Sommerquartier, winters. Mit Robert Gernhardt in der Toscana.

Guter Vorsatz für den Juni 2002

An geraden Tagen
wird nicht getrunken.
Dafür steh ich gerade.
Die werden weinlos
durchgewunken.
Eigentlich schade.

Robert Gernhardt

Von Chrysostomos

Seit 1972 besaß Robert Gernhardt, der Mitte Dezember fünfundsiebzig Jahre alt geworden wäre, neben seinem Frankfurter Domizil eines in der Toscana. Das sogenannte Ospedale di Montaio, gemeinsam mit Hans Traxler und anderen Freunden erstanden, wurde Gernhardt, nachdem es renoviert und instandgesetzt war, immer mehr zum geliebten Aufenthaltsort. Seit den Siebzigern hielt Gernhardt, Mitbegründer des Satiremagazins Titanic, Lyriker, Autor, Zeichner, Maler, Melancholiker, Genießer, Hunde- und Katzenfreund, seine Ideen in DIN-A 5 Schulheften der Heilbronner Marke „Brunnen“ fest.

Nicht weniger als 675 dieser Arbeitshefte, sie liegen heute im Deutschen Literaturarchiv in Marbach, sollte Gernhardt hinterlassen. Er nannte diese Hefte „die eigentliche Summe meiner Existenz“, sie seien „authentischer als Bilder und Bücher, da sie reine Bewegung sind und kein Ankommen“. Toscana mia heißt der 2011 bei S. Fischer in Frankfurt am Main herausgekommene Band, den Kristina Maidt-Zinke aus diesem Bestand zusammenstellte. Die Notizen und Zeichnungen reichen vom Sommer 1979 bis in den November 2005 hinein.

Gernhardt liebte die toskanische Landschaft, die Leute, die Sprache („sie haben schon eine schöne Sprache, die Italiener“), die Küche, zu welcher selbstverständlich auch der Wein gehört. „Weinlos“ werden, heißt es im „Vorsatz für den Juni 2002“ die geraden Tage des Sommermonats durchgewunken. Leicht dürfte Gernhardt dieser Verzicht nicht gefallen sein. Weinlos, aber wenigstens nicht ohne Poesie, für die der Frankfurter in der Toskana ein feines Gehör hat.

NB: Inzwischen hat Kristina Maidt-Zinke mit Hinter der Kurve. Reisen 19782005 einen weiteren Band mit Notizen aus den Brunnen-Heften vorgelegt.

Ein Gedanke zu „Sommerquartier, winters. Mit Robert Gernhardt in der Toscana.

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