Ein Alternativmodell zum Kapitalismus – Die Gemeinwohl-Ökonomie

Isabell Frank

Christian Felber kritisiert in seinem Buch „Gemeinwohl-Ökonomie“ den Kapitalismus, aber vor allem stellt er diesem alternativlosen Modell eine andere mögliche Wirtschaftsordnung gegenüber, die zum Ziel das Gemeinwohl aller haben soll, daher auch der Name „Gemeinwohl-Ökonomie“.

Der Autor analysiert zunächst den Status quo und setzt diesem die Werte der Gemeinwohl-Ökonomie gegenüber. Die Präferenz dieser Ökonomie ist nicht Effizienz, sondern Vertrauen (Anm. d. Red. Pferdefleischskandal), aus Konkurrenz wird Kooperation.

Konzentration und Missbrauch von Macht sowie die Kartellbildung und das Ausschalten von Wettbewerb wie auch ökologische Zerstörung, Sinnverlust, Werteverfall und Ausschalten der Demokratie (Anm. d. Red.: Mario Monti wurde als Ministerpräsident von Italien installiert und nicht demokratisch gewählt !!!) zählt Felber zu den zehn Krisen des Kapitalismus. Diese habe sich ergeben aus Gewinnstreben und Konkurrenz. Die Kurzanalyse des Autor endet mit dem Satz: „Die Demokratie wird so zum letzten und prominentesten Opfer der ’freien Marktwirtschaft’.“

Kapitel zwei des Buches widmet sich dem Kern der Gemeinwohl-Ökonomie und somit humaneren Werten in der Wirtschaft. Weg vom BIP hin zur Gemeinwohl-Bilanz. Das Messen dieser Bilanz wird in diesem Kapitel genau beschrieben sowie die Werte auf denen die Gemeinwohl-Ökonomie fußt. Diese sind „Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Demokratie“. Gemeinwohlstreben soll belohnt und Machtkonzentration vermieden werden. Felber schlägt vor, dass der Maximallohn nicht das Zehnfache des Mindestlohnes übersteigen soll. (Anm. d. Red. Somit würde sich die Schere zwischen Arm und Reich verkleinern.) In der Diskussion dieses Alternativmodells ist ein Solidaritätseinkommen, welche zwei Drittel des Mindestlohnes betragen soll.

Renten werden auch wieder sicher, denn in der Gemeinwohl-Ökonomie gibt es demokratische Banken und keine gierigen Investmentbanker. Die Koppelung der Rente an die Finanzmärkte ist somit obsolet und nicht mehr möglich. Der Generationenvertrag wird „rehabilitiert und das bewährte Umlageverfahren gestärkt“.

Aufgabe der demokratischen Bank (Kapitel 3) ist es allen WohnsitzbürgerInnen eine kostenloses Girokonto zur Verfügung zu stellen, ein flächendeckendes Filialnetz, die Spareinlagen zu garantieren, den Privathaushalten und Unternehmen kostengünstige Kredite zu gewähren.

Kapitel vier trägt den Titel „Eigentum“. Dessen zentrales Fazit lautet: „Durch die Nichtbegrenzung des Eigentumsrechts sind einige Personen und Unternehmen so reich und mächtig geworden, dass sie die Medien dominieren und politische Prozesse zu ihren Gunsten lenken können. Das widerspricht dem demokratischen Grundprinzip der gleichen Rechte, Chancen und Beteiligungsmöglichkeiten für alle.“

Daraus leiten sich folgende Forderung ab:

  • negative Rückkoppelung: „die erste Million die am leichtesten zu erwerbende“
  • relative Begrenzung der Einkommensungleichheit
  • Begrenzung der Privatvermögen
  • Demokratisierung von Großunternehmen
  • MitarbeiterInnenbeteiligung
  • Gewinnbindung an das Unternehmen
  • Begrenzung des Erbrechts, Generationenfonds, „demokratische Mitgift“ oder negative Erbschaftssteuer

