Johanna Gebhardt
Stellen Sie sich vor, vor Ihrem Haus hat jemand, nun, wie soll man es sagen, ohne Fäkalsprache zu benutzen, wenn es aber genau darum geht – nun: hat jemand vor Ihrem Haus seinen Darm entleert.
War es ein Hund? Nein, der würde kein Papier benutzen. Abgesehen davon, daß ein Hund Anstand hat und sich, wenn er die Wahl hat, Stellen abseits sucht.
Was ist denn das?
Mitten in der Stadt, in der Innenstadt, macht jemand nachts vor Häuser.
Tolle Vorstellung.
Als Appetithäppchen könnte ich Bilder liefern, aber lassen wir das lieber.
Das Thema Wildpinkler zu allen möglichen Jahreszeiten bewegt die Gemüter ja zu Recht seit einiger Zeit. Immer ein schöner Anblick wenn einige, die ein wenig zuviel getrunken haben, sich mit der Arroganz des „Ich habe gesoffen, nun muß es raus und ihr könnt Euch glücklich schätzen, daß es Eure Sandsteinwand oder Euren Fahrradrahmen trifft, die mein edler Ritter-Strahl trifft und außerdem ist es zu weit zu einem Klo und ich müßte ja länger laufen oder was dafür zahlen und wenn Du mich anmaulst wird zurückgemault“ überall hinmachen.
Hervorragend.
Nun sinkt die Hemmschwelle offenbar noch weiter. Falls nun jemand in der Pöbelmanier à la Volker Kauder behauptet, das sei ja sooo kleinlich, der soll sich das mal schön vor seiner eigenen Tür vorstellen.
Etwas Ähnliches ist im Viertel schon mal vorgekommen. Auf dem Gulli, auf den da netterweise sogar gemacht wurde, hat sich das Ganze dann sehr gut gehalten und war samt dem dazu benutzten Papier trotz heftiger Regenfälle und Witterung den ganzen Winter über gut zu sehen, ehe die Hinterlassenschaft dann irgendwann gnädig wohl in jenen Gulli fiel.
Wer übrigens, (wie vielleicht solche, die gern schon mal ihre noch kokelnden Grillsachen, leere Flaschen und andere Spaßabfälle am Regnitzufer liegenlassen), meint, das sei Sache der Stadtreinigung, der irrt. Die Stadtreinigung ist nicht dafür da, jedem seinen Dreck hinterherzuräumen, der zu bequem ist, seinen Packrattenessen-Müll selbst wegzuräumen und davon ausgeht, daß die Hotel-Mama-Version (die machen das doch gerne) auch in der Straße wiederzufinden ist.
Ich füge den zahlreichen Debatten um das „Quo vadis?“ in dieser Stadt eine weitere hinzu: Wollen wir uns gegenseitig so behandeln, uns besch…en lassen, so mit unserer Stadtsubstanz umgehen? Oder soll es eine Stadt sein, in der gegenseitiger Respekt und die Pflege der uns so wunderschönen vererbten Stadt eine Selbstverständlichkeit sein sollte? Damit sich alle wohlfühlen denke ich doch, wir hätten lieber letzteres.
Ein Bewußtsein dafür zu schaffen was irgendwie abhanden gekommen ist, scheint angebracht.
Also bitte: Ruhig auch mal den Mund aufmachen, wenn man jemanden sieht, der gerade dabei ist, die Stadt derart zu verschönern. Zivilcourage und sich nicht nur denken: „Ach, mit denen will ich mich jetzt nicht anlegen. Nachher krieg ich noch eine eingeschenkt.“ Ist es schon so weit, daß viele sich da nicht mehr trauen? Wie erbärmlich auf beiden Seiten.
Wenn man nicht beizeiten dafür eintritt, nimmt das noch zu.