Winnie Wenzel
Wenn Doping das Krebsübel im professionellen Radsport ist, dann sind es krasse Fehlurteile der Kampfrichter im Boxsport. Gestern Abend konnte man in der Stechert Arena ein einschlägiges Beispiel nach dem WM-Kampf zwischen Cruisergewichts-IBF-Weltmeister Yoan Pablo Hernandez vom Berliner Sauerlandstall und seinem bejahrten Herausforderer Troy Ross (Kanada) erleben. Im Fight war Hernandez in der fünften Runde am Boden, wobei er knapp am Rande des Knockouts stand, den er nur durch wiederholtes (vom Kampfrichter nicht geahndetes) Abdrehen vermeiden konnte. Über weite Strecken des intensiv geführten Kampfes wurde er von seinem elf Zentimeter kleineren, aber deutlich schnelleren, schlagstärkeren, entschlossener wirkenden und auch taktisch besser eingestellten Gegner durch den Ring getrieben. Selber kam er eigentlich nur einmal (neunte Runde) zu einer klar überlegen gestalteten Runde. Diesem Kampfverlauf spottete das einstimmige Punkturteil (114:113, 115:112, 116:112) zugunsten des Titelinhabers schlicht Hohn, was das Publikum völlig zu Recht mit einem gellenden Pfeifkonzert quittierte. Extrem peinlich wirkten die halb unbeholfenen, halb dreisten Versuche von Hernandez und seinem Trainer Ulli Wegner, das Fehlurteil anschließend zu rechtfertigen. Als sich Wegner angesichts der anhaltenden Unmutsäußerungen zu der Drohung verstieg, man werde im Sauerland-Lager überlegen müssen, ob man wieder an einen Ort kommen wolle, wo man nicht bedingungslose Unterstützung erfahre, war endgültig Fremdschämen angesagt. Den Komplimenten des gelinkten Herausforderers für das objektive Bamberger Publikum kann ich mich nur anschließen.