Studie der Universität Bamberg: Einzelhandel und Events

Redaktion

Der Druck auf die Innenstadt von unterschiedlichsten Seiten ist deutlich gestiegen, Anwohner, Händler, Gastonomen, Touristen, Nachtschwärmer sind Dauernutzer und -bewahrer, Märkte und Feste bringen saisonale Zusatznutzer in meist übersichtlicher Form, Großveranstaltungen liefern Massen.Bereits in 2014 veranlasste der Bürgerverein Bamberg Mitte eine Studie der Universität Bamberg zur Lebensqualität in der Innenstadt (Studie zum Herunterladen). Seinerzeit standen die Innenstadtbewohner im Fokus (hier), nun ist es der Einzelhandel. Diese 83 Seiten dürften (und sollten) zukünftig vielfach zitiert werden: die Studie der Universität Bamberg: Einzelhandel und Events. Sie ist auch als Kurzbericht nachzulesen. Der Lehrstuhl für Kulturgeographie von Prof. Dr. Marc Redepenning hat im Auftrag des Bürgervereins Bamberg Mitte und mit Unterstützung des städtischen Amts für Strategische Entwicklung und Konversionsmanagement, der IHK Oberfranken, des Ordnungsamts der Stadt Bamberg, dem Stadtmarketing Bamberg e.V. und der Wirtschaftsförderung der Stadt Bamberg jene repräsentative Studie erstellt.

Veranstaltungen gelten oft als Allheilmittel zur Stärkung der Innenstädte. Deren Auswirkungen auf den innerstädtischen Handel und die lokale Gastronomie wurden untersucht. Einzelhändler und Gastronomen wurden gesondert untersucht – eine kluge Diversifizierung. Gewinnt doch die innerstädtische „Kulisse“ sowohl für das Einkaufen als auch der Unterhaltung immer mehr an Bedeutung. Um dies für jeden Bereich herauszuschälen, wurde die Bereiche gesondert unter die Lupe genommen. Eine Erkenntnis soll hier herausgestellt werden:

Die Events schaden dem Wirtschaftsstandort eher als sie nutzen

Seite 11 aus dem Kurzbericht Einzelhandel & Events

Seite 11 aus dem Kurzbericht Einzelhandel & Events

Möchte man eine Aussage zum Nutzen der Veranstaltungen für den Einzelhandel machen, ist die Veränderung des Kaufverhaltens ein wichtiger Indikator. Mit Blick auf diesen Indikator ist besonders bemerkenswert, dass die negativen Effekte der beiden Veranstaltungen eindeutig die positiven überwiegen. So gaben 40,7% der Studienteilnehmer für Bamberg zaubert an, eine weniger kauffreudige Kundschaft zu haben, während lediglich 7,1% feststellen konnten, dass die Kundschaft kauffreudiger ist. 45,1% konnten keine Veränderung im Kaufverhalten ihrer Kunden feststellen. 7,1% machten keine Angabe. Während der Sandkerwa konnten immerhin 16,8% der Befragten ein gesteigertes Kaufverhalten ihrer Kundschaft feststellen. Nichtsdestotrotz gaben auch hier 37,2% an, einen negativen Effekt der Veranstaltung erkennen zu können. 36,3% bewerteten den Effekt neutral und 9,7% ließen die Frage unbeantwortet.

Studie liefert Daten, deren Erhebung die Stadt seit langem scheut

Vorliegende Studie müsste eigentlich von städtischer Seite in Gold aufgewogen werden. Liefern doch nun Kulturgeographen Daten, die weder die Stadt noch das Stadtmarketing erhoben haben. „Bevor im Folgenden eine kurze Beschreibung der Bamberger Einzelhandelsstruktur gegeben wird, muss angemerkt werden, dass sich die Datenlage, auf die sich diese Beschreibung stützt, relativ veraltet ist. Mit neuen Daten ist leider erst im Zuge der anstehenden Veröffentlichung des neuen Einzelhandelskonzeptes der Stadt Bamberg zu rechnen.“ (Seite 11) Was von den Machern der Studie als Mangel erkannt wird, wurde bislang weder von der Stadt noch von den Machern der Events als Mangel erkannt. Die Veranstaltungen werden gerne mit der Stützung des Einzelhandels begründet, doch weder eine Erhebung im Vorfeld noch ein etwaiger Effekt wurde bislang befragt. Man darf hoffen, dass sich nun eine grundsätzliche Diskussion anschließt, eine diskutable Grundlage liegt nun vor. Bislang jedoch haben weder Oberbürgermeister noch Landrat noch Stadtmarketing eine solche angeregt. Stieringers Post auf facebook lässt zunächst nicht auf Diskutierfreude schließen, eher distanziert bis gewohnt indolent vermeldet er:

facebook screenshot

facebook screenshot

Ob er den deutschen Bankmanager Hermann Josef Abs meint oder den gleichnamigen Erziehungswissenschaftler bleibt sein Geheimnis. Wahrscheinlich ersteren, siehe: http://www.zitate-online.de/literaturzitate/allgemein/19539/die-statistik-ist-wie-eine-laterne-im-hafen.html. Ergänzt sei, dass vorliegendes Elaborat keine Statistik ist, sondern eine repräsentative Studie.

