu einer komplizierten Entzündung führte, statt einem Patienten wurde seinem Begleiter Blut entnommen, ein verängstigter Patient höheren Alters wurde in der Intensivstation am Bett festgebunden, weil er weinte, es gab Behandlungsfehler mit schweren teilweise lebenslangen Folgen, Überbelegung von Zimmern wird beklagt, die eine Genesung unmöglich macht. Aber auch von Seiten der Beschäftigten kommen laut Sowa permanent Hilferufe, weil sie die ständige Überbelastung nicht mehr aushalten, darauf von der Klinik-Leitung aber keine Rücksicht genommen wird.

Diese ganze Entwicklung von Missständen, die PatientInnen am eigenen Leib zu spüren bekommen und MitarbeiterInnen zu erleiden haben, sieht die GAL im größeren Zusammenhang der Geschäftspolitik der Sozialstiftung: „Die Sozialstiftung ist nicht mehr sozial, sondern ausschließlich gewinnorientiert nach dem Grundsatz: Immer mehr, immer größer, immer neuer, immer technischer. Das Augenmerk liegt ausschließlich auf verzeichneten Rekordgewinnen. Aber zu welchem Preis? Die Menschlichkeit geht dabei verloren.“

Die GAL mit ihrer Stiftungsrätin Ulrike Heucken hat sich nach eigenem Bekunden in den vergangenen Jahren unablässig bemüht, diese rein betriebswirtschaftliche Ausrichtung der Sozialstiftung zu korrigieren – jedoch ohne Erfolg. Mit ihrem Versuch, einen personellen Neuanfang in der Geschäftsführung zu erreichen, hat die GAL nun offensichtlich massive Gegenwehr hervorgerufen.

Stiftungsrätin soll mit Klageandrohung eingeschüchtert werden

Ein drängendes internes Alarmschreiben eines hohen Verantwortungsträgers des Klinikums an den Vorstand der Sozialstiftung, das zahlreiche Fälle von Missständen dokumentiert und von einer „zunehmend krisenhaften pflegerischen und ärztlichen Betreuung mit hohem Gefährdungspotential“ spricht, gab GAL-Stadträtin Ulrike Heucken zur Kenntnis an ihre StadtratskollegInnen, woraufhin ihr eine Klage angedroht wurde. Diese stammt von einem in dem Schreiben genannten Patienten, der sich selbst über seine Behandlung beschwert hatte, nunmehr aber seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht. Die GAL-StadträtInnen gehen davon aus, dass diese Klageandrohung ihre Kollegin Heucken persönlich einschüchtern soll. „Dies wird nicht zum Erfolg führen. Ganz im Gegenteil werden wir unsere Stiftungsrätin Heucken bei ihrem Einsatz für ein patientenorientiertes und humanes Klinikum auch weiterhin massiv unterstützen. Ulrike Heucken kann sich auf die GAL verlassen“, so Sowa.

Regierung von Oberfranken bescheinigt Stiftungsrätin korrektes Handeln

Die GAL hält es für die Pflicht einer Stiftungsrätin, Beschwerden ernst zu nehmen und an den zuständigen Stellen – und das sei neben dem Stiftungsrat auch der Stadtrat – zu erörtern. „Meine Kollegin hat ja gerade im Interesse des Beschwerdeführers gehandelt“, stellt Ursula Sowa fest. Diese Sichtweise wird inzwischen auch von der Regierung von Oberfranken bestätigt, die Heucken korrektes Handeln bescheinigt hat.

Die GAL-Stiftungsrätin, die sich mittlerweile nicht nur Klageandrohungen, sondern auch zahlreicher persönlicher Anfeindungen ausgesetzt sieht, hat inzwischen unter Protest angekündigt, dem Stiftungsrat vorerst nicht mehr beiwohnen zu wollen – dies nach 50 Sitzungen, denn Heucken vertritt die GAL seit Gründung der Stiftung im Stiftungsrat.

Oberbürgermeister Starke hält Informationen zurück

Noch ein weiteres Vorgehen von Oberbürgermeister Starke deutet die GAL als Hinweis darauf, dass alle Schieflagen „unterm Deckel gehalten werden sollen“. Im Herbst letzten Jahres prüfte die Regierung von Oberfranken auf Betreiben der Stiftungsrätin Heucken, ob Geschäftsführer Frauenknecht beim Kauf einer Arztpraxis gegen einen Beschluss des Stiftungsrats verstoßen hat. Seit Mitte Februar liegt das Prüfungsergebnis nach Auskunft der Regierung im Bamberger Rathaus vor. Weder Stiftungsrat noch Stadtrat wurden darüber informiert. Auch nach mehrmaligem Nachfragen bekam die GAL das Schreiben bis heute nicht zur Kenntnis. „Dieses Beispiel zeigt, wie seit langem eine typische Geschäftspolitik von Herrn Frauenknecht gedeckt wird, die unsere Sozialstiftung zu einem gewinnorientierten Marktkonzern macht, statt den gemeinnützigen Stiftungsauftrag zu erfüllen, und sie außerdem jeder demokratischen Kontrolle entzieht“, so Sowa.

Die GAL will sich entschieden gegen diese Entwicklung stellen und sieht keine andere Möglichkeit, als die Öffentlichkeit zu informieren. Der weithin und nicht ohne Grund schlechte Ruf der Sozialstiftung sei ohnehin nur noch zu retten, wenn es eine grundlegende Kursänderung und personelle Veränderungen an der Spitze der Sozialstiftung gebe. „Frauenknecht hat sich als Technokrat erwiesen, der primär in betriebswirtschaftlichen Kennziffern denkt und der am Wohlergehen der Patienten allenfalls nachrangig interessiert ist. Von einer neuen Geschäftsführung versprechen wir uns einen neuen Führungsstil, der dem sozialen Auftrag einer kommunalen Stiftung gerecht wird und Ökonomie und optimale medizinische Versorgung in Einklang bringt“, sagt Sowa. Aus der Bevölkerung erhält die GAL nach eigener Aussage viel Zuspruch für ihre Aufdeckung der Missstände.