Zukunftsmodell sind „demokratische Allemende“, die nach Felbers Verständnis die Gegenbewegung zur Privatisierungswelle von „Straßen, Eisenbahnen, Universitäten, Krankenhäuser, Post und Telekommunikation“ darstellen. Mit Recht konstatiert er, dass wir aktuell auf dem Höhepunkt der Privatisierungswahns angekommen sind. Nun soll auch noch das öffentliche Gut WASSER privatisiert werden. Nach Einschätzung der Redaktion bleibt dann noch als allerletztes öffentliches Gut zur Privatisierung: die LUFT. Der Autor schlägt vor, dass in Betrieben wie Bahn, Post, Universitäten, Stadtwerken, Kindergärten oder Banken die souveränen EigentümerInnen die Verantwortung und Steuerung übernehmen.

In den Kapiteln fünf bis zehn führt der Autor die Motivation und den Sinn der Gemeinwohl-Ökonomie aus, gibt einen Ausblick wie sich Demokratie weiterentwickeln würden, wenn wir nach dem Gemeinwohl streben. Beispiel und Vorbilder in Kapitel sieben zeigen laut Felber, dass die Geinwohl-Ökonomie keine Utopie ist. In den letzten Kapiteln des Buches geht es um die Umsetzung dieser und das Ganze schließt mit harten Zahlen und Fakten ab. Essentiell für die Gemeinwohl-Ökonomie ist u.a. auch das Errichten von Konventen wie Wirtschaftskonvent, Bildungskonvente aber auch Demokratie- oder Medienkonvent.

Christian Felber eröffnet sein Buch mit den Worten „Es gibt immer eine Alternative. There is always an alternative. Für Margaret Thatcher und Angela Merkel“. Gleich im Vorwort der Neuausgabe stellt Felber klar, dass es sich bei der Krise, um keine isolierte Finanzkrise handelt, „sondern dass Finanzblasen, Arbeitslosigkeit, Hungerkrise, Konsumkrise, Sinnkrise, Wertekrise und Demokratiekrise im Innersten zusammenhängen und Symptome einer umfassenden Systemkrise sind: Die kapitalistische Marktwirtschaft ist am Auslaufen.“

Außerdem merkt er an, dass sowohl im Grundgesetz der BRD als auch in der Bayerischen Verfassung auf das Allgemeinwohl im Zusammenhang mit Wirtschaft hingewiesen wird. Eigentum oder die Wirtschaft dient dem Gemeinwohl (Art. 14 GG; Art. 151 BV).

Christian Felber lässt über sich folgendes schreiben: „geboren 1972, studierte Romanische Sprachen, Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Wien und Madrid. Er ist die prominenteste Stimme der Globalisierungskritiker in Österreich, Mitbegründer von Attac, erfolgreicher Autor, freier Tänzer, Universitätslektor und internationaler Referent.“

Anmerkung der Redaktion zu den gegebenen Umständen: 

In der Schweiz stimmte die Bevölkerung per Volksentscheid Anfang März gegen die Abzockerei der Manager, deren Gehälter und Boni werden nun begrenzt.

Der SZ liegt in der aktuellen Wochenendausgabe die Beilage BERUFSZIELE bei. Das BERUFSZIEL-Team hat sich in seiner neuesten Ausgabe auf die Suche nach neuen Werten in der Arbeitswelt begeben.

In der ebenfalls aktuellen Ausgabe des Magazins STERN schreibt Hans-Ulrich Jörges in seiner wöchentlichen Kolumne: „Investmentbanking ist nun mal organisierte Gier.“

Im Wirtschaftsteil des Sterns werden vier internationale Kanzleien als legale Staatsfeinde bezeichnet. Bei diesen Firmen handelt es sich um die „Big Four“ der Steuerberaterkanzleien. Diese wären Ernest & Young, KPMG, PwC & Deloitte. Aufgabe dieser Firmen ist es zu vermeiden, dass ihre Klienten (große Global Player) keine Steuern zahlen.

Christian Felber
Die Gemeinwohl-Ökonomie
Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe
Verlag Paul Zsolnay
ISBN: 978-3-552-06188-0
Paperback
Preis 17,90 Euro
208 S. – 21,2 x 13,7 cm