Veranstaltungen steigern die Attraktivität Bambergs? Und was ist Attraktivität?

Die Kulturgeographen selbst umreißen eine Definition: „Die Attraktivität einer Stadt ist in hohem Maße abhängig von der Perspektive und den Erwartungen ihrer Nutzer, aber auch ihrer Beobachter. So mögen moderne Architektur, progressive Stadtpolitik und die gegebenen sozialen Verhältnisse in der Stadt für manche Bevölkerungsgruppen attraktiv sein, während andere wiederum traditionelle Strukturen oder alternative Angebote im urbanen Raum favorisieren.“ (S. 3) Insofern liefert vorliegende Studie eine Sicht, die Perspektive und Erwartungen der Bewohner, die in 2014 formuliert wurde, eine andere. Zusammengenommen liefern nun die beiden Studien Puzzlesteine, um dem Begriff des Allgemeinwohls näher zu kommen.

PublicViewing am Maxplatz. Foto: Christiane Hartleitner

PublicViewing am Maxplatz. Foto: Christiane Hartleitner

Nun da der Handel nicht von den Veranstaltungen profitiert, schalten manche Veranstalter in einen neuen Modus: die Attraktivität Bambergs. Für Klaus Stieringer ist nicht der Zusammenhang mit dem Handel das wichtigste Ergebnis, sondern:

facebook screenshot

facebook screenshot vom 23..2.2016

Wobei sich hier grundsätzlich die Frage nach seinem desperaten Menschenbild stellen ließe. Nach seinem grundsätzlichen Einverständnis als SPD-Fraktionsführer zur Einrichtung des Balkanzentrums in Bamberg, leidet die Attraktivität Bambergs, besonders in den Augen Schutzsuchender: Zentren für Balkan-Flüchtlinge: Die harte Tour zeigt Wirkung. Ein weites Feld. Das an dieser Stelle nicht beackert werden soll. Doch der Austausch unter den Stadtmarketing-Mitgliedern sollte zukünftig weniger hierarchisch strukturiert sein, er sollte überhaupt stattfinden. Denn die Empfehlung der Studie hinsichtlich der mangelnden Beteiligung der Einzelhändler jedenfalls ist eindeutig:

Ein struktureller Mangel jenseits der direkten ökonomischen Effekte der innerstädtischen Veranstaltungen auf den Einzelhandel konnte durch die Studie klar benannt werden: Die fehlende Beteiligung der Einzelhändlerinnen und Einzelhändler bei der Planung und Durchführung der Veranstaltungen.
Seite 20 aus dem Kurzbericht Einzelhandel & events

Seite 20 aus dem Kurzbericht Einzelhandel & events

Allgemeinwohl

Der Bürgerverein Bamberg Mitte ist dem Allgemeinwohl verpflichtet. Mittels dieser Studien und deren Erkenntnissen nähert er sich dieser Grundhaltung substanziell. Die Diskussionen der letzten Jahre stellten Fragen, wie der öffentliche Raum zu nutzen sei, wer wen zu dominieren und wer sich unterzuordnen habe. Offensichtlich vorschnell wurden Beschwerden von Anwohnern (unbelegte) Behauptungen entgegnet. Der Bürgerverein Bamberg Mitte übernimmt eine zentrale Rolle und Aufgaben. Er nähert sich heikler Diskussionsfelder mit stringenten Argumenten. Er holt sich wissenschaftliche Partner ins Boot, auch städtische Ämter. Die Bürger übernehmen hiermit Aufgaben, die eigentlich der Stadt Bamberg obliegen. Die Stadtoberen werden sich einer grundsätzlichen Diskussion nicht entziehen können.

 

Ein Gedanke zu „Studie der Universität Bamberg: Einzelhandel und Events

  1. Die Sandkerwa hat hier nix zu suchen, sie ist kein „Event“ sie ist eine Traditionsveranstaltung und findet seit Jahrzehnten nahezu unverändert statt. Sie hat möglicherweise Chancen als immaterielles Weltkultuererbe eingetragen zu werden…
    Die angebliche Verzehnfachung der Besucherzahlen kann mit einem Inserat aus der Festschrift 1954 beantwortet werden: … die leistungsfähige Bamberger Geschäftswelt begrüßt die 300 000 Besucher der Sandkerwa…“ . Es passen einfach nicht mehr Leute hin…
    Events die rein kommerziell betrieben werden, die Stadtgemeinschaft sogar stören, können locker auf der grünen Wiese oder in Hallen stattfinden.

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