Auf den ersten Blick vernünftig, auf den zweiten katastrophal: Thomas Silberhorns Vorschlag zum Bahnprojekt

Redaktion

Lärmschutzwand zwischen München und Nürnberg

CSU-Bundestagsabgeordneter Thomas Silberhorn forderte jüngst bei der Info-Veranstaltung zum ICE-Ausbau am 10. Juli, eine alternative Streckenplanung „ernsthaft in Erwägung zu ziehen, wie heute (14. 7. 2012) noch einmal in Franken aktuell Bamberg Stadt & Land (S. 8 ) nachzulesen ist. „Erst wenn die Umfahrung ausgeschlossen werden könne, gehe es um die Details der Durchfahrung von Bamberg.“ Das klingt vordergründig vernünftig und weckt beim Bürger die Hoffnung, dass es am Ende vielleicht doch noch ganz anders, nämlich weniger schlimm kommen könnte.

Machen wir uns aber nichts vor! Das Gutachten werden die Projektbetreiber erstellen oder bezahlen; und denen sitzen ihre Kosten- und Zeitplanungen im Nacken, nicht das Wohlbefinden der Bamberger Bürger. Das Ergebnis ihrer „Prüfung“ kann gar nicht anders lauten, als dass eine Umfahrung der Stadt sachlich-zwingend nicht in Frage kommen kann. Die politische Vorgabe ist grundfalsch und von vornherein auf ein absolut unfaires Verfahren abgestellt. Sie muss statt dessen lauten: Entweder legt ihr Bahnleute eure Güterverkehrsstrecke weiträumig um Bamberg herum oder eure Züge rollen gefälligst so langsam durch die Stadt, dass ihr Geräuschpegel unter einem für die Anwohner unter keinen Umständen gesundheitsgefährdenden Normwert bleibt, also vielleicht mit 50, notfalls aber auch 30 km/h! (Ebenso zu berücksichtigen sind dabei immer auch die Vibrationswerte, die in der aktuellen Diskussion viel zu wenig mitgedacht werden.)

Eine andere, gleichermaßen ernsthaft zu diskutierende Möglichkeit wäre dann noch – wenn man schon nicht um Bamberg herumfahren kann –, einen Geländestreifen von ca. je 400 Metern links und rechts der Bahnstrecke zu entsiedeln, das Gelände schallschluckend aufzuforsten und alle Betroffenen adäquat zu entschädigen. Diese Kostenberechnung wäre auch ernsthaft durchzuspielen. Bitte keine vorschnelle Kritik an meinen 400 Metern! Mir ist durchaus bekannt, dass in den öffentlichen Diskussionen derzeit mit einer Belastungszone von 100 Metern gerechnet wird: Mit Verlaub, das ist ein Witz! Wir werden uns möglichst bald einmal sehr genau die Erfahrungen mit sog. Schallschutz-Anlagen und Vibrationen an anderen Orten ansehen müssen, um dem Schallschutzmauer-Mythos auf den Grund zu gehen.

Mauern der aktuell diskutierten Art resorbieren den Schall nämlich nur minimal, statt dessen reflektieren, brechen und verteilen sie ihn, lenken ihn ab und um. Im Verbund mit bestimmten Wind- und Wetterlagen kommt er dann auf Wohnviertel „herunter“, die noch weit außerhalb der von mir recht vorsichtig angesetzten 400-Meter-Marke liegen. Um solche Wirkungen muss man ebenso wissen wie um das empirische Ergebnis, dass beispielsweise im Rheintal „Schallschutzwände“ an einer ICE-Neubaustrecke durch Druck-Sog-Wirkungen binnen kürzester Zeit massiv beschädigt und in ihrer Funktion weitgehend außer Kraft gesetzt wurden. Dass solche Effekte der Bahn und ihren Ingenieuren zuvor unbekannt waren, sollte hiesigen Anliegern ein Warnsignal sein!

3 Gedanken zu „Auf den ersten Blick vernünftig, auf den zweiten katastrophal: Thomas Silberhorns Vorschlag zum Bahnprojekt

  1. Danke für den Bericht und den Kommentar!

    Es ist leider traurige Wahrheit, dass die Bahn am Dienstag „gemauert“ hat! Diese Trasse wird von so vielen hohen Positionen als Prestigeobjekt dargestellt, dass einem Angst und Bange wird. Kosten, Nutzen und Menschen erscheinen unwichtig – bei VDE 8.1 kriegen alle Befürworter glänzende Augen wie einst der Sonnenkönig! Fragwürdige Messungen und Maßnahmen sollen nicht nur am Rhein helfen, die Bürger zu zermürben.

