LobbyControl
Wie hängen Reichtum und politischer Einfluss miteinander zusammen? Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung ergab, dass sich der Bundestag bei seinen Entscheidungen vor allem an den Interessen der Wohlhabenden orientiert. Das schwächt die Demokratie und müsste dringend öffentlich diskutiert werden. Doch das Kanzleramt drückte stattdessen eifrig auf die Löschtaste und entfernte den brisanten Befund fast vollständig aus dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Wir finden: Das geht gar nicht!
Wir fordern die Kanzlerkandidaten von CDU und SPD auf, sich dem Thema endlich konsequent zu stellen. Unterzeichnen Sie unseren Appell an Angela Merkel und Martin Schulz:
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, sehr geehrter Herr Schulz,
der diesjährige Armuts- und Reichtumsbericht hat endlich den Zusammenhang von Reichtum und Einfluss aufgegriffen. Doch gerade zu diesem Thema wurden viele wichtige Passagen gekürzt und gestrichen. Diese Streichungen kritisieren wir scharf. Ungleicher Einfluss auf die Politik gefährdet die Demokratie und muss öffentlich diskutiert werden!
Als Begründung für die komplette Tilgung eines Kapitels zu Lobbyismus hieß es, die Datenlage sei zu dünn. Doch diesem Problem hätten Ihre Parteien längst begegnen können. Stattdessen blockiert vor allem die Union schon seit Jahren Maßnahmen wie etwa ein verpflichtendes Lobbyregister, die für mehr Informationen über Lobbyismus sorgen würden.
Wenn Sie die nächste Bundesregierung führen wollen, dürfen Sie das Problem ungleicher Macht nicht vertuschen. Wir wollen wissen, wie Einflussnahme in unserem Land funktioniert, um unsere Demokratie zu verteidigen. Wir fordern Sie auf:
- Verankern Sie das Thema Reichtum und Einfluss dauerhaft auf der Tagesordnung der Bundesregierung: In den Folgeberichten muss das Thema ernsthaft angegangen und mit ausreichend Forschungsaufträgen vertieft werden – und zwar mit ehrlichen und ungekürzten Ergebnissen.
- Machen Sie Einflussnahme durch mehr Lobbytransparenz sichtbar und wirken Sie damit Machtungleichgewichten entgegen: Wir brauchen ein verbindliches Lobbyregister, schärfere Regeln für die Parteienfinanzierung und Offenlegungspflichten für Stiftungen. Nur wenn einseitige Einflussnahme sichtbar ist, können wir rechtzeitig darauf reagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Hintergrund der Aktion
Nach langem Hin und Her haben sich Kanzleramt und Arbeitsministerium auf eine gemeinsame Version des fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung geeinigt. Der diesjährige Bericht greift endlich den Zusammenhang zwischen Reichtum und Einfluss auf. Das ist gut. Doch die Umsetzung ist eine große Enttäuschung. Das Arbeitsministerium hat für den Bericht eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die belegt: Der Bundestag orientiert sich bei seinen Entscheidungen vor allem an den Interessen der Vermögenden. Der Rest hat das Nachsehen (Elsässer/Henze/Schäfer (2016): Systematisch verzerrte Entscheidungen? Die Responsivität der deutschen Politik von 1998 bis 2015). Das Ergebnis ist erschreckend und sollte ein Weckruf an die Politik sein. Doch anstatt zu handeln, wurde beschönigt. Für den Endbericht hat das Kanzleramt die Ergebnisse nicht nur gekürzt, sondern auch verharmlost. Das wollen wir so nicht stehen lassen. Wir fordern eine ehrliche Berichterstattung über Reichtum und Einfluss. Und eine offene Debatte, wie wir eine immer stärkere Machtkonzentration in unserer Gesellschaft begrenzen können.
