Julia Deininger / BUND Naturschutz Bamberg
Unter dem Motto „Baumriesen und Großkäfer“ hatten das Bamberger Klimaschutzbündnis sowie dessen Mitglieder Katholische Arbeitnehmerbewegung und BUND Naturschutz zu einer naturkundlichen Fahrradtour durch den Hain eingeladen. Die Exkursion befasste sich mit den Naturschönheiten, aber auch mit dem Klimawandel und dem damit verbundenen Absterben von Bäumen.
Mehr Klimaschutz lokal und bundesweit notwendig
„Mit dieser Führung wollen wir auch darauf aufmerksam machen, dass deutlich mehr Anstrengungen beim Klimaschutz notwendig sind“, so Erich Spranger vom BUND Naturschutz angesichts des Zustands der Bäume im Hain. Er nannte in diesem Zusammenhang beispielhaft das so gut wie nicht wirksame Klimaschutzpaket der Bundesregierung, den viel zu langsamen Kohleausstieg sowie die Verhinderung des Windkraftausbaus in Bayern durch die 10H-Regelung.
Auf lokale Forderungen zum Klimaschutz ging Riccardo Schreck, Sprecher des Bamberger Klimaschutzbündnisses, ein. Unter der Kampagne „Klimaneustart 2020“ wird ein ambitionierteres Handeln auf kommunaler Ebene gefordert sowie ein konkreter Klimaschutzfahrplan 2.0 mit messbaren Zielen. Mit der Gründung eines Klimaschutzbeirats, der Bestellung eines/einer Klimaschutzmanagers/-managerin und einer transparenten Kommunikation durch offene Veranstaltungen für alle Bürgerinnen und Bürger sollen in Bamberg Initiativen ergriffen werden, die im Sinne des Pariser Klimaabkommens stehen.
Baumarten im Hain
Die Führung der Exkursion übernahmen Förster Klaus Schulz, sowie Erich Spranger und Martin Bücker vom BUND Naturschutz Bamberg. In einem kurzen geschichtlichen Abriss erläuterte Klaus Schulz, dass das menschliche Eingreifen in die Auwälder des Hains bereits im frühen 19. Jahrhundert begann. Vor allem durch Regulierungen der Regnitz kam es nicht mehr zu den regelmäßigen Überschwemmungen der Auwälder. So konnten sich auch Baumarten ansiedeln oder gepflanzt werden, die regelmäßige Überflutungen nicht vertragen, wie Buche und Spitzahorn. Hinzu kam, dass für den Bau der Mühlen das Holz der ursprünglich im Hain verbreiteten Eichen, Eschen und Ulmen als Ressource begehrt war. Buche und Spitzahorn sind jedoch auf den nicht mehr überfluteten Standorten im Hain konkurrenzkräftiger als die Eiche. Sie brauchen zum Heranwachsen weniger Licht und wachsen schneller als die Eichen. Somit wurden die Eichen im Laufe der Zeit verdrängt. Heute zeugen noch einige Alteichen von dem einst reichen Baumbestand. Es handelt sich hierbei um etwa 250 bis 400 Jahre alte Relikte dieser Zeit. Während die ältesten Buchen im Hain nur bis zu 200 Jahre alt sind.
Bedrohte Großkäfer im Hain
Unter anderem aus Gründen des Naturschutzes möchte man aber unbedingt die Alteichen im Hain erhalten, denn sie sind für das Überleben einiger sehr seltener Holz bewohnender Großkäferarten essenziell. „Großer Eichenheldbock, Hirschkäfer und Eremit sind auf Alteichen angewiesen beziehungsweise bevorzugen sie“, so Martin Bücker. Eine absolute Rarität stellt der Große Eichenheldbock dar. Er kommt in ganz Bayern nur noch im Hain vor. Dieser Käfer ist auf alte, sonnig stehende Eichen angewiesen. Um seine Population zu erhalten, werde im Hain die Eiche durch Freistellungen und Nachpflanzungen gezielt gefördert, erklärte der ehemalige Stadtförster Schulz. Die Exkursionsteilnehmer konnten die großen Fraßgänge der Larven bestaunen und entdeckten sogar frische Ausbohrlöcher und eine Flügeldecke des Heldbocks.
Baumsterben bereitet Sorgen
Abgesehen von der besonderen Situation der Eichen im Hain bereitet der Klimawandel Förster Schulz und den Naturschützern noch viel grundsätzlichere Sorgen.
So sind bereits letztes Jahr aufgrund der Hitzewellen in den vergangenen beiden Sommern zahlreiche alte Buchen abgestorben oder waren so stark geschädigt, dass sie gefällt werden mussten. Hinzu kam nun noch die Frühjahrstrockenheit in diesem Jahr. Die Situation der Bäume im Bamberger Hain verschlechtert sich zunehmend. „Auch wenn durch die Corona-Krise das Thema Waldsterben durch den Klimawandel aus dem Fokus geraten ist, hat sich an der dramatischen Situation in unseren Wäldern wie auch hier im Hain nichts verändert“, so Erich Spranger. Förster Klaus Schulz erklärt den Prozess: „Durch Trockenheit und Hitze verdunsten die Bäume mehr Wasser als sie aus den trockenen Böden aufnehmen und in die Kronen transportieren können. Der obere Kronenteil kann nicht mehr mit Feuchtigkeit versorgt werden und beginnt als erstes abzusterben. Als Förster bekommt man schnell mal ein steifes Genick, weil man immer die Kronenausbreitung beobachten muss“, stellt Schulz mit einem bitteren Lächeln fest. Aufgrund der vergangenen beiden heißen Sommer sind abgestorbene Wipfel keine Seltenheit im Bamberger Hain. Kahle Kronen und Astpartien finden sich nicht nur bei den Buchen, sondern auch bei anderen Baumarten. Hinzu kommen das durch Pilzbefall verursachte Eschentriebsterben und das schon längere Zeit zu beobachtende Ulmensterben.
Über den Hain hinaus stellt die Situation der Wälder die Förster vor große Herausforderungen: „Es ist eine wahnsinnige Unsicherheit, die einen zum Verzweifeln bringen kann.“ Teilweise wird bereits eine Ergänzung mit südländischen Baumarten in Betracht gezogen, die eine höhere Hitzeresistenz aufweisen und gleichzeitig frostige Temperaturen ertragen. Aber die Zeit dränge, meint Schulz: „Es ist nicht möglich den Wald so schnell umzubauen, wie der Klimawandel zuschlägt. Unsere Baumarten sind zwar auch anpassungsfähig, allerdings verändert sich das Klima rasant.“ Deshalb appellierte Schulz abschließend für mehr Klimaschutz: „Jedes Zehntel Grad weniger kann helfen.“