VerbraucherService Bayern
In Supermärkten und Discountern sind sie mittlerweile überall zu finden – Superfoods. Exotische Superfrüchte wie Acai-Beeren, Matcha-Tee oder Chiasamen aus den hintersten Winkeln der Erde finden in Europa und den USA einen riesigen Absatzmarkt. Nicht ohne Probleme.
Was sind Superfoods?
Das Wort „Superfoods“ hat längst seinen Weg aus Amerika zu uns auf die Titelseiten zahlreicher Selbsthilfebücher und Lifestyle-Magazine gefunden. Es gilt als Sammelbegriff für Lebensmittel, die besonders reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sind. Diesen Lebensmitteln wird ein gesundheitsförderndes oder Krankheit vorbeugendes Potential nachgesagt. Eine wissenschaftliche oder lebensmittelrechtliche Definition des Begriffes „Superfood“ gibt es allerdings nicht. Aus diesem Grund ist es verboten ein Lebensmittel als Superfood zu deklarieren und zu bewerben.
Zeigt her eure Superkräfte
Das gesundheitsfördernde Potenzial zahlreicher der als Superfoods bezeichneten Lebensmittel liegt in dem hohen Gehalt an Antioxidantien (Vitamin A, C, E, Beta-Carotin, Flavoniode und Selen). In Studien wurden Antioxidantien häufig mit einem schützenden Effekt vor den zellschädigenden Auswirkungen freier Radikale im Körper in Verbindung gebracht. Diese Studien wurden jedoch meistens nur an menschlichen Zellkulturen oder an Tieren durchgeführt und das mit sehr hoch dosierten Extrakten mit Konzentrationen, die so in den Lebensmitteln nicht gefunden werden.
Zudem ist nicht geklärt, inwieweit der menschliche Organismus die Inhaltsstoffe aufnehmen und verwenden kann. So müsste man täglich 28 Knoblauchzehen essen, um einen blutdrucksenkenden Effekt zu erreichen (National Health Service, 2013). Außerdem müsste man sie täglich essen, um einen bleibenden Effekt zu erzielen.
Andere Superfoods werden mit ihren außergewöhnlich hohen Gehalt bestimmter Mineralstoffe wie Calcium oder Eisen beworben. So heißt es zum Beispiel auf Werbeseiten, dass Chiasamen fünf Mal mehr Calcium enthalten als Milch. Jedoch relativieren sich diese Angaben wenn man die eigentliche Verzehrmenge betrachtet. Mit 638 Milligramm pro 100 Gramm ist der Calciumgehalt von Chia tatsächlich höher als der von Milch. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat jedoch für Chiasamen eine Tageshöchstmenge festgesetzt, die bei 15 Gramm liegt. Diese enthalten wiederum lediglich 95,7 Milligramm im Gegensatz zu einem Glas Milch (250 ml), das 300 Milligramm Calcium enthält.
Der VSB meint: Für die meisten Superfoods kann keine außergewöhnliche positive Wirkung auf die Gesundheit wissenschaftlich nachgewiesen werden. Als Samen oder Früchte besitzen sie, wie ihre „gewöhnlichen“ Kollegen, zahlreiche gesunde Inhaltsstoffe, jedoch haben sie keine Superkräfte.
Nährstoffe ade
Zusätzlich gilt, dass exotische Superfoods so gut wie nie in frischem Zustand bei uns ankommen. Das bedeutet, dass die wertvollen Nährstoffe wie sie in ihren Ursprungsländern in Afrika, Asien oder Südamerika gemessen werden, nur noch zu einem Bruchteil enthalten sind, wenn die Früchte, Samen und Blätter bei uns ankommen. Sie werden für den langen Transportweg, in Schiffscontainern oder in Flugzeugen, getrocknet, zerkleinert, tiefgefroren und konserviert. Es ist also mehr als fraglich wie viele der beworbenen Nährstoffe tatsächlich noch enthalten sind, wenn wir die Lebensmittel auf unseren Tellern haben.
Schadstoffbelastung oft hoch
Über die Anbaubedingungen bzw. den Einsatz von Pflanzenschutz und Dünger bei der Erzeugung exotischer Superfrüchte ist derzeit noch sehr wenig bekannt. Oft wird nach ortsüblichen Methoden angebaut, diese können unter Umständen auch das Düngen mit (menschlichen) Fäkalien oder verschmutztem Wasser einschließen. In mehreren Untersuchungen, darunter dem Ökomonitoringbericht 2016, wurden in Superfoods, die als Bioprodukt deklarierten waren, stark erhöhte Werte an Pflanzenschutzmittelrückständen gefunden. Es waren auch erhöhte Werte an Schwermetallen, Schimmelpilzen oder Mineralölrückständen zu beanstanden.
