In der Kürze liegt die Würze. Martin Opitz bringt in einer Grabschrift das brave Verhalten (s)eines Hundes auf den Punkt.

Grabschrifft eines Hundes.

Die Diebe lieff ich an / Den Buhlen schwieg ich stille /
So ward verbracht des Herrn vnd auch der Frawen Wille.

Martin Opitz

Von Chrysostomos

„Therefore, since brevity is the soul of wit, […] I will be brief. Your noble son is mad.“, läßt Shakespeare in der zweiten Szene des zweiten Aktes seines Hamlet (1603 erstveröffentlicht, bei Nicholas Ling und John Tundell in London) den Polonius sagen. Bis Polonius aber auf den Punkt kommt und das Königspaar Claudius und Gertrude über den geistigen Zustand ihres (Stief-)Sohnes aufklärt, daß dieser nämlich eine Meise habe, braucht Polonius viele Worte und führt das von ihm via Shakespeare in die Literatur eingeführte, sprichwörtlich gewordene Diktum (auch bei uns: „In der Kürze liegt die Würze.“) ad absurdum. In seiner 1905 vorgelegten Studie Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten nannte Sigmund Freud Polonius denn auch ein altes Klatschmaul. Doch genug, brevity is …

Martin Opitz verliert nicht viele Worte, um die Vorzüge (s)eines dahingegangenen Hundes in Verse zu fassen. Halunken also habe der Brave kläffend angesprungen und so den Willen seines Herrschens vollbracht. Kamen aber die Liebhaber seines Frauchens zu Besuch, so habe er sein Maul gehalten, mithin auch ihr, und ihnen, Genüge getan.

Opitz, der Begründer der Schlesischen Dichterschule, wie ohnehin der neueren Verskunst deutscher Zunge (Buch von der Deutschen Poeterey, 1624), wurde als Sohn eines Fleischers 1597 im niederschlesischen Bunzlau (heute Bolesławiec) geboren und starb 1639 in der Stadt, die mit Arthur Schopenhauer verbunden ist, mit Klaus Kinski, Günter Grass und Rupert Neudeck: in Danzig. Opitz hat, auch in Übersetzungen wie etwa der Sonette Petrarcas und in der Aneignung der französischen Schäferpoesie eines Pierre de Ronsard, Musterbeispiele in verschiedenen Gattungen geschrieben. Nicht wenige davon in der erotischen Lyrik, wovon auch etwas in seinem Epigramm auf den, anders als bei Matthias Claudius („Als der Hund tot war“: „Alard ist hin, und meine Augen fließen / Mit Tränen der Melancholie!“), namentlich nicht näher bezeichneten treuen Freund hängengeblieben ist.

NB: Martin Opitz ist nicht mit dem Bielefelder Hellmuth Optiz – Jahrgang 1959 – zu verwechseln. Freilich lohnt die Lektüre der oft auch erotischen Gedichte des martinschen Nachnamensvetters, die bei Pendo herauskommen, nicht minder. (Hellmuth) Opitz wird 2014, nach Michael Augustin in diesem und nach Matthias Politycki im vergangenen Jahr, gemeinsam mit Anton G. Leitner die umfangreiche und an Verdiensten um die Lyrik von heute nicht arme Zeitschrift Das Gedicht verantworten.