Das Fahrrad ist ein umweltfreundliches, die Gesundheit förderndes Fortbewegungsmittel, das allein durch die Kraft des Nutzers diesen in einer angenehmen Geschwindigkeit von A nach B bringen kann. Während sich die Beine abstrampeln, können die Augen die Umgebung genießen. Durch stabilisierende Kreiselkräfte der Räder sowie Gewichtsverlagerung und Lenkbewegungen wird es im Gleichgewicht gehalten. Die Laufmaschine von 1820 gilt als die Urform des heutigen Fahrrads, ein
einspuriges Laufrad noch ohne Pedale. Das derzeit beliebte Modell des Kinderlaufrads geht auf diese Draisine zurück.
Seither haben eifrige Tüftler gebastelt und neue Raffinessen erfunden. Das Hochrad ist nur ein Kuriosum davon, Bremsmanöver, unebne Straßen und lebensgefährliche Stürze aus 1,5 Metern machten ihm schnell den Garaus. Die Erfindungen des Kettenantriebs und des Luftreifens brachten den Durchbruch. Das Fahrrad ist das erste und kostengünstigste Individualverkehrsmittel überhaupt.
Stetig rückt die Bedeutung für den städtischen Nahverkehr immer mehr ins Bewusstsein und die Förderung der Radfahrinfrastruktur ist aus Verkehrskonzepten nicht mehr wegzudenken. Allenthalben werden Fahrradwege, Fahrradabstellplätze und Fahrradhäuser medienwirksam eingeweiht – so auch in Bamberg. Bike and Ride lautet die Devise.
Doch wie ernsthaft verfolgt der Stadtrat oder der OB dieses Ziel?
Mit der Gründung des Fahrradforums 2009 sollte der Radverkehr effektiv und strategisch gefördert werden, eine nachhaltige Verankerung in der Verkehrspolitik wollte man erreichen: Werbewirksam wurden mehrfach in 2011 Themen-Radtouren Bamberg on tour sowie die Fahrradmesse in Szene gesetzt. Schöne Photos mit stolzen Politikern hatte man im Kasten – aber das reicht eben nicht.
Bereits Anfang 2011 bemängelt der Verkehrsclub Deutschland (VCD), dass Bamberg bei der Gründung zur Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Kommune Bayerns“, die im Mai im vergangenen Jahr in Nürnberg statt fand, nicht dabei sein wollte. Ebenfalls im letzten Jahr führte der umfangreiche Antrag der GAL mit konstruktiven Vorschlägen zu einer sichtbaren Verbesserung der Radler-Situation in Bamberg nur zu kleinsten Ergebnissen. Aufforderungen von Radfreunden hier in die Pedale zu treten und mehr zu tun, wurden in den Wind geschlagen. Stattdessen lassen PR-taugliche Öffentlichkeitsaktionen vermuten, dass keine echte Radler-Leidenschaft des offensichtlich Auto–affinen Stadtoberhauptes dahinter steckt. Zwangsläufig ist man an den renommierten Verkehrsplaner Prof. Hermann Knoflacher erinnert, der in seinem Buch „Virus Auto“ interessante Zusammenhänge zwischen dem von diesem Mobil infizierten Menschen und der von ihm gestalteten Umwelt erschließt: Das Virus Auto mache aus dem Mensch ein Monster, mache die Gesellschaft unsozial und zerstöre die Lebenswelt (Filmtipp). Der Mensch werde an den Rand und hinter Lärmschutzfenster verbannt. Er akzeptiere, dass das Auto ihm Platz und Ressourcen wegnimmt: Einer Droge gleich löse es Suchtverhalten aus, wenn wir Gas geben.
Mehr Schein als Sein
Nun hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) die Arbeitsgruppe Radverkehr des Bamberger Rathauses nach einstimmigem Beschluss verlassen. Andere Teilnehmer des Gremiums würden aus der Windschutzscheibenperspektive fahrradfreundliche Maßnahmen verhindern, sodass der ADFC in der städtischen Arbeitsgruppe eine Alibiveranstaltung sieht. Hierfür möchte er jedoch nicht weiter als Feigenblatt dienen.
Offensichtlich wurde viel Porzellan zerschlagen, ein konstruktives Miteinander gelang nicht, obgleich dem Radverkehr in einer Studentenstadt eine besondere Bedeutung zukommt, auch hinsichtlich des erst kürzlich erstellten Lärmaktionsplans. Ein Versagen auf dieser Ebene – es geht hier um Bürgerbeteiligung – und bei diesem zentralen Thema kann sich eine zukunftsfähige Stadt nicht leisten. Hier bedarf es offensichtlich einer Therapie gegen das Virus Auto und ein Wundermittel für gesunden Menschenverstand.