Mehr als 100.000 Stimmen gegen versteckte Tierbestandteile in Lebensmitteln

foodwatch übergibt Unterschriften an Bundesernährungsministerium – Pflicht-Kennzeichnung gefordert

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat 101.958 Unterschriften für eine lückenlose Kennzeichnung von Tierprodukten und Tierbestandteilen bei Lebensmitteln an das Bundesernährungsministerium übergeben. So viele Verbraucher haben sich über eine E-Mail-Aktion unter www.foodwatch.de/aktion-verstecktetiere an Bundesernährungsminister Christian Schmidt gewandt, um gegen „versteckte Tiere“ zu protestieren. Bei einem Gespräch mit dem Abteilungsleiter für Ernährungspolitik im Bundesernährungsministerium, Dr. Klaus Heider, bekräftigten foodwatch-Vertreter am Mittwochnachmittag die Forderung nach einer gesetzlichen Pflicht-Kennzeichnung.

Wo Tier verwendet wurde, muss auch Tier draufstehen. Es ist höchste Zeit, dass die Kennzeichnungslücke bei der Verwendung von Tierprodukten und -bestandteilen endlich geschlossen wird“, erklärte Oliver Huizinga, foodwatch-Experte für Lebensmittelkennzeichnung. „Viele Verbraucher wollen aus verschiedenen Gründen ganz bewusst auf tierische Bestandteile verzichten, können dies mangels Transparenz jedoch nicht umsetzen. Dass die Politik den Willen der Verbraucher nicht respektiert und im Supermarkt eine freie Kaufentscheidung nicht möglich macht, ist inakzeptabel.

Vegetarier, Veganer und alle anderen Verbraucher, die auf bestimmte oder alle Tierprodukte verzichten möchten – aus welchen Gründen auch immer, stellt die mangelhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln regelmäßig vor ein Problem. Ihre Wahlfreiheit ist stark eingeschränkt, da die Gesetzeslage viele Fälle zulässt, in denen tierische Produkte oder Bestandteile ohne jede Kennzeichnung in Lebensmittel gelangen. So kommen tierische Bestandteile beispielsweise über Aromen (zum Beispiel Rind oder Schwein in Kartoffelchips) oder über zugesetzte Vitamine (zum Beispiel Wollfett vom Schaf in Margarine) ins Produkt, bei der Herstellung werden sie als technische Hilfsstoffe eingesetzt (zum Beispiel Gelatine zum Klären von Essig oder Saft). In diesen Fällen ist dies auf der Verpackung nicht ersichtlich.

Bei der Unterschriftenübergabe begrüßte Dr. Klaus Heider das Interesse an Informationen über Lebensmittel, sprach sich jedoch gegen eine Pflicht-Kennzeichnung tierischer Bestandteile aus. „Für das geeignete Mittel der Verbraucherinformation hält das BMEL [Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft; Anmerkung foodwatch] eine freiwillige Kennzeichnung“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Ministeriums, die foodwatch im Internet veröffentlichte. Darüber hinaus schließe das EU-Recht eine verpflichtende Kennzeichnung „aktuell aus“.

Eben weil dies so ist, forderte foodwatch Bundesernährungsminister Christian Schmidt auf, eine Europa-Initiative für eine lückenlose Kennzeichnungspflicht zu starten. Eine freiwillige Kennzeichnung bietet nach Auffassung der Verbraucherorganisation keine verlässliche Transparenz. Auch die überfällige gesetzliche Definition der Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ könne keine abschließende Klarheit schaffen: Denn bei vielen – dem Anschein nach rein pflanzlichen – Lebensmitteln erwarten Verbraucher keine Tierprodukte oder -bestandteile, auch wenn diese nicht explizit als „vegan“ oder „vegetarisch“ beworben werden. Die Kennzeichnungslücke kann also nur beseitigt werden, wenn alle in der Herstellung verwendeten Stoffe tierischen Ursprungs auf dem Etikett angegeben werden müssen. Mit der E-Mail-Aktion fordern mehr als 100.000 Menschen daher ausdrücklich: „Wo Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe tierischen Ursprungs eingesetzt werden, muss dies deutlich erkennbar sein. Das gilt auch für tierische Bestandteile in Aromen, Zusatzstoffen und technischen Hilfsstoffen, die während des Produktionsprozesses zum Einsatz kommen.“