Große Unterschiede zwischen Naturwald und Wirtschaftswald

Dr. Liebhard Löffler fordert Großschutzgebiet im Staatswald Steigerwald

Uraltbuchen im Steigerwald. Foto: U. Reck

Aus der Bewirtschaftung herausgenommene Waldgroßschutzgebiete sind durch kleinflächige Trittsteine nicht zu ersetzen. Trittsteine sind jedoch wertvoll als ökologische Verbindungen zwischen Großschutzgebieten. Zu diesen Aussagen anlässlich der Waldbegehung und Diskussion im Staatsforst Ebrach bekannt als Klosterwald steht der Vorstand des Vereins Nationalpark Nordsteigerwald e.V. Dr. Liebhard Löffler nachdrücklich.

Der Bamberger Kreisrat betonte, dass Forstleute für die Leistungen einer nachhaltigen Forstwirtschaft Anerkennung verdienten. Gleichzeitig sei die Forstwirtschaft aber ökonomischen Zwängen ausgesetzt, die eine Verbindung von Natur- und Artenschutz mit der Holzproduktion sehr schwierig machen. Es sei ein Spagat für die Forstwirtschaft, die wie der Name Wirtschaft bereits sagt, auf die ökonomischen Gesetze von Angebot und Nachfrage, von Aufwand und wirtschaftlicher Wertigkeit der Produkte, von Wettbewerb und den am Markt durchsetzbaren Preisen durch politischen Druck Rücksicht zu nehmen hat.

Die Natur benötige dagegen für ihre Entwicklung viel Zeit und Beständigkeit. Natürliche Zeitabläufe passten so gar nicht in unsere schnelllebige strategische Welt, die nach dem Motto tickt: Effizienz und Zeit sind Geld. Wie rasch sich Forststrategien ändern können, zeige ein Blick in die Vergangenheit. Vor etwa 50 Jahren wurde die Forstwirtschaft noch bedrängt, Fichten und Kiefern in großem Stil anzupflanzen. Heute seien diese Baumarten durch den rasanten Klimawandel betroffen und die wertvollen Eichen und Douglasien stünden stattdessen im Trend. Und dieser Strategiewechsel finde bei Lebewesen statt, die mehr als 350 Jahre alt werden, wie beispielsweise die Buchen und über 600 Jahre leben wie die Eichen und über 50 Jahre lang sterben können. Und in dieser Zeit des Vergehens würden sie noch ungeheuer viel Leben hervorbringen und ernähren.

Eine ökologische Erfolgsgeschichte, meint Löffler, leider jedoch keine ökonomische: Denn wir würden die Buchen bereits im Alter von etwa 100 Jahren und einem Stammdurchmesser von etwa 60 Zentimetern heraussägen d.h. ernten und in Kauf nehmen, dass ganze Lebensgemeinschaften von Tieren und Pilzen verschwinden. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen könne der Naturwald ohnehin ökologisch vieles besser: In ungenutzten Wäldern würden wesentlich mehr Arten von Tieren als in Wirtschaftswäldern leben. Und: Naturwälder würden immer artenreicher, je länger sie sich entwickeln können, denn besonders Alters- und Zerfallsstadien seien sehr artenreich. Naturwälder seien vitaler und deutlich widerstandsfähiger gegen Wetterextreme und Insektenbefall.

Die Natur habe gezeigt, wie sie mit von Menschen gemachten Waldmonokulturen umgeht. Die natürliche Selektion der Baumarten entsprechend den Bodenverhältnissen mache die Naturwälder stabiler und nicht die einseitige Auswahl durch den Menschen zugunsten gut verkäuflicher Baumarten. Die Natur gebe krummen und astreichen aber robusten Bäumen eine Chance und bevorzuge nicht astarme und besonders dicke aber anfälligere Bäume. Der Naturwald weise die natürlichen Altersentwicklungsphasen auf – vom Sämling bis zum Uraltriesen und strebe großflächig keine gleichaltrigen empfindlicheren Baumbestände an. Die Naturwälder seien ideale Wasserspeicher. Keine Tonnen schwere Harvester, die auf Holzrücke-Gassen im Abstand von etwa 30 Metern im industriell aufbereiteten Wirtschaftswald fahren und langfristig bis zu 20 Prozent der Waldböden verdichten, störten die Wasseraufnahme. Der Naturwald biete mit seinen sehr hohen Totholzanteilen, bestehend aus viel stehendem Totholz mit einer hohen Baumhöhlendichte der Waldfauna, den Schwämmen und Pilzen ideale Lebensräume. Die Naturwälder würden darüber hinaus über eine hohe Dynamik und ein großes Selbstregulierungs- und Regenerationspotenzial verfügen und damit in Zeiten des Klimawandels besonders wertvoll sein.

Vor diesem Hintergrund müsse der großflächige Naturwald seinen Platz im Staatswald finden, in dem nicht die wirtschaftliche Nutzung sondern die natürliche Waldentwicklung im Fokus steht. Deshalb müssen wir nach Ansicht Löfflers beides tun: neben einer verantwortungsbewussten Holznutzung auf circa 95 Prozent der Waldfläche profitieren Mensch und Natur auf nur einem kleinen Teil der Gesamtfläche, indem wir dort Natur Natur sein lassen. So verlange es übrigens der Gesetzgeber – in Brüssel, aber auch in Berlin.