Die fünf „Bamberger Reiter“

You Xie
Domplatz 6: Im Bamberger Dom erinnert eine Gedenktafel an die fünf ehemaligen Offiziere des 17. Reiterregimentes, die im Kampf gegen das NS-Regime ihr Leben gelassen haben: Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Ludwig Freiherr von Leonrod, Rudolf Graf von Marogna-Redwitz, Roland von Hößlin und Karl Freiherr von Thüngen. Foto: You Xie

Das 17. Reiter-Regiment in Bamberg war ein 1919 gebildeter Kavallerieverband der Reichswehr. Er war bis 1927 der 7. (Bayerische) Division unterstellt, die wiederum bis 1924 über gewisse Autonomierechte gegenüber der Reichsregierung verfügte. Das Regiment bzw. seine Vorgänger stellte eine Reihe von Soldaten, die am Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt waren. Der Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg war 1926 im Regiment als Fahnenjunker aufgenommen worden. Regimentskameraden im Widerstand waren Generalleutnant Karl Freiherr von Thüngen, Major Ludwig Freiherr von Leonrod, Oberst Rudolf Graf von Marogna-Redwitz und Major Roland von Hößlin. Im Bamberger Dom erinnert eine Gedenktafel an die fünf sogenannten „Bamberger Reiter“, ehemalige Mitglieder des Regiments, die im Kampf gegen das NS-Regime ihr Leben gelassen haben. Auch Oberleutnant d.R. Randolph Freiherr von Breidbach-Bürresheim zählte zum Widerstand und starb an den Folgen seiner Inhaftierung im KZ Sachsenhausen.

Karl Freiherr von Thüngen

Karl Freiherr von Thüngen wurde am 26. Juni 1893 in Mainz geboren, stammte aus dem Adelsgeschlecht Thüngen. Er war der Sohn des Karl Ernst Freiherr von Thüngen (1839–1927) und der Eva Elisabeth (geb. Maier). Sein 54-jähriger Vater Karl Ernst Reichsfreiherr von Thüngen und Roßbach war Gutsbesitzer. Seine Mutter war 18 Jahre alt. Der reitbegeisterte Thüngen begann seine militärische Laufbahn 1910 als Fahnenjunker. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er in Verdun und in Russland. 1919 befreite er mit einem Freicorps München von den Spartakisten. Im selben Jahr heiratete er die Tochter seines ehemaligen Oberst, Margarete Ritter und Edler von Schultes. Sie schenkte ihm zwei Kinder, Brigitte und Karl-Wendt (im Zweiten Weltkrieg gefallen). Seine Frau starb 1932.

Karl von Thüngen war Offizier im Reiter- und Kavallerieregiment Nummer 17 in Bamberg. Hier lernte Thüngen den jungen Claus Graf Schenk von Stauffenberg kennen[1]. Aus ihrem Regiment stammten drei weitere Offiziere, die für ihren Umsturzversuch am 20. Juli 1944 hingerichtet wurden: Major Ludwig Freiherr von Leonrod, Major Roland von Hösslin und Oberst Rudolf Graf Marogna-Redwitz[2].

Im Herbst 1933 wurde Major Thüngen wegen seines Organisationstalents ins Reichsministerium nach Berlin berufen. Thüngen heiratete am 8. April 1934 noch einmal. Seine zweite Frau Marie Michel Raulino (1893–1978)[3] aus Bamberg brachte vier Kinder, eine Zeitungsdruckerei und eine Tabakfabrik in die Ehe. Der SS-Offizier Karl Michel von Tüßling war ihr Cousin.

Von Thüngen nahm am Ersten Weltkrieg teil und war bei Kriegsende Oberleutnant. Anschließend wurde er in die Reichswehr übernommen und dort am 1. Februar 1925 zum Hauptmann befördert. Er war unter anderem Angehöriger des 17. Reiterregimentes in Bamberg und kommandierte im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront unter anderem im ersten Halbjahr 1942 sowie im ersten Quartal 1943 die 18. Panzer-Division. Am 6. April 1943 wurde dem damaligen Generalleutnant und Kommandeur der 18. Panzer-Division das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.

Thüngen Eine aktive Rolle beim Putsch gegen den „Führer“ Adolf Hitler am 20. Juli 1944 hatte General Karl Freiherr von Thüngen vor dem Volksgerichtshof vehement abgestritten. Trotzdem verurteilte ihn der berüchtigte Gerichtspräsident Roland Freisler als Landesverräter und Helfer der Widerständler um Claus Graf Schenk von Stauffenberg am 5. Oktober 1944 zum Tode. Als geachteter Offizier blieb von Thüngen die Schmach erspart, am Galgen aufgehängt zu werden. Er wurde am 24. Oktober 1944 erschossen.

Quellenangabe:

[1] Geschichte des 17. Reiter – Regiments https://web.archive.org/web/20100119082652/http://www.12er-aufklaerer.de/Tradition/rr17.htm

[2] Veit Scherzer (Hrsg.): Deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg, Band 5, Scherzers Militaer-Verl., Ranis/Jena 2009, ISBN 978-3-938845-22-6; S. 331

[3] Marie Freiin von Michel-Raulino https://www.geni.com/people/Marie/6000000024416854458