Umwelt- und Sozialverträglichkeit oft mangelhaft
Für den Anbau, die Verarbeitung und den Transport von Lebensmitteln wie Aloe Vera, Quinoa, oder Avocados sind insgesamt sehr viele Ressourcen notwendig. Die Wasser- und Kohlendioxidbilanzen fallen denkbar schlecht aus.
Der Einfluss des Trends an Superfood in Europa und Amerika ist auch auf die einheimische Bevölkerung in der Herkunftsländern nicht zu vernachlässigen. Durch die gesteigerte Nachfrage kommt es häufig zu einem raschen Anstieg der Produktion. Monokulturen werden angepflanzt und häufig sogar illegal Wald gerodet, um neue Anbauflächen zu schaffen.
Die gesteigerte Bewässerung der Anbaugebiete von Superfoods, kann zu einem Trinkwassermangel für die Bevölkerung in der Region führen, wie es zum Beispiel der Avocadoanbau in Südafrika und Israel nach sich gezogen hat. Für die Produktion von einem Kilo Avocado werden rund 1.000 Liter Trinkwasser benötigt.
Lebensmitteltrends können auch großen Einfluss auf die lokale Bevölkerung haben. So wurde im Zuge des Hypes um Quinoa das Getreide in Bolivien so teuer, dass viele Einheimische sich das Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten konnten und auf andere, häufig minderwertige Nahrungsmittel zurückgreifen mussten.
Um den großen Bedarf des Westens nach bestimmten Lebensmitteln zu decken, sind Anbauer oft zu größeren Investitionen gezwungen. Geht die Nachfrage aber nach einem dieser Trends zurück und die Weltmarktpreise fallen, können Bauern ihre Ausgaben oft nicht decken und steuern eventuell in eine Insolvenz.
Keine Alternative zu gesunder und ausgewogener Ernährung
Superfoods werden häufig als eine Art Nahrungsergänzungsmittel missverstanden. Ein nährstoffreiches Lebensmittel am Tag kann jedoch keine ungesunde Ernährung kompensieren. Gesundheitsfördernde oder krankheitsvorbeugende Effekte erlangen wir lediglich, wenn unsere gesamte Ernährungs- und Lebensweise darauf ausgerichtet ist, nicht aber durch den Verzehr eines einzelnen Lebensmittels.
Unsere tägliche Lebensmittelauswahl sollte zum Großteil aus Gemüse, Obst, Getreideprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen bestehen. Ist dies gegeben, kann man getrost auf überteuerte Superfoods aus den Supermarktregalen verzichten. Die besseren Alternativen bekommt man kostengünstig aus dem eigenen Garten oder auf dem Bauernmarkt.
Heimische Lebensmittel – Die Lokalhelden
Um gesunde und nährstoffreiche Lebensmittel zu finden muss man nicht in die Ferne schweifen. Unsere heimischen Gärten und Äcker stecken voller gesunder Lebensmittel. Diese können hier nachhaltig und ressourcenschonend angebaut werden. Auch behalten sie durch die wegfallenden oder kurzen Transportwege den Großteil ihrer Vitamine und Mineralstoffe.
Heidelbeeren, Rote Beete, Grünkohl, Walnüsse, Zwiebelgewächse, Kürbiskerne oder Wildkräuter zählen zu einer langen Liste an heimischen Lebensmitteln, die als Teil einer ausgewogenen Ernährung einen Beitrag zu unserer Gesundheit leisten können.
Rapsöl und Walnüsse enthalten beispielsweise Omega-3-Fettsäuren und schützen vor Herz-Kreislauferkrankungen. Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte wie Linsen sind wertvolle Eisenlieferanten. Grünkohl und Milch sind reich an Calcium. Rotkohl, rote Trauben, Holunder und schwarze Johannisbeeren enthalten Antioxidantien. Diese Stoffe binden sogenannte freie Radikale und wirken gegen Hautalterung oder Gefäßverkalkung.
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ein tolles einheimisches Superfood ist auch Sauerkraut. Es enthält viele Ballaststoffe und Vitamin C.
Der VSB informiert im Rahmen seines Jahresthemas „Regionale Lebensmittel – nah.natürlich. selbstgemacht“, auch über „Heimische Superfoods“ und bietet dazu einen Vortrag mit entsprechendem Schwerpunkt an.