Die Wissenschaft von den Paketen

Bamberger BWL nimmt Rücksende-Trend unter die Lupe

Die Deutschen shoppen gerne im Internet – und schicken ebenso gerne nicht passende oder nicht gefallende Artikel wieder zurück. Dieses Phänomen des Zurückschickens untersucht Dr. Björn Asdecker am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Produktion und Logistik an der Universität Bamberg. Er, sein Vorgesetzter und Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Eric Sucky sowie der ehemalige Mitarbeiter Alexander Weigel sind die ersten, die sich im deutschsprachigen Raum mit dem Thema Retouren und deren Management wissenschaftlich befasst haben. 2011 gründete Asdecker die Forschungsgruppe Retourenmanagement am Logistik-Lehrstuhl im Rahmen seines Dissertationsprojekts über die Retouren. Mittlerweile hat Asdecker seine Dissertation erfolgreich abgeschlossen und forscht weiter auf dem Gebiet der Retouren. Das Team um Asdecker untersucht hierbei folgende Fragestellungen: Wie können Retouren effizient bearbeitet werden? Welche Folgen haben die vermehrten Rücksendungen? Und wie können Retouren vermieden werden?

Asdecker führte für seine Dissertation Umfragen und Fallstudien durch. Dazu befragte er zum Beispiel 600 Studierende im Alter von 14 bis 29 Jahren von den Universitäten Bamberg und Regensburg sowie der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Nürnberg. Asdecker interessierte vor allem, wie sich die internetaffine Generation beim Onlinekauf von Artikeln verhält. Des Weiteren besichtigte er Unternehmen und führte mit den Entscheidungsträgern Interviews.

Im Laufe seiner Studie gelangte Asdecker zu aufschlussreichen Zahlen: Laut seinen Berechnungen wurden im Jahr 2012 rund 286 Millionen Rücksendungen in Deutschland abgewickelt. Geht man davon aus, dass ein Paket rund 40 cm lang ist, ergeben diese Rücksendungen eine Länge von 114.400 Kilometern. Und damit kann man genau 2,86 Mal die Erde umrunden! Mit den Rücksendungen geht aufgrund der notwendigen Transporte eine hohe Umweltbelastung einher. Laut des Paket und Brief-Express-Dienstes DHL beträgt die durchschnittliche CO2-Emission pro Paket ein halbes Kilo. Umgerechnet auf die Rücksendungen erhält man eine Zahl von ca. 143.000 Tonnen. Das ist ungefähr so viel Kohlenstoffdioxid wie bei 1.400 Autofahrten täglich von Hamburg nach Moskau im Laufe eines Jahres entstehen, schrieb Die Zeit in einem Artikel über die Probleme, die die Retouren mit sich bringen. Gerade diese hohe Umweltbelastung ruft NGOs auf den Plan. Aktuell fließen Asdeckers Ergebnisse in ein Projekt der Stiftung Warentest ein, um Schülerinnen und Schüler in Form einer Broschüre für die Umweltwirkung von Retouren zu sensibilisieren.

Des Weiteren brachten Asdeckers Ergebnisse hervor, dass rund 56 Prozent – also jedes zweite Paket – im Bereich Mode zurückgeschickt wird. Aber auch mit dem Phänomen des sogenannten Showroomings – Kundinnen und Kunden lassen sich im Laden beraten, kaufen das Produkt aber im Internet –, den Kosten der Retouren oder der neuen EU-Verbraucherrechterichtlinie befassen sich Asdecker und sein Team.

Das Forschungsgebiet rund um die Rücksendungen hat sicher noch große Zukunft, denn das Einkaufen über das Internet wird mit der weiter voranschreitenden Digitalisierung zunehmen. Über seine Dissertation hinaus plant Asdecker an einer Ausweitung seiner Studien – durch regelmäßige Befragungen möchte er Entwicklungen im Rücksendeverhalten analysieren. Ein weiterer Betrachtungsaspekt soll die Altersstruktur der Konsumenten sein.

www.retourenforschung.de