Der Hauptsmoorwald im Wandel der Zeit, Teil VI

Mit interessanten kulturgeschichtlichen Spaziergängen setzt Richard Kaiser den Mehrteiler „Der Hauptsmoorwald im Wandel der Zeit“ fort. Der Hauptsmoorwald ist für Bamberg von herausragender Bedeutung: als Rohstofflieferant, als Wasserschutzgebiet, als Frischluftschleuse. In dieser Serie wird der Forstamtsrat dessen Ausdehnung und Schrumpfung, seine historische Entwicklung, seinen Funktionen sowie die historische Waldnutzung darlegen. Ganz nebenbei werden bei einem Spaziergang die dortigen Denkmäler vorgestellt. Von seiner einstigen Größe von 4500 ha, als Kaiser Heinrich das Bistum Bamberg gründete, sind bis heute 2800 ha verblieben – die gilt es zu schützen!

In Teil I wurden bereits allgemeine Aspekte des Hauptsmoorwaldes angesprochen und somit ein Überblick geschaffen. Teil II befasste sich mit der Geschichte. Teil III widmete sich dem spannenden Teil der Waldfunktionen, wobei auch die Flösserei und allerhand Viecher angesprochen werden. Mit Teil IV des Hauptsmoorwald-Mehrteilers stellte Forsamtsrat Richard Kaiser die Erholungs- und Schutzfunktionen des Hauptmoorwaldes vor, in Teil V erläuterte er die Forstverwaltung am Beispiel Pödeldorf.

Der Autor FAR Richard Kaiser war von 1987 bis 2006 Förster im nördlichen Hauptsmoorwald (Bayerische Staatsforstverwaltung/Bayerische Staatsforsten) und ist Forstlicher Berater der Waldbesitzervereinigungen Bamberg e. V. und Steigerwald e. V.

Richard Kaiser

Kulturgeschichtliche Spaziergänge
Im stadtnahen Hauptsmoorwald sind viele Zeugnisse unserer Geschichte vorhanden. Zwei davon, beides Standorte von Gedenksteinen, möchte ich näher beschreiben:

Kunigundenruhmartern

Kunigundenmarter

Kunigundenmarter

Diese beiden Bildstöcke (in Franken Martern genannt) wurden 1601 und 1676 errichtet. Der Sage nach soll das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde, die 1007 das Bistum Bamberg gründeten, während einer Jagd im Hauptsmoorwald dort Rast gehalten haben. Glockengeläut vom Bamberger Dom drang in die Waldesstille, wobei die von Kaiserin und Kaiser gestifteten Glocken in Wohlklang und Lautstärke miteinander wetteiferten. Die Kunigundenglocke schien heller und schöner zu klingen als die Kaiserglocke. Das missfiel dem Kaiser sehr. Die Legende erzählt weiter, dass die fromme und treue Gattin Kunigunde von Luxemburg rasch Abhilfe schuf:

Sie zog ihren Ehering vom Finger und warf ihn in die Glockenstube des ca. 5km entfernten Doms, traf die ihr geweihte Glocke, so dass diese sprang und fortan der Kaiserglocke im Klang unterlegen war. Die Kunigundensage ist auf der jüngeren Barockmarter dargestellt.
Neben den beiden Martersäulen befindet sich der Kunigundenruhstein, der an eine aus Standsteinquadern gefertigte Sitzbank denken lässt. Ruhsteine hatten früher eine wichtige Funktion: Auch auf dem Weg von und nach Bamberg mussten unsere Vorfahren viele Güter auf dem Rücken in Körben transportieren. Einen schwer beladenen Huckelkorb, den man bodeneben abgestellt hat, kann man nur mit großen Mühen wieder aufnehmen. Ruhsteine ermöglichten, dass man beim Rasten seinen Korb auf „höherer Stelle“ abstellen und somit leichter wieder aufhuckeln konnte.

Oberjägermarter

Die Oberjägermarter hatte am 1. Mai 1770 der Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zu Ehren „seines“ kurz zuvor verstorbenen Oberjägermeisters Heinrich Carl von Schaumburg an der Stelle errichten lassen, wo sich die fürstbischöflichen Jagdgäste damals zu treffen pflegten.
Das Rokokodenkmal zeigt auf der Vorderseite das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde, beide kniend zu Füßen der Dreifaltigkeit. Rückseitig ist die Hubertuslegende dargestellt.

Rechts vor der Marter befindet sich der „Drei-Becken-Stein“, ein Sühnekreuzstein. Dieser Sandstein mit eingeritztem Kreuz gibt Zeugnis von einem Teil der Gerichtsbarkeit im späten Mittelalter: Sippenrechtlich wurden oft auch Sühnekreuzsteine von den Angehörigen des Getöteten bei der Familie des Übeltäters eingefordert. Der Volksmund berichtet, dass damals drei Melkendorfer „Becken“ (Bäcker) überfallen und ermordet wurden.