Lobbyismus der Reichen
Die Studie erinnert an eine ähnliche Studie aus den USA, die dort für viel Aufmerksamkeit sorgte. Offenbar möchte die Bundesregierung, dass sich dies hierzulande nicht wiederholt. Ein großer Fehler. Ungleicher Einfluss untergräbt die Demokratie. Zahlreiche politische Entscheidungen der letzten Jahre machen die „Macht des Geldes“ wahrnehmbar, etwa bei der Bankenrettung oder der Erbschaftssteuer. Viele Menschen fühlen sich von der Politik ignoriert und und reagieren resigniert oder zornig. Und was macht die Bundesregierung? Vertuscht und verharmlost. Dabei wäre genau das Gegenteil richtig: Politik und Gesellschaft müssen dem Problem offensiv entgegentreten. Denn in einer lebendigen Demokratie zählt die Stimme von jedem und jeder – unabhängig vom Geldbeutel. Unsere Petition ist Teil dieser Offensive.
Kapitel über Lobbyismus gestrichen
Immer wieder erleben wir, wie Reiche und Vermögende sich in Lobbygruppen organisieren, um Einfluss auf die Politik zu nehmen. Jüngste Beispiele sind die Auseinandersetzung um die Erbschaftssteuer oder das Transparenzregister für Unternehmen, das Geldwäsche erschweren soll. Wir wollen nicht, dass Reiche und Wohlhabende mehr Einfluss haben als die Mittelschicht oder Arme. Dennoch strich das Kanzleramt aus dem Bericht ein ganzes Kapitel zum Thema Lobbyismus und Einflussnahme. Begründung: Es mangele an Daten. Das stimmt, ist aber selbst verschuldet. Denn seit Jahren blockiert vor allem die Union sinnvolle Vorschläge für mehr Lobbytransparenz.
Macht des Geldes sichtbar machen
So gibt es in Deutschland immer noch keine Registrierungspflicht für Lobbyisten und zu wenig Transparenz bei Geldflüssen an Parteien. Auch gibt es keine Offenlegungspflichten für Stiftungen, die Vermögenden auch zur politischen Einflussnahme dienen. Statt das Kapitel über Lobbyismus einfach zu streichen, hätte es um ein Konzept für mehr Transparenz ergänzt werden müssen. Nach dem Bericht fordern wir: Wir brauchen dringend klare Transparenzvorschriften für Lobbyisten. Die Dringlichkeit wird immer größer.
Protest mit Wirkung
Trotz der Streichungen: Unser Einsatz für Thema Reichtum und Einfluss blieb nicht folgenlos. Viele Medien berichteten aufgrund unserer Recherchen über die Streichungen. Auch das SPD-geführte Arbeitsministerium forderte das Kanzleramt auf, das gestrichene Kapitel über Lobbyismus wieder aufzunehmen. Zudem hat das Ministerium die vollständige Studie auf der offiziellen Webseite zum Armuts- und Reichtumsbericht eingestellt. Einer Weiterverwendung – so sagte es Ministerin Nahles wörtlich – „steht damit nichts im Wege“ (Dokumentation des Symposiums des Beraterkreises zum Armuts- und Reichtumsbericht). Das sollten wir ernst nehmen – und dazu leistet unsere Aktion einen Beitrag!
das die BRD die Fickschlampe des Kapitals ist, das ist ja nicht wirklich was Neues. Seit der Agenda 2010 dürfte selbst das Milchmädchen Lischen Müller und der Steineklopfer Kurt Kumpel diese Machenschaften und Umtriebe erkannt haben.
kürzlich war zu lesen:
„Die soziale Marktwirtschaft existiert nicht mehr“, sagt DIW-Chef Marcel Fratzsche.
Fratzschers These: „Die soziale Marktwirtschaft existiert nicht mehr“. Die Ungleichheit in Deutschland habe in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Die reichsten zehn Prozent besitzen inzwischen zwei Drittel des Vermögens, die ärmere Hälfte habe dagegen praktisch nichts. In keinem anderen Land der Euro-Zone sei die Vermögensungleichheit höher, kritisiert der DIW-Chef.