Erste Expedition ins Wurzelimperium

Task-Force LGS

Kommen und schauen. Foto: Viola Ecker

Die 16. bayerische Landesgartenschau in Bamberg war der Onlinezeitung wichtig genug, eine spezielle Task-Force LGS einzurichten, die in den kommenden Wochen und Monaten vom hortensischen wie kulturellen Geschehen auf der Erba-Insel, aber auch den verschiedenen Nebenschauplätzen berichten wird. Eine erste Kontaktaufnahme zum Wurzelimperium (womit jetzt ausnahmsweise nicht das erfolgreiche Computerspiel eines Bamberger Unternehmens gemeint ist) fand am letzten Freitag statt. Resultat: Ja, das kann sich sehen lassen. Und: Was noch nicht ist, das wird schon noch!

Dass unsere eigentlich niedrig angesetzten Erwartungen aufs Angenehmste enttäuscht wurden, lag wohl hauptsächlich an folgenden Erfahrungen:

1. Die Anlage wirkt beim Begehen wesentlich größer, als sie sich auf einem Stadtplan ausnimmt, was natürlich hauptsächlich an den vielen interessanten Details liegt, die man auf der begrenzten Fläche der Erba-Insel untergebracht hat. Dazu kommen aber auch viele Perspektiven ins städtische Umland (über den Kanal ins Hafenviertel, zur angrenzenden Wohnbebauung, zum Michelsberg usw.), die unsere Blicke einfangen und ein wesentlich geräumigeres Setting suggerieren.

2. Der Park strahlt – wenigstens bei sonnigem Wetter – einen ausgesprochen heiteren Charakter aus. Zum Teil verdankt er diese positive Atmosphäre seinen zahlreichen Angeboten für Kinder und jüngere Menschen, die auch ganz offenkundig dankbar angenommen werden. Die Spiel- und Sportplätze besaßen bei unserem Besuch den Charme von Wimmelbildern, ohne dass aber der Eindruck eines unangenehmen Gedränges oder Rummels aufgekommen wäre. Eine andere Ursache für diese gefühlte Heiterkeit ist aber wahrscheinlich in einem gärtnerischen Mangel zu suchen. Da die Anlage erst auf den letzten Drücker fertig geworden ist, erscheinen viele Anpflanzungen noch nicht richtig „eingewurzelt“. Viele Bäumchen sind klein, manche Flächen im Fischpass-Bereich zeigen die nackte Erde usw. Das wird sich sicher in den nächsten Jahren ändern; hoffen wir, dass die natürliche Entwicklung der Vegetation der Freundlichkeit keinen Abbruch tut.

3. Mit dem Fischpass-Canyon ist den Planern und Landschaftsarchitekten ein genialer Streich gelungen. Wir können uns über das vorliegende Resultat nur freuen, wobei uns jetzt weniger die erweiterten Wanderwege für regionale Fischarten interessieren als die landschaftsästhetischen und -ökologischen Effekte. Ohne diese Struktur bräuchte man im Grunde über die LGS überhaupt nicht zu reden, mit ihr hat Bamberg eine wirkliche Aufwertung erfahren. Da wir über dieses Gartenelement noch detaillierter berichten wollen, lassen wir es für heute mit diesen grundsätzlichen Komplimenten bewenden.

4. Was uns schließlich noch sehr gut gefallen hat (andere Leute mögen dies anders empfinden!), ist die vielfach gebrochene Schönheit der Anlage. Sie ist kein abgegrenztes Zauberparadies mit hohem „Verwunschenheitsfaktor“ wie ihn viele Bamberger Privatgärten aufweisen, sondern ein spezieller öffentlicher Raum, der sich anderen öffentlichen Räumen mit anderen – weniger der „Schönheit“ zugetanen – Funktionen öffnet: das wirkt authentisch, einer modernen Stadt und demokratischen Gesellschaft höchst angemessen, ein gutes Pendant zum Hain, der in seiner Art auch perfekt ist, aber eben doch eine andere historische Parkkonzeption repräsentiert. Weit entfernt von jeglichem Garten-Kitsch. Klasse!

5. Unsere Kritikpunkte treten gegenüber diesen grundsätzlich positiven Generaleindrücken deutlich zurück und knüpfen sich eher an Details, denn an Basiselemente der Planung. Einige Schwachpunkte haben mit der schon angesprochenen späten Fertigstellung der Anlage zu tun, der ein weiteres Jahr vegetatives Wachstum sicher gut bekommen wäre. Dass an den Uni-Gebäuden in unmittelbarer Nachbarschaft noch gebaut wird, finden wir dem Projekt LGS nicht besonders zuträglich. Zu den besonders harten Brüchen zwischen Park und Umwelt, die wir nicht im Sinne von Punkt 4 positiv goutieren können, zählt die bis in die Farbgebung hinein monoton-einfallslose Architektur der modernen Uni-Gebäude, deren seelenlose Sterilität zum großen Glück wenigstens etwas durch die diversen alten Industrie-Denkmäler im Umfeld abgepuffert wird, die man hoffentlich so ungefähr in ihrem jetzigen Erscheinungsbild erhalten wird.

Wie auch immer: Die Laufwege sind nun einmal erkundet und etabliert, weiteren Besuchen der und Berichten von der LGS steht nichts mehr im Wege!