Dublin in Bloomtime
Diese wilden Gesichter
über dem still liegenden Fluß.
Nun verschwindet die Meute
mit dem geklauten Hut.
Dümpelnd zum Meer
bewegen sich grüne Flaschen hin.
Nachts mit gelb gewordenen Photos
kommt die Zeit mit Bloom.
Jürgen Becker
Von Chrysostomos
Sie handeln oft von Orten und Landschaften, es sind häufig Reisebilder, die Jürgen Becker in seinen Gedichten einfängt. „Warum nicht Vancouver“ schlägt eines vor, „Beispielsweise am Wannsee“ heißt ein anderes, „Amsterdam“, „Paris“, „Ostende“, „Altenbeken“, „Januar, Bergisches Land“ oder schlicht und der Heimat nahe: „Lindenallee“. Becker, 1932 in Köln geboren, wuchs in Thüringen auf, war Lektor im Rowohlt-Verlag und Leiter der Hörspielabteilung des Deutschlandfunks. Von Becker liegen inzwischen mehr als zwölf Gedichtbände vor und zwei Dutzend Hörspiele, für die er in diesem Jahr den Günter-Eich-Preis erhalten hat.
Becker, heißt es in der Begründung der Jury, zähle zu den „prägenden literarischen Stimmen des deutschsprachigen Hörspiels“. Er habe mit seinen Funkarbeiten maßgeblich die Radiokunst beeinflußt: „Den Räumen und Landschaften nachhörend, in denen er gelebt hat, ist er zu einem Histiographen der Nähe geworden.“ Der „vermeintlich längst bekannte Alltag“ werde dank Beckers Detailgenauigkeit und der von ihm entwickelten „Sprachmusik“ zu einem „radiophonen Echoraum“, der kollektive Geschichte neu und konkret erfahrbar mache.
Dem Dubliner Alltag (des 16. Juni 1904) hat James Joyce seinen Roman Ulysses gewidmet, der zum Vierzigsten des Autors am 2. Februar 1922 in Paris erschienen ist. Leopold Bloom heißt sein Protagonist. Übertragen ins Deutsche hat ihn der Bamberger Hans Wollschläger für den Suhrkamp-Verlag. Dort erscheinen auch Jürgen Beckers Gedichte. Daß diese immer wieder auch um Photos kreisen, mag damit zu tun haben, daß sein Sohn, Boris Becker, Photograph und Filmemacher ist. Auch die Bilder seiner Frau, der Künstlerin Rango Bohne, haben Becker immer wieder zu Gedichten inspiriert.
NB: Dublin in Bloomtime. The City James Joyce Knew heißt ein 1969 erschienenes Buch des australischen Journalisten und Autors Cyril Pearl.