Die farbige amerikanische Sängerin und Songschreiberin Donna Summer, die als Pionierin des internationalen elektronischen Pop gilt und ohne deren Vorbild Erscheinungen wie Madonna und Lady Gaga nicht denkbar gewesen wären, verstarb gestern am 17. Mai 2012 an den Folgen eines Krebsleidens.
Donna Summer, geboren als LaDonna Adrian Gaines, sammelte erste Bühnenerfahrung schon als Kind in einem Gospelchor. Mit Siebzehn gab sie in Boston die Frontfrau der weißen Psychedelic-Rock-Band Crow, 1968 schlug sie einen Plattenvertrag für New York aus und bewarb sich statt dessen für eine Rolle im Musical Hair, das die utopischen Sehnsüchte der damaligen Generation auf einer Münchener Bühne konkretisierte. Summers Hit Aquarius wurde zum Ohrwurm und trug seiner Interpretin Fernseh- und Werbeauftritte (so z.B. in einem legendär gewordenen Afri-Cola-Spot) weitere Musical-Rollen und erste internationale Gesangserfolge ein.
Ihren weltweiten Durchbruch verdankte die Summer dann kurioser Weise nicht ihren fantastischen stimmlichen Qualitäten, sondern einer siebzehnminütigen Orgasmus-Simulation über einer jazzigen Basslinie in dem von Casablanca Records in München produzierten Titel „I’d love to love you“ für die Discos dieser Welt. Damit kam sie in den USA auf Platz 2 der Charts und in Deutschland später sogar – zusammen mit Karlheinz Stockhausen, Kraftwerk und Tangerin Dream – auf eine Internet-Seite des Goethe-Instituts, wo es um die Protagonisten deutscher elektronischer Musik geht. Musikwirtschaftlich war dieser Titel extrem innovativ, erfand er doch die Maxisingle und arbeitete mit seinem synthetischen Endlosrhythmus der Stilrichtung House vor.
In den späten siebziger und in den achtziger Jahren produzierte Donna Summer dann fetzige Disco-Hits in Serie. Wie keine andere Künstlerin beherrschte sie in jener Zeit die internationalen Dancefloors. Speziell nach ihrem Titel Last Dance (1978) brach Donna Summer alle Rekorde. Sie hatte drei Nummer-1-Doppelalben in Folge in den US-Charts; keiner anderen Musikerin, keinem Musiker, keiner Gruppe war dies vor ihr gelungen. Ich erinnere an MacArthur Park, No More Tears, Hot Stuff, Bad Girls sowie an das Live-Album Live And More. Ihre fünf Grammys holte die extrem wandlungsfähige Sängerin bemerkenswerter Weise in vier verschiedenen Kategorien: Rock, R’n’B, Gospel und Dance. In der Geschichte der Pop-Kultur gilt Summers Album Bad Girls als repräsentativ für das Disco-Zeitalter, indem es „Hysterie, Furcht, Dekadenz, hilflose Suche und Zelebration des narzisstischen Ichs in frappierenden musikalischen Statements“ abbilde und damit das Abbild „einer orientierungslosen Lebewelt beim Tanz auf dem Laserlicht-Vulkan“ zeichne.
1992 erhielt Donna Summer ihren Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Diese Ehrung und die vielen Erfolge sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Leben dieser Ausnahmekünstlerin auch dunkle Seiten gab: Ärger mit Plattenfirmen, berufliche wie private Trennungen, Depressionen, Süchte. Wir sind es schon gewohnt, dergleichen als anscheinend unabwendbare Kehrseite des Glamour zu akzeptieren. Mit Donna Summa verlieren wir eine wandlungsfähige Diva des Pop, die einen hochemotionalen, komplexen und immer energiegeladenen Sound geschaffen und viele jüngere Musikstile maßgeblich beeinflusst hat.