    Wir betonen noch einmal mit allem Nachdruck – nur wenn es gelingt, direkt an den Planungstisch zu kommen, werden Bürger-Wünsche gehört!
    Dazu ist es notwendig, die vielen Ideen und die ständige Suche nach dem neuen „Ei von Bamberg“ zu einem Ergebnis zu führen. Man kann nur mit klaren Zielen und guten Ersatzlösungen zu einem Kompromis gelangen!

    Wir werden dazu im Spätsommer eine eigene Veranstaltung auf die Beine stellen – offen und kreativ, aber mit dem Ziel eines klaren Lösungsweges! Damit dieser dann auch ernst genommen wird, kämpfen wir für den offenen PROJEKT-BEIRAT – die 4 Säulen (Politik, Bahn, Stadt, Bürger) sitzen an einem Tisch, ehrlich und gleichberechtigt!

    Geht nicht? Doch – am Oberrhein wurde dies erfolgreich und positiv umgesetzt! Außerdem steht genau das im „Handbuch der Bürgerbeteiligung“, das von Dr. Peter Ramsauer und dem Ministerium veröffentlicht wird…

  2. Wer die Diskussion um eine Umgehung Bambergs führt, der sollte auch immer bedenken: Eine ICE-Strecke, die Bamberg umgeht, birgt auch immer die Gefahr, dass Bamberg vom Fernverkehr der Bahn abgekoppelt werden könnte – und die Güterzüge aus Schweinfurt weiterhin ohne den geringsten Lärmschutz durch die Stadt rumpeln.

    Die Bahn hätte kein Problem damit die ca. 214.000 Einwohner von Stadt und Land und ein paar Zigtausende aus den Nachbarlandkreisen vom Fernverkehr auszuschließen, die 270.000-Einwohner-Stadt Krefeld in Nordrhein-Westfalen hat schon seit Jahren Nichts mehr jeseits des Regionalexpresses gesehen.

    Es sind eine Reihe von Maßnahmen denkbar, die den Lärm, der nicht etwa von den ICEs (abgesehen von drei oder vier Sprintern je Richtung täglich, die ohne Halt durchbrausen), sondern von den Güterzügen kommen.
    Der Ausbau und die Elektrifizierung der parallelen Güterzugstrecke Hof-Regensburg könnte die Anzahl der Güterzüge reduzieren, Veränderungen im Gleisbett könnten den Lärm reduzieren, neue Bremstechnik, die in der Schweiz ab 2014 zwingend ist, könnte die Lärmemissionen verringern, Plexiglas statt Betonwände könnten Sichtachsen und Lichteinfall schonender behandeln,…
    All‘ diese Maßnahmen sind zu prüfen und von Verkehrsminister Ramsauer, immerhin Bayer, wenn auch kein Franke, wäre zu erwarten, dass er angesichts des Weltkulturerbestatus‘ Bambergs, Mittel für eine Modelllösung in Bamberg in die Hand nimmt.

    Es ist zudem darauf zu achten, wie viele – insbesondere historische – Gebäude weichen müssen und wieviele Wohngebäude bedroht werden, der Bamberger Wohnungsmarkt zeichnet sich nicht durch ein Überangebot aus und in Stuttgart wird ebenfalls Wohnraum für das Millarden(ver)grab(en) S21 zerstört werden. Vielleicht lässt die Planung schonendere Alternativen zu, insbesondere wenn die hohen Betonmauern mit den entsprechend ausgelegten Fundamenten nicht mehr benötigt werden (innen relieferte statt glatter Mauern können ggf. auch besser Schall schlucken und dann ggf. kleiner ausfallen usw., poröse Materialien wie Plexiglas hätten ebenfalls Vorzüge gegenüber glattem Beton etc.)

    Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist in jedem Falle zwingend und die fachliche Kompetenz durchaus vorhanden, nicht nur in der Stadtverwaltung, sondern auch in der Bürgerinitiative Bahnsinn, der auch fachlich affine Ingenieure und Juristen angehören.

    • Vielen Dank für die Kommentare zur unserem Artikel. Zu Ihrem Beitrag möchten wir anmerken, dass Bamberg bislang keinerlei verbindliche Zusage hat, dass zunkünftig der eine oder andere ICE hier Halt machen wird. Es wäre durchaus diskutierbar, dass der vorbeirauschende Fern- und dabei insbesondere der lärmintensive Güterverkehr auf einer Ausweichtrasse am Stadtkern vorbeigeleitet wird, während die ICEs, die hier halten sollen, auf der alten Gleistrasse durchfahren. Durch den Halt würden diese Züge ohnehin nur eine verminderte Belastung produzieren. Wir befürchten allerdings, dass Bamberg ohnehin vom schnellen Fernverkehr abgehängt werden soll, so dass wir zwar die Lasten des neuen Konzepts zu tragen hätten, davon aber in keiner Weise profitieren würden.
      Die Redaktion

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