Am 20. Juli wird jedes Jahr des Attentats von Claus von Stauffenberg auf Hitler im Jahre 1944 gedacht, vor allem in Berlin, wo er noch in der Nacht erschossen wurde, aber auch in Bamberg, wo er einen nicht unbedeutenden Teil seines Lebens verbracht hatte. Hier in Franken entstand vor wenigen Jahren die Idee von einem „Stauffenberg-Lehrstuhl“. Die Diskussion darüber regte Andreas Reuß zu dem Essay „Am Rande der Nacht“ an, den man hier herunterladen kann.
Ich verstehe die Formel „kein Demokrat“ = „kein guter Widerstandskämpfer“ nicht.
Die Formel müsste stattdessen doch lauten: hätte das Attentat geklappt, hätten womöglich Millionen Menschen überlebt. Das sollte der Maßstab sein, nicht etwaige Motive…
Recht so, dass ins Archiv geklettert worden – Causa so relevant wie eh und je!
Heute auf sz.de ein Interview mit dem Historiker Magnus Brechtken, stellvertretender Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte. Hier der m.E. relevante Ausschnitt:
SZ.de: Claus Schenk Graf von Stauffenberg hat den Beginn des Zweiten Weltkrieges als „Erlösung“ bezeichnet. War er ein Gefolgsmann der nationalsozialistischen Ideen? Stimmte er mit der Judenpolitik des Nazi-Regimes überein?
Magnus Brechtken: Inwieweit er Antisemit war, dazu sind die Meinungen nicht eindeutig. Aber selbstverständlich war der Antisemitismus ein elementarer Bestandteil des nationalsozialistischen Gedankenguts. Stauffenberg hat dem Dritten Reich sehr lange und mit Überzeugung gedient und hat sich bereits bei der Reichspräsidentenwahl 1932 für Hitler ausgesprochen. Nach Hitlers Machtübernahme hat er als nationalsozialistischer Offizier Karriere gemacht. Die Frage ist: Ab welchem Zeitpunkt hat Stauffenberg gesagt: „Diese Linie kann ich nicht mehr mittragen?“ Allgemein lässt sich sagen: Das Militär hat die antisemitischen Ideen Hitlers zu großen Teilen unterstützt.
SZ.de: Welche Staatsform hätten die Verschwörer um Stauffenberg angestrebt, wenn der Umsturzversuch geglückt wäre?
Brechtken: Das war vage. Wiederherstellung von Recht und Freiheit, aber keine parlamentarische Demokratie. Eine allgemeine Losung lautete: „Kein Zurück zu Weimar!“.
Siehe: https://www.sueddeutsche.de/politik/hitler-attentat-am-juli-stauffenberg-wollte-keine-parlamentarische-demokratie-1.1417403
Für einen Lehrstuhl an der Bamberger Uni, der nach ihm benannt sein soll, sehe ich wirklich keine ausreichende Grundlage.
Beifall und Dank für die Erleuchtungen. Wie kriegen wir das endlich auch in die Bamberger Köppe rein?
Boooh, sehr schöne Frage. Ich hoffe gern mit auf eine befriedigende Antwort. Und hoffen wir weiter (vergebens?) gern zusammen auf eine kritische historische Aufarbeitung + Würdigung des gesamten „Stauffenberg-Widerstands“.
Es gibt da immer noch einiges gerader zu rücken. Und das nicht im Sinne unverbesserlicher revanchistischer Kreise. Es geht um umfassende historisch-kritische Aufklärung. Endlich mal und für immer! auch in Bamberg!
Es wäre doch schön zu wissen an welchen konkreten Plänen Claus Schenk von Stauffenberg zur Verbreitung des Naziregimes mithilfe der Wehrmacht beteiligt war und wie sich deren Durchführung auch heute noch in den damals überfallenen Ländern negativ auswirken.